Die lange Diskussion um die Förderung der Photovoltaik in Deutschland im Jahr 2012 und die teilweise rigiden Kürzungen der Einspeisevergütungen in den Schlüsselmärkten, haben einen erheblichen Flurschaden hinterlassen. Immerhin betrug der Zubau in Deutschland nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa 7.630 Megawatt – mehr als ein Viertel des gesamten Weltmarktes, den die Marktforscher von Trend Force in Taichung (Taiwan) auf 29,7 Gigawatt schätzen. Das Segment der großen Freiflächenanlagen wurde mit dem Ende der Förderung aus dem Markt katapultiert. Auch in Italien – dem bisher zweitgrößten Photovoltaikmarkt – steht die Förderung vor dem Ende. Nur 800 Megawatt stehen noch zur Verfügung, dann sind die Mittel ausgeschöpft. Gleichzeitig übersteigen die Produktionskapazitäten immer die Nachfrage auf dem Markt. Dadurch gingen die Preise im Laufe des Jahres um 25 bis 30 Prozent zurück. Das drückte auf die Umsätze und Gewinne der Hersteller. Das Ergebnis: 2012 war das Jahr der Konsolidierung in der Photovoltaikbranche. Das wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen. Trend Force geht davon aus, dass es vor allem die Hersteller von Solarzellen schwer haben. Aber auch die Wechselrichterproduzenten werden sich 2013 warm anziehen müssen.
Mit Optimismus ins neue Jahr
Trotzdem gehen die Hersteller und Projektentwickler mit Optimismus ins neue Jahr. Schließlich entwickeln sich neue Märkte sehr gut. Vor allem in Nordamerika und Asien sehen sie Chancen für gute Geschäfte. Zwar werden die Margen kaum steigen, aber die Gewinne müssen dann über die Umsätze generiert werden. In Europa bekommt die Branche unwillentlich Hilfe von den Energieversorgern. Deren teilweise massiven Preiserhöhungen lassen den Solarstrom billiger werden als den Strom aus dem Netz. Die Wirtschaftlichkeit der Anlagen funktioniert jetzt über den Eigenverbrauch. Die Absatzstrategien in den etablierten Märkten werden sich diesem Trend weiter anpassen. Mehr Eigenverbrauch und weniger Einspeisung, mehr kleine Aufdachanlagen und weniger Solarparks. Die lassen sich im derzeitigen Design des Strommarktes ohne Förderung nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Die Anlagengröße wird sich nicht mehr an der vorhandenen Dachfläche orientieren, sondern am Strombedarf des Gebäudes. Die Weiterentwicklung von Energiemanagement- und Speicherlösungen sind die aktuellen Aufgaben.
Absatz kommt nicht in Schwung
Die Solarthermie steht 2013 vor den gleichen Aufgaben wie in den vergangenen Jahren. Kleine, komplizierte und teure Systeme lassen sich nur schwer verkaufen. Trotz höherer Fördersummen in Deutschland kommt der Absatz nicht in Schwung. Die Branche befürchtet, dass das sich dieses Jahr nicht ändern wird. Das Ziel: Wenn Kleinanlagen, dann möglichst einfach, wenn kompliziert, dann wenigstens groß. Die Segmente Prozesswärme und solare Kühlung spielen in der Branche immer noch eine viel zu geringe Rolle. Die Hersteller von Wärmepumpen erwarten in diesem Jahr höhere Absätze, auch wenn es schwierig wird. Schließlich hängt der gesamte Wärmemarkt – inklusive Solarthermie und Wärmepumpen – an der Konjunktur im Bauwesen. (Sven Ullrich)
Online dokumentieren wie die Einschätzungen von Akteuren der Solarenergie und der Branche der Wärmepumpen, die sich an unserer Umfrage beteiligt haben. Die Stimmen sammelte Heiko Schwarzburger, Solarredakteur von ERNEUERBARE ENERGIEN.
Photovoltaik
Ralf Klein, Vertriebsvorstand bei der Centrosolar AG
Die Konsolidierung in der Solarbranche wird im kommenden Jahr fortschreiten. Centrosolar wird auch 2013 weiterhin Solarmodule in der Sonnenstromfabrik in Wismar fertigen. Denn wir glauben an den Produktionsstandort Deutschland. Unser Ziel ist es, die qualitätsbewussten Kunden dieser ausscheidenden Marktteilnehmer für uns und somit Marktanteile zu gewinnen. Dank unserer Positionierung als Komplettanbieter und aufgrund unseres Vertriebsnetzes in Europa sehen wir uns gut gerüstet für die Marktveränderung in Richtung Selbstverbrauch.
