Mit einem halben Jahr Verzögerung haben Bundestag und Bundesrat jetzt die Novelle des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen und damit ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag eingelöst. Künftig werden neben der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung im Straßenverkehrsrecht als so genannte Anordnungszwecke verankert. Ländern und Kommunen würden damit weitere Entscheidungsspielräume eröffnet, heißt es auf der Homepage der Bundesregierung. Städte und Gemeinden könnten nun mehr Spielraum etwa für die Einrichtung von Busspuren, Tempo-30-Zonen und beim Bewohnerparken erhalten.
Bundesrat stimmte zunächst nicht zu
Der Bundestag hatte die Änderungen schon Ende vorigen Jahrs beschlossen, doch im Bundesrat fand das Gesetz nicht die erforderliche Mehrheit. Jetzt konnte im Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt werden: Bei den neuen Anordnungszwecken (Umwelt- und Klimaschutzschutz, städtebauliche Entwicklung sowie Gesundheitsschutz) muss nach wie vor die Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigt werden und die Sicherheit des Verkehrs – wie nunmehr ausdrücklich festgeschrieben wird – darf nicht beeinträchtigt werden. Zuvor musste die Sicherheit des Verkehrs ebenfalls berücksichtigt werden.
Allerdings: Das novellierte Gesetz ist nur der erste Schritt. Die Ziele zu erweitern hat nur dann einen Effekt, wenn die Behörden auch konkrete Befugnisse erhalten, bauliche Veränderungen vornehmen und Verkehrsschilder aufstellen zu lassen. Das soll über die geplante Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) geschehen. Ein abgestimmter Entwurf liegt bereits vor.
Forderungen nach schneller Reform der StVO
„Die Reform des Straßenverkehrsgesetzes ist eine wichtige Etappe auf dem Weg zu einem modernen Straßenverkehrsrecht – es wird aber nicht die letzte sein“, kommentierte Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. Er forderte, den bereits ausgehandelten Kompromiss zur StVO noch vor der Sommerpause zu beschließen. „ Viele Kommunen warten darauf, sich auf einer neuen Rechtsgrundlage für lebenswertere Städte und Gemeinden einsetzen zu können“, so Hochfeld.
Enttäuscht äußerte sich hingegen die Deutsche Umwelthilfe. „Ein echter Paradigmenwechsel hin zu Klimaschutz und lebenswerten Städten bleibt aus“, kritisierte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Weder sei eine „Vision Zero“ im Gesetz enthalten, noch die flächendeckende Einführung von Tempo 30 innerorts, obwohl „dadurch einfach Menschenleben gerettet und Kommunen lebenswerter gemacht werden“. Auch er forderte eine schnelle Verabschiedung der StVO vor der Sommerpause.
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