Mit Blick auf die Möglichkeit, Blindleistung zur Netzstabilisierung bereitzustellen, fordern Politiker der CSU, den Bau von Photovoltaikgroßanlagen nicht mehr weiter zu behindern. „Diese Restriktionen stellen große Hindernisse für die Steigerung der Netzstabilität und der Realisierung einer kostengünstigen Netzausbauvariante dar“, erklären Otto Hünnerkopf, umweltpolitischer Sprecher der CSU im Bayerischen Landtag und Anja Weisgerber, umweltpolitische Sprecherin der CSU im Europaparlament, während eines Besuchs im Photovoltaikkraftwerk Düllstadt in Franken. „Anlagen sollen wieder dort errichtet werden, wo sie nicht nur akzeptiert, sondern auch netztechnisch und aus Verbraucherperspektive am sinnvollsten sind“, fordern die beiden CSU-Politiker.
Blindleistung erzeugen, wo sie gebraucht wird
In Düllstadt steht eine der ersten Photovoltaikfreiflächenanlagen, die mit Wechselrichter ausgestattet sind, die eine intelligente Spannungsregelung im Mittelspannungsnetz ermöglichen. Belectric aus dem unterfränkischen Kolitzheim als Errichter der Anlage und der Betreiber N-Ergie-Netz mit Sitz in Nürnberg wollen zeigen, dass Photovoltaikanlagen auch bei Dunkelheit in der Lage sind, Systemdienstleistungen zur Netzstabilität wie die Einspeisung von Blindleistung zu erbringen. Bisher werden diese Systemdienstleistungen von konventionellen Kraftwerken erbracht. Mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und dem damit einhergehenden Umbau des Energiesystems in Deutschland von einer zentralen Erzeugung auf der Höchstspannungsebene zur dezentralen Erzeugung auf Mittel- und Niederspannungsebene werden solche Funktionen immer wichtiger. Das haben die Übertragungsnetzbetreiber auch in ihrem Netzausbauplan betont. „Es ist in Zukunft erforderlich, die wegfallende Generatorblindleistung der konventionellen Kraftwerke an ausgewählten Standorten regelbare Blindleistungsquellen einzusetzen“, heißt es dort. „Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Erzeuger erneuerbarer Energien in der Region des Transportnetzes mit hohem Blindleistungsbedarf befinden, weil Blindleistung nicht über große Entfernungen transportiert werden kann.“
Ein entscheidender Kostenfaktor beim Netzausbau
Außerdem ist die Möglichkeit, große Photovoltaikkraftwerke in die Erbringung von Systemdienstleistungen einzubeziehen, ein entscheidender Posten für die Berechnung der zukünftigen Netzausbaukosten. „Die netzstabilisierende Technik von Solarkraftwerken kann am Tag und in der Nacht eine Ausweitung und bessere Ausnutzung der Transportkapazität der bestehenden Stromnetze auf Verteil- und Übertragungsnetzebene ermöglichen“, erklärt Martin Zembsch, Geschäftsführer von Belectric. „Mehr Freiflächensolarkraftwerke der neuesten Generation können den derzeit geplanten Netzausbau reduzieren und somit Kosten für die Verbraucher senken.“ Gerald Höfer, Abteilungsleiter Netzentwicklung von N-Ergie-Netz ergänzt: „In manchen Fällen kann der Netzausbau schon jetzt zumindest verzögert werden, da durch die Blindleistungsregelung die Kapazitäten der bestehenden Leitungen besser ausgenutzt werden können. Die eingesetzte Technik hat neben der Spannungsbeeinflussung zudem das Potential Systemdienstleistungen für die Netze bereitzustellen“. Dass das den Zielen der Bundesregierung entgegen kommt, unterstreicht die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Katherina Reiche (CDU), die ebenfalls vor Ort war. „Eine bezahlbare, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung ist für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende unverzichtbar. Wir prüfen deshalb jede vernünftige technologische Option, im die Kosten zu verringern“, versprach sie. (Sven Ullrich)