Allein in den 20 größten Städten Deutschlands könnten in den kommenden Jahren bis zu 33.000 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 1,1 Gigawatt zur Versorgung von Mietern in Mehrfamilienhäusern gebaut werden. Davon könnten etwa 1,4 Millionen Mieter profitieren, indem sie preiswerten Solarstrom vom Dach des Hauses beziehen, in dem sie wohnen. Das geht aus einer Studie hervor, die der Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW Solar) zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), dem Deutschen Mieterbund (DMB) und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (EAD) erstellt hat.
„Jetzt geht es endlich los mit dem Mieterstrom in Deutschlands Metropolen” ist sich Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar sicher. „Stark gesunkene Photovoltaikpreise und das neue Mieterstromgesetz der Bundesregierung machen dies möglich. Wir beobachten am Markt eine stark wachsende Zahl an Akteuren, die aus den Startlöchern kommen und Mieterstromprojekte umsetzen wollen.”
Die EEG-Umlage streichen
Voraussetzung für die Umsetzung von Mieterstromprojekten ist natürlich, dass die Mieter den Strom auch abnehmen. „Der Erfolg von Mieterstrom wird aber im Wesentlichen von der Attraktivität des Strompreises abhängen”, weiß Lukas Siebenkotten, Direktor des DMB. „Die vorhandenen Potenziale können nur dann ausgeschöpft werden, wenn Mieterstrom deutliche Kostenvorteile mit sich bringt.” Aus diesem Grund bekräftigen die Verbände die Forderung an die neue Bundesregierung, endlich die EEG-Umlage auf den im Gebäude direkt verbrauchten Strom zu streichen. Denn nur dann können die preislichen Vorteile vollständig ausgeschöpft werden. Zudem seien erst dann die Mieter in den Städten dem Eigenheimbesitzer gleichgestellt, der in der Regel für seinen selbst verbrauchten Strom keine EEG-Umlage bezahlen muss.
Gewerbesteuergesetz anpassen
Die Verbände sehen noch erheblich Hürden für die flächendeckende Hebung des errechneten Potenzials. Axel Gedaschko, Präsident des GdW kritisiert, dass die Vermieter immer noch steuerlich benachteiligt werden, wenn sie Strom ins Netz einspeisen oder an die Mieter verkaufen. „Denn dann wird die eigentlich gewerbesteuerbefreite Vermietungstätigkeit gewerbesteuerpflichtig”, erklärt er. „Das Gewerbesteuergesetz muss hier dringend angepasst werden.”
Michael Geißler, Vorstandsvorsitzender des EAD) sieht in den Mieterstromprojekten aber nur einen Ansatz, die Energiewende in die Städte zu bringen. „In Zukunft brauchen wir weitere kreative Modelle für Dienstleistungen und Direktvermarktung”, sagt er. „Dadurch können wir die Partizipation breiter Bevölkerungsschichten an der Energiewende erhöhen und sie sozialverträglicher ausgestalten.”
Mit ihren Ergebnissen bleiben die Verbände nur knapp unter dem Potenzial, das die Bundesregierung als maximal mögliches Ausbauszenario ansetzt. Sie geht davon aus, dass 1,5 Millionen Mieter von Mieterstromprojekten profitieren können. Hier muss man aber mit einrechnen, dass die Potenzialstudie der Bundesregierung auf alle Städte der Bundesrepublik bezogen wurde, während die Verbändestudie nur die 20 größte Städte berücksichtigt. (Sven Ullrich)