Michael Harre, Vizepräsident und Chef der Solarsparte von LG Electronics
Gegenwärtig erleben wir in der Photovoltaik eine ökonomisch sehr schwierige Zeit. Wer da durchkommt, hat eine große Zukunft vor sich. Solarzellen und Solarmodule werden alltägliche Produkte, auch in der Kombination mit Batterien. Das wird eine Selbstverständlichkeit, in sehr vielen Branchen und Lebensbereichen. Zwar werden die Margen und Gewinne kleiner, aber die notwendigen Investitionen werden dann durch die massenhaften Umsätze eingespielt.
Der asiatische Markt ist zweigeteilt. In Japan erwarten wir ein großes Wachstum, vor allem bei Solaranlagen, die ins Netz einspeisen und die Versorgung stabilisieren. Das gilt auch für Indien und Teile Chinas. Daneben werden netzferne Solarsysteme eine größere Rolle spielen, beispielsweise in China, Indien oder Thailand. Dort geht es darum, ausreichend preiswerte Energie zu produzieren. Die Photovoltaik beschleunigt den Anschluss von Millionen Menschen, die bisher ohne Strom leben mussten. In Südafrika, Nordafrika oder Südamerika wird sich die Photovoltaik ebenfalls verbreiten. Brasilien hat große Engpässe in der Stromversorgung, der wachsende Energiehunger kann durch Photovoltaik gedeckt werden.
Joachim Simonis, Managing Director bei Talesun
Das kommende Jahr lässt sich nur schwer vorhersagen. Der deutsche Markt könnte auf drei bis vier Gigawatt schrumpfen. Es werden vornehmlich kleinere Dachanlagen gebaut, Eigenverbrauch und Stromspeicherung werden eine wichtige Rolle spielen. Die meisten Speicher mit Lithium-Batterien sind erst ab Mitte 2013 lieferbar. Blei-Akkus sind aus meiner Sicht nicht mehr die ideale Lösung. Je nach Größe des Speichers besteht ein Problem, sie zu transportieren und unterzubringen. China muss in erneuerbare Energien investieren, weil auch der Strom aus den Kohlekraftwerken immer teurer wird. Außerdem braucht das Land billigen Strom, um künftig Elektrofahrzeuge anzutreiben. Auf der anderen Seite ist der Vorteil bei den Lohnkosten nicht mehr so hoch wie früher. In der vollautomatischen Fertigung von Zellen oder Solarmodulen spielt dieser Faktor ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Alle Kosten eingerechnet, haben wir in Europa die Netzparität zu Atomstrom oder Kohlestrom schon erreicht oder stehen unmittelbar davor, sie zu erreichen. Deshalb brauchen wir den Einspeisetarif nicht mehr. Wir brauchen die Vorrangsregelung im EEG und die Netzdurchleitung. Alles andere regeln die wirtschaftlichen Mechanismen von allein. Der weitere Ausbau der Photovoltaik hängt entscheidend von den Strompreisen ab. In Deutschland und Italien wird der konventionelle Strom immer teurer. Griechenland spürt bereits, dass sich der Brennstoff Kohle verteuert. Aufgrund eines alten Gesetzes konnte Kohle dort von den Kraftwerken bisher umsonst bezogen werden. Dieses Gesetz läuft 2013 aus. In anderthalb Jahren werden wir über komplett andere Solarmärkte reden. Dann wird es vor allem über Eigenverbrauch und Stromhandel gehen.
Berkay Bayer, Geschäftsführer von Solteq
Ich sehe die Marktentwicklung im kommenden Jahr sehr positiv. Für Panik gibt es keinen Grund. Mit der Kürzung der Einspeisevergütung wird der Eigenverbrauch des Solarstroms immer wichtiger. Wir sind jetzt in der Phase des Umschwungs, er wird das nächste Jahr bestimmen. Auch Indachsysteme werden eine größere Rolle spielen. Es gibt genug freie Dächer, die wir nutzen können.
Jörg Kulessa, Produktmanager bei Mitrosunic, einer Tochter von Ritter Elektronik
Die Kunden achten mehr auf Qualität. Systeme zur Sicherung der Investition werden immer wichtiger. Wie schon in benachbarten europäischen Ländern wird es in Deutschland bald eine Pflichtabsicherung für den Brandschutz geben. Das wird uns in die Karten spielen. Denn die Strompreise steigen immens. Mit der Photovoltaik steht eine kostengünstige Alternative bereit.
