Der Bundestag und der Bundesrat haben den Kompromiss des Vermittlungsausschusses zur Photovoltaikförderung abgesegnet. Damit ist die massive Kürzung der Solarstromförderung beschlossene Sache. Jetzt können sich die Investoren erst einmal wieder auf verbindliche Rahmenbedingungen stützen. „Es ist gut, dass die Hängepartie endlich ein Ende hat und interessierte Bürger und auch die Unternehmen selbst jetzt endlich wieder Klarheit haben“, kommentiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes für Solarwirtschaft (BSW-Solar) die Tatsache, dass es jetzt wieder gesetzliche Regelungen zur Solarstromförderung gibt. „Ein Supergau bei der Solarstromförderung konnte gerade noch verhindert werden. Die durch den Einspruch der Bundesländer erzielten Nachbesserungen an den Kürzungsplänen haben dazu geführt, dass Deutschland als Photovoltaik-Markt attraktiv bleiben dürfte.“
Übergangsfristen nicht angetastet
Die Änderungen betreffen sowohl die Vergütungssätze als auch die Regelungen über den Zubaukorridor und die Degression der Einspeisevergütung. Der Vermittlungsausschuss hat aber weder das zum 1. April rückwirkende Inkrafttreten als auch die geltenden Übergangsfristen geändert. So bekommen Freiflächenanlagen, die bis zum 1. Juli am Netz sind und bei denen der Aufstellungsbeschluss schon bis zum 1. März existierte, ihren Strom zu den alten Bedingungen vergütet. Eine Galgenfrist räumt die Politik den Anlagen ein, die bis zum 1. Oktober ans Netz angeschlossen werden, aber ebenfalls schon bis zum 1. März geplant waren. Dann bekommen die Betreiber zwar den gesamten Strom vergütet, allerdings zu den neuen Vergütungssätzen. Alle anderen Anlagen mit einer Leistung über 10 Kilowatt bekommen nur 90 Prozent des produzierten Stroms zu den neuen Einspeisetarifen vergütet, was auch für Freiflächenanlagen mit einer Gesamtleistung bis zu einem Megawatt gilt. Die restlichen zehn Prozent müssen die Anlagenbetreiber entweder selbst verbrauchen oder selbst verkaufen. Der Strom aus Anlagen mit einer Gesamtleistung von einem bis zehn Megawatt wird komplett vergütet. Für Dachanlagen, die bis zum 1. Juli an das Netz angeschlossen wurden und für die bis zum 24. Februar ein Netzanschluss beantragt war, erhalten ihre Vergütung zu den alten Tarifen. Das gilt ebenso für Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden. Immerhin hat der Vermittlungsausschuss das sogenannte Marktintegrationsmodell für Photovoltaikanlagen mit einer Leistung bis 10 Kilowatt gestrichen. Die Betreiber erhalten ihren gesamten eingespeisten Strom vergütet. In der jetzt verworfenen Fassung der EEG-Novelle wollte man nur 80 Prozent des Stroms aus diesen Anlagen vergüten.
Neue Einspeisetarife
Für alle nach den Übergangsfristen neu installierten Solarstromanlagen gelten jetzt folgende Einspeisevergütungen: Anlagen bis zehn Kilowatt Leistung erhalten ihren Solarstrom mit 19,5 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Für Anlagen zwischen zehn und 40 Kilowatt Leistung gilt eine Einspeisevergütung von 18,5 Cent pro Kilowattstunde. Zwischen 40 Kilowatt und einem Megawatt Anlagenleistung bekommen die Betreiber 16,5 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom. Photovoltaikstrom aus Anlagen mit einer Leistung zwischen einem und zehn Megawatt sowie aus Freiflächenanlagen bis zehn Megawatt Leistung wird mit 13,5 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung vom mehr als zehn Megawatt bekommen keine Einspeisevergütung mehr. Die Betreiber müssen künftig ihren erzeugten Strom selbst vermarkten. Allerdings hat der Vermittlungsausschuss der Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt, über eine Verordnungsermächtigung die Förderung von großen Solarparks auf Konversionsflächen wieder einzuführen.
