Frank Mastiaux war 2012 von der grün-roten Landesregierung Baden-Württembergs ein Jahr nach dem Machtwechsel dort ins Amt geholt worden. Der damalige Öko-Energieexperte von Konkurrent Eon wechselte in den Vorstandsvorsitz des halbstaatlichen Energiekonzerns Energie Baden Württemberg (EnBW). Er löste den bei der neuen Landesregierung sofort in Misskredit geratenen Hans-Peter Villis ab, der sich als scharfer Verteidiger der Atomkraft geriert hatte. Nun forderte Mastiaux im Interview mit der Frankfurter Rundschau, die Windkraft sollte „gleichmäßiger über die Republik verteilt“ werden, „auch wenn dann nicht alle Anlagen an den ertragreichsten Standorten an den Küsten stehen“.
Damit positioniert sich der Konzernchef aus Stuttgart für eine nicht unwesentliche Veränderung an den Reformplänen unter der Regie von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel – zugunsten der Windkraft. Die Pläne „sollten nochmal überdacht werden“, sagte Mastiaux vor drei Tagen im Gespräch mit den Frankfurter Journalisten. Die Aussage zielt vor allem auf die im bisherigen Referentenentwurf vorgesehene Vergütung der Windturbinen nach der Standortqualität. Demnach sollen Windturbinen an besonders windreichen Standorten nicht mehr so viel pro eingespeister Kilowattstunde bekommen wie bisher, da sie als überfördert gelten. Eine nach den Ertragserwartungen abgestufte Tabelle bestimmt eine umso höhere Vergütung, je weniger Stromerzeugung gemäß den Windverhältnissen zu erwarten ist. Allerdings setzt die große Koalition einen Schlussstrich bei Windparks mit Ertragserwartungen von 77,5 Prozent verglichen zu einem gewöhnlich guten Windparkstandort. So fielen Schwachwindstandorte mit geringeren Referenzwerten trotz inzwischen für diese Standorte entwickelter hoch effizienter Spezialturbinen fort. Vor allem in Süddeutschland würde dies den Großteil aller geplanten Vorhaben blockieren, warnt die Windbranche selbst.
EnBW hält an Ausbauzielen fest
Zu den Plänen des Energiekonzerns gehöre weiterhin, „mehr Anlagen in Baden-Württemberg zu installieren“, insistierte Mastiaux. Der EnBW-Mann machte so deutlich, dass der Konzern am Tempo des Umbaus seiner Energieversorgung ungeachtet der leicht reduzierten Ziele der Bundesregierung festhalten will. 40 Prozent Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung strebe EnBW bis 2020 gemäß bisheriger Planung an. Die große Koalition in Berlin will diese 40 Prozent nun erst bis 2025 schaffen. Wobei das dann als Mindestziel gelten soll und sich Berlin auch das Ziel von 45 Prozent Anteil an der Stromversorgung bis 2025 offen halten will. Die grün-rote Landesregierung plant einen Windenergieanteil an der Stromversorgung bis 2020 von zehn Prozent, wobei das Bundesland bisher noch Windkraft-Schlusslicht unter den Flächenländern ist.
EnBW betreibt derzeit 110 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 186 Megawatt (MW). In Baden-Württemberg hat der Energiekonzern seit dem Regierungswechsel acht MW neu selbst ans Netz gebracht. Aktuell entwickle EnBW deutschlandweit Projekte mit 565 MW als eigene Projektierungen, wobei 288 MW gerade im ENBW-Ostseeprojekt Baltic 2 errichtet werden.
(Tilman Weber)