Willi Wohlfahrt, Geschäftsführer von Sunworx Solar
Nur wer Reserven hatte, konnte die Durststrecken der vergangenen Monate überstehen. Die Pleitewelle ist noch in vollem Gange. Seit die schwarz-gelbe Bundesregierung, getrieben durch Bundeswirtschaftsminister Rösler und dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Brüderle, zum Kahlschlag in der Photovoltaikindustrie angesetzt haben, gingen tausende Arbeitsplätze verloren. Viele werden noch folgen. Dachdecker, Elektriker, Handwerker aus dem Baugewerbe: Das sind die Arbeitsplätze, um deren Erhalt es geht. Sie sind besonders wertvoll, da sie in vielen, besonders auch strukturschwachen Regionen entstanden sind und die Abwanderungen verhindern.
Der Solarmarkt 2013 wird noch schwieriger. Auch wir Installateure werden ums Überleben kämpfen. Die Nachfrage bei Privatkunden könnte wieder wachsen, getrieben durch weitere Strompreiserhöhungen und durch bezahlbare Energiespeicher. Dabei spielt die Langlebigkeit der Anlagen eine große Rolle. Nur 45 Quadratmeter Dachfläche reichen bereits für die Stromversorgung einer vierköpfigen Familie aus. Zwischen 15 und 17 Eurocent pro Kilowattstunde kostet der Solarstrom vom eigenen Dach. Damit liegt er bereits zwischen acht und zehn Cent unter dem Preis für Haushaltsstrom, je nach Stromanbieter und Art des erzeugten Stroms. Die Erzeugungskosten bleiben gleich, egal ob die Energieversorger weiter an der Preisschraube drehen. Die hohe Qualität der Komponenten ist eine Chance für deutsche Modulhersteller. Im Segment der gewerblichen Anlagen wird der Markt jedoch zurückgehen. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis Modelle entwickelt sind, die ohne EEG-Vergütung die bisherige Wirtschaftlichkeit erreichen.
Stephan Hansen, Executive Vice President Global Sales bei Nanosolar
Der deutsche Markt wird 2013 extrem schwierig. Nanosolar ist im Geschäft der Freiflächenkraftwerke unterwegs, das wird in Deutschland sehr schwer. Die abgesenkte Einspeisevergütung für Kraftwerke unter zehn Megawatt macht es uns nicht leichter, für größere Kraftwerke gibt es überhaupt keine Vergütung mehr. Zusätzlich wird das Geschäft erschwert, weil das EEG die erlaubten Flächen und die Entfernung des Stromverbrauchers vom Generator limitiert. Auf diese Weise werden der Eigenverbrauch oder das Direktmarketing noch schwieriger.
Stefan Spork, Geschäftsführer von Mounting Systems
Im Jahr 2013 wird unser Auslandsumsatz erstmals über den Umsätzen in Deutschland liegen, da bin ich mir sicher. In Deutschland machen die Freilandanlagen rund drei Viertel unseres Umsatzes aus. Aber die wesentlichen Photovoltaikmärkte liegen noch vor uns, zum Beispiel Asien, die Vereinigten Staaten und der arabische Raum.
Dirk Leinweber, Geschäftsführer von Danfoss Solar Inverters
Unsere Wechselrichter decken Leistungen von zwei bis 15 Kilowatt ab. Auf der Intersolar 2013 wollen wir ein Gerät mit 17 Kilowatt vorstellen. Wir werden sicher auch im Markt mit größeren Zentralwechselrichtern tätig, aber zuerst in den USA. In Deutschland konzentrierten wir uns auf gewerbliche Dachanlagen. Weil die größeren Anlagen weniger Einspeisevergütung erhalten, erwarten wir 2013 beim Zubau teilweise erhebliche Einschnitte.
Der Eigenverbrauch von Sonnenstrom wird eine wichtige Rolle spielen, aber nicht sofort.Viele Lösungen, die jetzt am Markt angeboten werden, sind noch nicht ausgereift. Der Wechselrichter wird zur Energiezentrale eines Gebäudes. Er ermöglicht die intelligente Steuerung der Energieströme bis hin zum Netzmanagement. Machen wir uns nichts vor: Die Wechselrichter werden einander immer ähnlicher. Über den Preisdruck wird sich in Kürze entscheiden, wer weiterhin mithalten kann. Der Hauptteil des Marktes wird vermutlich unter wenigen Großanbietern aufgeteilt, die sowohl die Fertigungskapazität als auch die Finanzkraft haben, um international zu agieren.
Pierre-Pascal Urbon, Vorstandssprecher von SMA
Der Vorstand rechnet für 2013 mit einer weltweit neu installierten Photovoltaikleistung zwischen 27 und 33 Gigawatt. Im Vergleich zum Vorjahr würde dies im besten Fall einer Stagnation der nachgefragten Leistung entsprechen. Gleichzeitig erwarten wir einen starken Preisdruck. Dies wird dazu führen, dass der Wechselrichtermarkt gemessen in Euro 2013 erstmals seit vielen Jahren deutlich rückläufig sein wird. Während sich die Nachfrage in den europäischen Märkten aufgrund der massiven Förderkürzungen für die Photovoltaik deutlich verringert, sehe ich für die Solarmärkte in Nordamerika, China, Japan und Indien eine weiterhin positive Entwicklung.
