Der Handelskonflikt um Subventionen in der Solarbranche zwischen den USA und China weitet sich aus. Die Behörden in den USA und China haben Untersuchungen über die Subventionen in der Photovoltaikindustrie in den jeweils anderen Ländern begonnen. Nachdem Solar Wold, der Klageführer in den USA, angekündigt hat, auch in der Europäischen Union gegen die aus ihrer Sicht unfairen Handelpraktiken chinesischer Hersteller zu klagen, prüft jetzt auch Indien die Einführung von Schutzzöllen auf Importe von Solarprodukten, wie das chinesische Handelsministerium mitteilt. Dies würde sich aber nicht nur gegen billige Importe aus China, sondern auch gegen die Konkurrenz aus den USA richten. Hauptsächlich währen dann First Solar und Sun Power betroffen, die in Indien erhebliche Marktanteile haben.
Vom wachsenden Markt profitieren
Indien ist ein Markt mit Zukunft, der aber von ausländischen Herstellern und Projektentwicklern dominiert wird. Indische Produzenten wie Tata BP Solar, Indosolar und Moser Bear India hingegen verzeichnen anhaltend schwach Umsätze und können vom wachsenden Solarmarkt im Land bisher kaum profitieren. Immerhin prognostiziert das Beratungsunternehmen Bridge to India ein Ausbauvolumen von über 14 Gigawatt bis 2018. Bis 2022 könnte sich der Zubau von Solarstromanlagen auf eine Gesamtkapazität von mehr als 23 Gigawatt summieren, wie Bridge to India in einer aktuellen Studie errechnet.
Grund für die Nachteile indischer Hersteller gegen die ausländische Konkurrenz sind Finanzierungsunterschiede. Während indische Hersteller für Kredite bei einheimischen Banken 13 Prozent Zinsen zahlen müssen, bekommen Kunden, die ihre Projekte mit amerikanischen Firmen ausführen, von der US-Import-Export Bank ihre Kredite zu einem Zinssatz von nur drei bis vier Prozent. Damit liegen die Finanzierungsunterschiede bei bis zu zehn Prozent. Außerdem sind Importe von fertigen Solarprodukten aus China und den USA zollfrei. Die indischen Unternehmen müssen aber auf ihre Rohstoffe zur Herstellung eigener Module hohe Importzölle zahlen. Deshalb verlangen die indischen Produzenten vom Ministerium für Erneuerbare Energien neben einem Vorgehen gegen die chinesische Billigkonkurrenz auch einen Importzoll von 15 Prozent auf Dünnschichtprodukte. Das richtet sich direkt gegen den weltweit größten Dünnschichtproduzenten First Solar.
Debatte wird politisiert
Derweil warnen die amerikanischen Siliziumhersteller Dow Corning und Hemlock Semiconductor in einer gemeinsamen Pressemitteilung vor Nachteilen für alle Parteien, sollte sich der Handelskonflikt ausweiten. Als Grund nennen beide Unternehmen die Politisierung der Debatte in einer Zeit wirtschaftlicher Verschiebungen und der Unzufriedenheit. „Doch keine Nation oder Industrie wird ‚gewinnen‘, wenn sich dieser Streit ausweitet“, sagt Robert D. Hansen, Präsident und Geschäftsführer von Dow Corning. „Die Handelsbeschwerde, die der Solarmodulproduzent Solar World und sechs weitere US-amerikanische Photovoltaikhersteller gegen chinesische Photovoltaiproduzenten eingereicht haben, könnte den Fortschritt der Solarindustrie untergraben, gerade zu einem Zeitpunkt, an dem der Erfolg fortschreitet. Die unbeabsichtigten Folgen werden die offensichtliche Störung des Verhältnisses zu unserem wichtigsten Handelspartner übertreffen.“ Dow Corning und Hemlock Semiconductor befürchten, dass die Konfrontation die Möglichkeiten beider Länder gefährdet, von den wachsenden Märkten überall auf der Welt zu profitieren. „Die Solarindustrie reift weiter heran, die extrem sinkenden Modulpreise haben die Solarenergie erschwinglich gemacht, bringen Vorteile für Verbraucher und ermutigen Unternehmen zum Bau von Photovoltaikanlagen im großen Maßstab“, heißt es in der Pressmitteilung. „Durch anhaltende Investitionen heimischer und ausländischer Solarunternehmen kann die Solarenergie eine entscheidende Rolle im Energiemix unseres Landes spielen. Hier in den USA hoffen wir, dass die Fairness gewahrt wird, so dass die Untersuchung ohne Verbitterung, politischen Übereifer oder Protektionismus verläuft. Auf dem Spiel stehen US-amerikanische Arbeitsplätze, Exporte und Vorteile für die heimischen Verbraucher, die wiederum strategisch wichtig für den US-amerikanischen Markt sind.”
Keine Gefahr für die amerikanische Branche
Beide Unternehmen halten die Gefahr für die amerikanische Solarindustrie durch chinesische Billigimporte für überschaubar. Sie verweisen darauf, dass im Jahr 2010 die Nettoexporte der amerikanischen Solarbranche 5,6 Milliarden Dollar (etwa 4,29 Milliarden Euro) betrugen. Darunter waren Exporte im Wert von 400 Millionen (rund 306 Millionen Euro) nach China. Die Ausgaben für die Importe betrugen im gleichen Jahr lediglich 3,7 Milliarden Dollar (zirka 2,84 Millionen Euro). (Sven Ullrich)