Die Strafzölle auf Importe von chinesischen Solarzellen und Modulen werden um 18 Monate verlängert. Das hat die Europäische Kommission heute bekanntgegeben. Damit verlängern sich auch die geltenden Regelungen zu den Mindestpreisen, zu denen die chinesischen Hersteller ihre Zellen und Module in Europa verkaufen müssen. Diese wurden mit einer Reihe von Herstellern vereinbart, die dann nicht mehr von den Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen betroffen sind. Die großen chinesischen Hersteller sind aber ohnehin schon aus der Mindestpreisvereinbarung ausgestiegen, so dass diese Regelung kaum noch relevant ist.
Ausstieg auf Raten
Mit der jetzigen Verlängerung der Handelssanktionen macht die Kommission keinen harten Schnitt, sondern versucht einen Mittelweg, aus dem Regime der Strafzölle auszusteigen – nicht zuletzt auf Druck aus den Mitgliedsländern der EU, die eine komplette Verlängerung um zwei Jahre abgelehnt haben. Deshalb hat die Kommission in Brüssel einen Kompromissvorschlag gemacht, der auf diese 18monatige Verlängerung hinausläuft. Die Kommission geht aber jetzt sogar noch einen Schritt weiter. Denn sie hat schon eine neue Untersuchung angekündigt, in der sie die gesamten Regelung noch einmal auf den Prüfstand stellt. Diese Untersuchung soll bis Anfang September abgeschlossen sein. Im Rahmen dieser Untersuchung will die Kommission bis Anfang September dieses Jahres die Höhe von Zöllen und Mindestpreisen anpassen und die Einfuhrpraxis vereinfachen. Derzeit gelten aber die Strafzölle in Höhe von 3,5 bis 11,5 Prozent weiter. Diese sind abhängig vom importierenden Hersteller. So kommt Trina Solar mit einem Zoll in Höhe von 3,5 Prozent vergleichsweise gut weg. Die Module von Renesolar werden mit einem Zoll in Höhe von 4,6 Prozent belegt. Auf Module von Suntech werden 4,9 Prozent Zoll fällig und fünf Prozent muss der Importeur von Modulen von JA Solar bezahlen. Die Module von Yingli werden mit 6,3 Prozent Strafzoll belegt und für die Module von Jinko Solar verlangen die Behörden einen Strafzoll in Höhe von 6,5 Prozent. Am schlechtesten kommt LDK weg. Der Hersteller muss 11,5 Prozent Zoll berappen, wenn er Module in die EU einführen will.
Solarstrom künstlich verteuert
Die Kritik, dass der Ausbau der Solarenergie in Europa aufgrund der Strafzölle und Mindestimportpreise verlangsamt und der Markt Schaden nehmen würde, sieht die Europäische Kommission nicht. Sie ist der Auffassung, dass die Nachfrage in Europa allein von den etablierten Fördermechanismen und nicht vom Preis der Anlagen abhängt. Das sehen die Zollgegner anders. Sie berufen sich auf eine Studie des Brüsseler Becquerel-Instituts. Die Forscher haben die Vollkosten für Strom aus großen Solarstromanlagen mit mehr als fünf Megawatt Leistung in elf europäischen Ländern an unterschiedlichen Standorten untersucht, wenn die Module zum Weltmarktpreis gekauft werden. Dadurch ließe sich der Solarstrom heute schon zu Vollkosten von 3,3 bis 6,4 Cent pro Kilowattstunde produzieren. In Spanien, Italien und Frankreich wären Solarstrom sogar schon seit dem Jahr 2016 auf dem Niveau des Börsenstrompreises angelangt. In Österreich würde diese Schwelle im Jahr 2018 erreicht, in Deutschland ab dem Jahr 2019. Alle anderen Länder, bis auf Polen und Finnland, erreichen diese Wettbewerbsschwelle bis zum Jahr 2020. Die Stromproduktionskosten lägen dann europaweit in einer Spanne von 2,7 bis 5,3 Cent pro Kilowattstunde und könnten bis 2030 auf 2,0 bis 4,9 Cent pro Kilowattstunde sinken. Diese Kosten werden aber nicht erreicht, wenn die Module mit zusätzlichen Zöllen belegt werden.
In 18 Monaten fallen die Zölle weg
Für die Kritiker ist der Kompromiss und vor allem die Aussicht auf eine neuerliche Untersuchung dennoch ein Hoffnungsschimmer. „Zwar hat die EU-Kommission die Chance vertan, den europäischen Solarmarkt preislich sofort wieder auf Weltniveau zu bringen und die Nachfrage umgehend zu beleben“, kommentiert denn auch Holger Krawinkel, Sprecher der Zollgegner von Solar Alliance for Europe (SAFE), die jetzt veröffentlichten Regelungen. „Aber dennoch ist das Ende dieses unleidigen Handelskonflikts abzusehen. Zölle und Mindestpreis für chinesische Solarmodule und Solarzellen laufen definitiv im September 2018 aus und das Preisniveau wird voraussichtlich ab September dieses Jahres schrittweise angepasst. Im schlimmsten Fall hätte der Handelskonflikt noch fünf Jahre lang in die Verlängerung gehen können.“ So zumindest verstehen die Zollgegner die Regelung. (Sven Ullrich)