Wenn es um die Wasserstoffelektrolyse – die Spaltung von Wasser in seine Bestandteile mit Hilfe von Ökostrom – geht, ist das Ziel immer, ein Speichermedium zu schaffen, mit dem der regenerative Strom über längere Zeiträume zwischengelagert werden kann. Doch auch technischer Wasserstoff muss in Zukunft klimaneutral mit Ökostrom produziert werden. So wird dieser in der chemischen Industrie in größeren Mengen als Grundstoff für vielfältige Produkte benötigt.
Fossile Rohstoffe vermeiden
Im sachsen-anhaltinischen Chemiepark in Leuna wird er beispielsweise für die Herstellung von Methanol benötigt. Etwa 700.000 Tonnen des einwertigen Alkohols stellt Total Energies Raffinerie Mitteldeutschland in Leuna jedes Jahr her. Bisher basiert die Produktion auf Methan als Ausgangsstoff, aus dem der Wasserstoff für die Methanolherstellung gewonnen wird, was mit einem entsprechend hohen CO2-Ausstoß verbunden ist. Total will diese Produktion zusammen mit dem Hersteller von Elektrolyselösungen für Großanwendungen Sunfire, dem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) und dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS) jetzt komplett ökologisch ausrichten.
Zusammenspiel von drei Prozessen
Denn die Projektpartner haben einen neuen Prozess entwickelt, den sie jetzt in Leuna testen. Er ist das Zusammenspiel von drei innovativen Prozessen: Die Nutzung von CO2 aus der Raffinerie, die Verwendung von grünem Wasserstoff, der durch Hochtemperaturelektrolyse erzeugt wird, und die anschließende Methanolsynthese auf einer neuen Plattform namens Hy2Chem, die zusammen mit dem Fraunhofer IMWS entwickelt wurde.
Sinnvolle Wiederverwendung von CO2 entwickelt
Dadurch könne man nicht nur den regional produzierten Ökostrom unter anderem aus de großen Windparks rund um Leuna direkt vor Ort nutzen. „Mit der innovativen Herstellung von synthetischem Methanol können Erdöl und Erdgas in der chemischen Industrie ersetzt und die benötigten Rohstoffe klimaneutral produziert werden“, erklärt Thomas Behrends, Geschäftsführer TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland. „Damit leisten wir einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Grundstoffchemie.“ Zudem entwickle man damit eine wirtschaftlich sinnvolle Wiederverwendung von CO2, die im Einklang mit den Klimaschutzzielen stehen, betont Marie-Noelle Semeria, Technologievorständin bei TotalEnergies. Sie verweist auf die vielfältige Verwendung des Methanols in Form von Alternativen zu Benzin und Diesel oder als Ausgangsprodukt für die Herstellung von nachhaltigen Flugzeugtreibstoffen.
Produktion mit unregelmäßigem Wasserstoffstrom
Eines der Kernstücke ist die Elektrolyseanlage, die Sunfire installiert hat. Sie hat eine Leistung von einem Megawatt und produziert den grünen Wasserstoff aus erneuerbarem Strom und Wasserdampf mit einem Wirkungsgrad von immerhin 80 Prozent. Dieser Wasserstoff wird dann mit hochkonzentriertem CO2, das als Abfallprodukt bei den anderen chemischen Prozessen anfällt, die in Leuna tagtäglich ablaufen, zu Methanol umgesetzt. Das geschieht in der neuen Pilotanlage Hy2Chem, die vorher im Rahmen des Hydrogen Lab Leuna entstanden ist. „Mit dieser Plattform können wir die Nutzung des regenerativ erzeugten Wasserstoffs zu Herstellung von Basischemikalien und Kraftstoffen in nachhaltigen Syntheseprozessen erstmals im großen Maßstab erproben – auch unter den Bedingungen eines fluktuierend anfallenden Wasserstoffstroms“, sagt Ulrike Junghans, die als Gruppenleiterin beim Fraunhofer CBP das Projekt koordiniert.
Vollständig in Chemieinfrastruktur integriert
Denn das Fraunhofer IMWS kann mit der Pilotanlage unterschiedliche Einspeiseprofile der erneuerbaren Energien simulieren, um so die Fluktuation im Tagesverlauf und zu unterschiedlichen Jahreszeiten zu teste. Damit können die Forscher nicht nur die Funktionstüchtigkeit der Anlage prüfen, sondern auch wichtige Erkenntnisse zur Auslegung und zu den Kosten der Systeme liefern. „Mit dem Hydrogen Lab Leuna betreiben wir die deutschlandweit ersten Systemteststände, die vollständig in ein Infrastrukturnetz der Chemieindustrie integriert sind und somit Projekte im Bereich der Power-to-X-Prozesse ermöglichen“, betont Moritz Kühnel von Fraunhofer IMWS. „Wir können technologieoffen industrielle Elektrolyseure im Realbetrieb testen, gemeinsam mit der Industrie weiterentwickeln und gleichzeitig wertvolle Erfahrungen zur Wasserstoffeinspeisung in das Pipelinesystem unseres Kooperationspartners Linde sammeln – und das bis zunächst fünf Megawatt“, beschreibt Kühnel das Potenzial der neuen Anlage.
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