Neben einer festen Absenkung der Tarife um ein Prozent pro Monat erfolgt die Degression der Einspeisevergütung weiterhin nach dem Prinzip des „atmenden Deckels“. Danach werden die Vergütungssätze entsprechend dem Zubau abgesenkt. Es gilt weiterhin ein fester Zubaukorridor von 2,5 bis 3,5 Gigawatt pro Jahr. Sollte dieser um bis zu einem Gigawatt überschritten werden, wird die Einspeisevergütung um zusätzliche 0,4 Prozentpunkte pro Monat abgesenkt. Beim Überschreiten des Korridors um bis zu zwei Gigawatt, sinkt die Vergütung um zusätzliche 0,8 Prozent pro Monat. Wenn der Zubau bis zu drei Gigawatt über dem Korridor liegt, beträgt die zusätzliche Degression 1,2 Prozent pro Monat. Liegt der Zubau um bis zu vier Gigawatt über den vom EEG vorgegebenen Ausbauzielen, sinkt die Vergütung um 1,5 Prozent pro Monat. Wenn der Zubau sogar über vier Gigawatt höher liegt, als die im Zubaukorridor anvisierten 2,5 bis 3,5 Gigawatt, dann sinkt die Einspeisevergütung um zusätzliche 1,8 Prozentpunkt pro Monat. „Nach der verabschiedeten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll die Solarstromförderung bei starker Nachfrage monatlich um 2,8 Prozent sinken. Das ist sehr ambitioniert“, kommentiert der BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig die Degressionsregelungen. „Die weitere Marktentwicklung wird maßgeblich davon abhängen, ob es bei den Kosten gelingen wird, mit der sehr schnellen weiteren Reduzierung der Förderung Schritt zu halten.“
Bundesnetzagentur muss Daten schneller veröffentlichen
Da die Degression jetzt monatlich vorgenommen wird, ist die Bundesnetzagentur verpflichtet, bis zum Ende des Folgemonats die neu installierte und geförderte Anlagenleistung zu veröffentlichen. Außerdem muss sie monatlich die insgesamt in Deutschland geförderte Anlagenleistung monatlich veröffentlichen, damit die Investoren einen Überblick haben, wie viel geförderte Leistung überhaupt noch verfügbar ist. Denn der Kompromiss des Vermittlungsausschusses sieht einen Gesamtdeckel von 52 Gigawatt vor. Beim gegenwärtigen Zubaukorridor des EEG würde dieser Wert im Jahre 2020 erriecht. Hat der gesamte Ausbau der Photovoltaik diese Grenze überschritten, wird die Förderung der ab dem darauf folgenden Kalendermonat neu installierten Anlagen vollständig eingestellt. Allerdings wird die Bundesregierung verpflichtet, sich rechtzeitig um eine Anschlussförderung der Photovoltaik außerhalb des EEG zu bemühen.
Dieser Gesamtdeckel stößt in der Solarbranche auf heftige Kritik. „Dies zeigt, dass man aus dem sogenannten ‚atmenden Deckel’ nichts gelernt hat“, sagt Axel Berg, Vorstandsvorsitzender der deutschen Sektion der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar Deutschland). „Denn jede Form von Deckelung führt immer zu Vorzieheffekten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Marke von 52 Gigawatt schon deutlich vor 2020 erreicht wird. Ein rasches Wachstum der Erneuerbaren Energien ist natürlich erstrebenswert. Aber es ist doch offensichtlich, dass man hier wieder einmal die Rechtfertigung für weitere Sonderkürzungen schafft, sobald der jährliche Zielkorridor überschritten wird.“
Kompromiss stößt auf geteilte Meinungen
Das Bundesumweltministerium feiert den Kompromiss als großen Erfolg. Tatsächlich scheint der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) in wenigen Wochen das erreicht zu haben, was seinem Vorgänger Norbert Röttgen (CDU) nicht gelungen ist. So sagt Altmeier noch am Mittwoch: „Das war ein guter Tag für die Energiewende in Deutschland. Uns kommt es darauf an, dass die erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig werden. Ich bin optimistisch, dass Solarstrom schon in einigen Jahren ganz ohne Förderung die Marktreife erlangt. Gleichzeitig werden wir durch eine Erhöhung der Forschungsförderung dafür Sorge tragen, dass die deutsche Solarwirtschaft international eine faire Chance hat.“
In der Branche gilt „der faule Kompromiss im Vermittlungsausschuss“, wie Eurosolar die Einigung nennt, als mittleres Desaster für die Photovoltaikindustrie. Dort befürchtet man, dass weitere Insolvenzen bei Herstellern, Projektierern und Handwerkern folgen, mit entsprechenden Konsequenzen für die Beschäftigungssituation in der Solarbranche. So kommentiert die Geschäftsführerin von Eurosolar Irm Scheer-Pontenagel: „Es ist ein einmaliger Vorgang, dass eine Bundesregierung den Niedergang eines ganzen Industriezweiges billigend in Kauf nimmt, obwohl dieser für den Strukturwandel so existenziell wichtig ist“. Auch der BSW-Solar ist unzufrieden mit dem Ergebnis. „Bedauerlich ist, dass die Potenziale der Solarenergie für die Energiewende weiterhin nur sehr halbherzig ausgeschöpft werden und gerade auch für Investitionen in größere Solarprojekte die Solarstrom-Vergütung zu stark zurückgefahren werden“, sagt Carsten Körnig. „Unverständlich ist, dass die Bundesregierung auf der einen Seite feststellt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden müsse, um den vorgezogenen Atomausstieg zu kompensieren, auf der anderen Seite daraus aber nicht die Konsequenzen zieht, die Ausbauziele für die Solarenergie anzuheben. Die Regierung nutzt die riesigen Potenziale der Solarenergie im Strom- und Wärmebereich und das hier vorhandene große Bürgerengagement weiterhin nur halbherzig.“ (Sven Ullrich)