Das Handelsministerium der USA (Department of Commerce – DOC) hat eine Entscheidung im Antidumpingverfahren gegen chinesische Photovoltaikproduzenten gefällt. Dem Urteil zufolge werden 60 chinesischen Herstellern, darunter die Großen der Branche Suntech, Trina Solar und Yingli Green Energy, Strafzöllen von 31,14 Prozent aufgebrummt. Alle anderen Photovoltaikproduzenten im Reich der Mitte müsse sogar mit Strafzöllen bis 249,96 Prozent rechnen. Sie werden dafür abgestraft, dass sie dem DOC keine Daten zur Verfügung gestellt haben.
Beide Strafzölle werden addiert
Das Ministerium folgt damit auch in seiner Antidumpingentscheidung der Argumentation der Coalition for American Solar Manufacturing (CASM), einem Zusammenschluss um die amerikanische Tochter von Solar World, die den chinesischen Herstellern vorwerfen, ihre Produkte unter den Herstellungspreisen auf dem amerikanischen Markt zu verkaufen. „Die Entscheidung des US-Handelsministeriums gibt uns Mut, dass wir zu einem fairen Wettbewerb zurückkehren können“, freut sich Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender von Solar World. „Sie ist auch ein Signal an Europa, wo vergleichbare Maßnahmen greifen müssen“, warnt er. „Illegale chinesische Handelspraktiken zerstören den Solarmarkt und gefährden zahlreiche Arbeitsplätze.“ Schon am 20. März hatte die Behörde wegen illegaler Subventionen Strafzölle auf chinesische Photovoltaikprodukte in einer moderaten Höhe von 2,9 bis 4,7 Prozent verhängt. Jetzt werden beide Tarife zusammenaddiert, so dass die Zölle mindestens 34 Prozent betragen und damit mehr als ein Drittel des Modulpreises ausmachen.
Die Strafzölle gelten allerdings nur für fertige Photovoltaikmodule auf Basis kristalliner Siliziumzellen, die in China hergestellt wurden. Die Untersuchungen gehen weiter und ein endgültiges Urteil fällen das DOC und die Handelskommission zusammen. Die Branche erwartet es für den 1. Oktober dieses Jahres. „Wir werden uns weiterhin konsequent verteidigen und sind optimistisch, dass wir bis zu endgültigen Entscheidung weitermachen können“, sagt Robert Petrina, Amerika-Chef von Yingli Green Energy.
Anlagen werden wohl teurer
Die chinesischen Hersteller widersprechen der Darstellung von Solar World, ihre Produkte auf dem amerikanischen Markt unter den Herstellungspreisen zu verkaufen. Sie kritisieren die Entscheidung erwartungsgemäß als schlecht für die Akzeptanz der Solarenergie in der amerikanischen Bevölkerung. Denn wenn keine chinesischen Billigmodule mehr auf dem Markt zu haben sind, „führt das voraussichtlich zu einem kurzfristigen Anstieg der Modulpreise in den USA, was wiederum zu einem Rückgang der Nachfrage und des Zubaus führen wird“, erklärt Shyam Mehta, Chefanalyst bei GTM Research, mit Blick auf die Strafzölle.
Außerdem „spiegeln die Zölle nicht die reale, stark wettbewerbsbetonte weltweite Solarbranche wider“, sagt Andrew Beebe, Vertriebsvorstand bei Suntech in Wuxi. „Wir werden eng mit dem Handelsministerium zusammenarbeiten, bevor es sich endgültig entscheidet, um zu zeigen, dass diese Schutzzölle nicht gerechtfertigt sind. Trotz dieser schädlichen Handelsbarrieren hoffen wir, dass die USA, China und alle anderen Länder der Welt sich um einen konstruktiven Dialog bemühen werden, um einen umfangreichen Solarhandelskrieg zu vermeiden. Wir brauchen mehr Wettbewerb und Innovation und keinen Rechtsstreit“, betont Beebe. „Die überwältigende Mehrheit der amerikanischen Solarindustrie unterstützt den Zugang zu bezahlbarer Solarenergie und fairen Marktbedingungen“, ergänzt Robert Petrina mit Blick auf die Anzahl der Gegner der Antidumpingklage der CASM. „Wir sind dankbar für die Unterstützung zehntausender Solarinstallateure, Projektentwickler, Hersteller und Händler, die heute hinter uns stehen“, so Petrina weiter. Die Zahl der einer Handelsbarriere ablehnend gegenüberstehenden Unternehmen in den USA ist groß. Vor allem die Projektierer in den USA haben in der letzten Zeit immer mehr auf die billigen chinesischen Module zurückgegriffen, um die Preise für die Anlagen weiter zu senken. Auch viele Solarinstallateure wenden sich gegen protektionistische Maßnahmen. Sie haben Angst, dass durch die teurer werdenden Anlagen die Nachfrage zurückgeht und die Strafzölle in den USA zahlreiche Arbeitsplätze gefährden könnten. Immerhin beschäftigen die Solarprojektierer derzeit etwa 50.000 Angestellte.
Die Hintertür steht offen
Tatenlos werden die chinesischen Hersteller dem Treiben in den USA nicht zuschauen. „Wir bleiben auch weiterhin auf dem Mark in den USA präsent, unabhängig vom Ausgang des Prozesses und wir werden weiterhin für einen globalen und wettbewerbsorientierten Markt kämpfen“, gibt sich Liangsheng Miao, Vorstandsvorsitzender von Yingli Green Energy im chinesischen Baoding kämpferisch. Die Unternehmen haben auch schon schon Strategien ersonnen, wie sie die Strafzölle umgehen können. Denn die Strafzölle im Antidumpingurteil gelten nur, wenn die Solarzellen auch in China hergestellt wurden. Die Produzenten im Reich der Mitte werden dieses Schlupfloch nutzen und entweder ihre Zellproduktion ins Ausland verlagern oder sie verbauen einfach Solarzellen aus Taiwan in ihren Modulen. „Beide Strategien werden es den Chinesen erlauben, die Importzölle zu umgehen, erklärt Shyam Mehta vom GTM Research. „Wir erwarten, dass die Verarbeitung der Zellen in Taiwan die Kosten der Chinesen um sechs bis zwölf Prozent erhöhen, was zwar ziemlich viel, aber dennoch überschaubar ist.“ (Sven Ullrich)