Die Stimmen sammelte Heiko Schwarzburger, Solarredakteur von ERNEUERBARE ENERGIEN.
Solar- und Umweltwärme
Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar
Bisher hat die Solarbranche vor allem Kleinanlagen gebaut. Die funktionieren oft nicht so super. Solche Unsicherheiten reichen den Gewerbekunden nicht. Sie wollen einen gesicherten Ertrag, für den der Anlagenerrichter haftet. Das machen aber erst wenige in der Solarbranche. Der Markt für Großanlagen läuft langsamer an, als erwartet. Derzeit ist der Kollektormarkt in Österreich rückläufig, wie in ganz Europa. Die sinkenden Umsätze und Gewinne hindern die Unternehmen, in neue Geschäftsfelder zu investieren und Risiken einzugehen. Viele Solarfirmen kämpfen ums Überleben. Sie haben weder Geld noch Muße, in Neues zu investieren.
Wir müssen die Innovationen nach vorn stellen, trotz der Krise und der sinkenden Umsätze. Der Solarkunde wünscht sich Unabhängigkeit und einen persönlichen Vorteil, weil er mit Sonnenwärme teure Brennstoffe sparen kann. Wir brauchen neue Solarlösungen, die weniger kosten, um den Markt wieder in Gang zu setzen.
Der Branche geht die Sehnsucht nach der solaren Vollheizung ab. Man ist mit dem zufrieden, was die Anlagen können, die man verkauft. Aber wir brauchen diese Sehnsucht unbedingt, vor allem, weil die Preise für Gas und Heizöl weiter steigen. Wir müssen unseren Kunden sagen: Jetzt steigern wir den solaren Deckungsgrad, damit die Heizkessel immer kleiner und einfacher werden können. Und irgendwann braucht ihr den Kessel überhaupt nicht mehr. In Deutschland und Österreich gibt es genug Sonne, die klug übers Jahr verteilt genutzt werden muss. Jeden Tag verschwenden wir Solarenergie, wenn der Kollektor nicht in den Speicher liefert, nur weil der schon ein wenig aufgeheizt ist. Der Kollektor muss von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang laufen, wie in der Photovoltaik. Auch sollten wir die Solarkollektoren besser mit Wärmepumpen kombinieren. Geringe Solartemperaturen können wir in massive Bauteile speisen, um sie thermisch aufzuladen und als Speicher zu nutzen.
Peter Gawlik, Geschäftsführer von Sonnenkraft
Trotz steigender Preise für konventionelle Brennstoffe wird das Potenzial der Solarwärme bei weitem noch zu wenig genutzt.
Heinz-Werner Schmidt, Geschäftsführer von Tecalor
Die Zahlen in der Solarthermie zeigen für 2012 in Deutschland einen rückgängigen Markt. Diese Entwicklung wird sich auch 2013 fortsetzen. Für Wärmepumpen hingegen ist ein Zuwachs im hohen einstelligen Prozentbereich zu erwarten. Die Haustechnik wird noch enger zu einem Gesamtsystem verschmelzen, wobei eher die Photovoltaik als die Solarthermie das Rennen macht. Im Mittelpunkt werden noch leistungsfähigere Luft-Wasser-Wärmepumpen stehen. Insbesondere für hochwertige Split-Geräte sehen wir sehr gute Chancen. Die zusätzliche Kühlfunktion bei Kompaktgeräten, die ohnehin bereits die Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung, Heizung und Warmwasserbereitung über integrierte Wärmepumpe leisten, wird sich noch stärker durchsetzen.
Manfred Pletzer, Geschäftsführer von IDM Energiesysteme
Die Wärmebranche hängt nicht nur an den Energiepreisen, sondern auch an der Baukonjunktur. Sie einzuschätzen, ist schwierig. Trotzdem erwarten wir Wachstum am Wärmepumpenmarkt: Der Anteil der Wärmepumpe an allen eingebauten Heizungssystemen wird stärker steigen. Das kommende Jahr 2013 wird besonders durch staatliche Regelungen geprägt. Zum einen werden Fernsteuerung und Ferndiagnose über das Internet eine wichtigere Rolle spielen. Auch Smart Grid sei ein Thema, das an Bedeutung gewinnt.
Die Stimmen sammelte Heiko Schwarzburger, Solarredakteur von ERNEUERBARE ENERGIEN.