Die Photovoltaikbranche in Deutschland steht auf der Kippe. Aufgrund der Kürzungspläne der Bundessregierung hat beispielsweise Solarhybrid aus Brilon millionenschwere Verluste durch Solarparks angekündigt, die nach der EEG-Novellierung nicht mehr verwirklicht werden können. Solarhybrid gehört zu den großen Projektieren in Deutschland. Das Inlandsgeschäft droht komplett wegzubrechen. Die Aktie von Solarhybrid stürzte innerhalb weniger Tage von rund sechs Euro auf einen Euro ab. So sieht das Unternehmen beispielsweise keine Möglichkeit mehr, das Großprojekt in Neuhardenberg mit einer geplanten Leistung von 150 Megawatt zu realisieren. Zwar datiert der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans auf den 16. Dezember 2011, jedoch dauern die Planungen und Genehmigungen mindestens sieben Monate. Der Baubeginn war für Mitte 2012 vorgesehen, die Inbetriebnahme für Ende 2012. Wird die EEG-Novelle rechtskräftig, muss Solarhybrid rund 7,5 Millionen Vorlaufkosten in den Rauch schreiben. Ein Projekt in Allstedt (zehn Megawatt) kann nur teilweise umgesetzt werden. Weitere Großprojekte in Belling, Allstedt und Fürstenwalde haben bisher rund vier Millionen Euro Vorlaufinvestitionen erfordert, auch sie können nach den neuen Einspeisevergütungen nicht mehr finanziert werden. Zudem sieht die Geschäftsführung die Finanzierung für die Übernahme der US-Aktivitäten von Solar Millennium gefährdet.
Eine Bitte von Nedim Cen
Bisher profitierten vor allem die Projektierer vom Rennen um die billigsten Solarsysteme, konnten sie doch große Solarparks aufbauen und die Systemkosten weiter drücken. Doch der ruinöse Wettbewerb hat beispielsweise den Bitterfelder Zellhersteller Q-Cells an den Rand der Insolvenz gebracht. Vorstandschef Nedim Cen musste Anfang März seine Aktionäre erneut bitten, auf einen großen Teil ihres Aktienwertes zu verzichten. Andernfalls drohe Q-Cells das Aus. Faktisch werden die Kredite in Aktien für die Gläubiger umgewandelt, der Anteil der Altaktien schrumpft dann auf fünf Prozent. Dieser Vorschlag wurde auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Leipzig präsentiert, die Abstimmung soll auf einer weiteren außerordentlichen Hauptversammlung im Juni erfolgen. „Wir erwarten den weiteren Preisrückgang für Solarzellen, Module und Systeme“, sagt Cen. Die Folge sei eine weitere Konsolidierung der Branche. Wie sich die erneute Absenkung des EEG auf Q-Cells auswirke, sei nicht absehbar. Cen hofft dennoch, die Restrukturierung bis zum Herbst abzuschließen und 2013 wieder schwarze Zahlen zu schreiben.
Suntech stürzt dramatisch ab
Grund für den dramatischen Überlebenskampf des Unternehmens ist der Preisverfall für Solarmodule durch Überkapazitäten in Asien. „Die chinesische Konkurrenz wirft ihre Waren zu Preisen auf den Markt, die nicht einmal die variablen Kosten decken“, kritisiert Frank Asbeck, Chef von Solarworld in Bonn. „In China wird die Industrie durch hohe staatliche Kredite gestützt, das ist der Vorteil einer zentralen Staatswirtschaft.“ So meldete Suntech aus Wuxi für das Geschäftsjahr 2011 einen Nettoverlust von einer Milliarde US-Dollar (714 Millionen Euro). Zwar konnte der größte chinesische Modulhersteller seine Umsätze steigern, zahlte aber bei jedem verkauften Solarmodul drauf. Allein im vierten Quartal 2011 verzeichnete das Unternehmen einen Nettoverlust von 136,9 Millionen US-Dollar (100 Millionen Euro). Im Vorjahresquartal hatte Suntech noch einen Gewinn von 358 Millionen US-Dollar (256 Millionen Euro) ausgewiesen. Der Gewinn 2010 belief sich auf 236,9 Millionen US-Dollar (169 Millionen Euro). Demgegenüber stand 2011 ein Umsatz von 3,15 Milliarden US-Dollar (2,25 Milliarden Euro), acht Prozent mehr als 2010. Im letzten Quartal 2011 brach der Umsatz jedoch auf 629 Millionen US-Dollar ein, ein Drittel weniger als im vierten Quartal 2010. Die verkaufte Gesamtleistung erreichte 2011 rund zwei Gigawatt. Der wichtigste Markt für Suntech ist Deutschland. Hier erwartet das Unternehmen zu Jahresbeginn 2012 einen Umsatzeinbruch um weitere 30 Prozent. (Heiko Schwarzburger)