„Wie die Bundesregierung in ihrem Monitoring-Bericht herausarbeitet, verläuft die Entwicklung bei den Zielindikatoren recht unterschiedlich. Bei einigen befinden wir uns auf dem Zielpfad (etwa bei der erneuerbaren Stromerzeugung), bei anderen liegen wir deutlich darunter (etwa bei den Treibhausgasemissionen und bei der Effizienz im Verkehr).“ So ziehen die Autoren der Kommission ihr Fazit über den Monitoringbericht des Jahres 2014 und zu den 2015 schon sichtbaren weiteren Entwicklungen.
So sehen die Experten wenig überraschend den Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor „mit Blick auf das Ziel bis 2020 einen Mindestanteil von 35 % am Stromverbrauch zu erreichen – auf der Zielgeraden.“ 2015 sei ein Anteil von 33 Prozent zu erwarten.
Weniger Bruttostromverbrauch
Auch der Rückgang des Bruttostromverbrauchs von 2008 an bis 2014 ist nach dem Urteil der Experten erfreulich: Dieser soll bis 2020 verglichen zu 2008 um zehn Prozent gemindert werden und war in den ersten sechs Jahren um 4,6 Prozent fast um die Hälfte gesunken. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass in den bisherigen Monaten des Jahres 2015 der Stromverbrauch wieder leicht ansteige.
Doch insbesondere beim CO2-Ausstoß sieht die Expertenkommission für die Politik kaum noch eine Chance, die Ziele zu erreichen. Dies sei nur noch zu schaffen, wenn die Emissionen bis 2020 jährlich um 28 Millionen Tonnen CO2 zurückgingen. Von 2000 bis 2014 allerdingmit den längerfristigen Veränderungen in den Jahren von 2000 bis 2014 aber seien die temperaturbereinigten Treibhausgasemissionen im Jahresschnitt nur „um kaum mehr als 9 Mio. t CO2“ zurückgegangen. Das Tempo müsste nun bis „2020 mindestens verdreifacht werden“.
Steigender Energieverbrauch im Verkehr
Auch beim Bruttoendenergieverbrauch, bei Primärenergieverbrauch, Endenergieverbrauch im Verkehr sowie der Endenergieeffektivität haben die Experten mehr oder weniger erhebliche Zweifel, dass die deutsche Energie- und Klimapolitik ihre Ziele noch erreichen kann. Im Verkehrssektor zeigen die Begutachter des Monitoringberichts leidenschaftslos aber mit nur zwei Vergleichszahlen auf, wie sehr manche Ziele offenbar gar nicht auf dem Radar der Klimapolitiker in Berlin auftauchen. So müsste der Energieverbrauch im Verkehr um jährlich zwei Prozent zurückgehen, nachdem er seit 2005 im Schnitt und Jahr für Jahr um 0,2 Prozent zugenommen hatte.
In ihrem eigenen Monitoringbericht lobt die Bundesregierung selbst, dass immerhin die Strompreise für Haushaltskunden Anfang 2015 erstmals seit über zehn Jahren sanken. Auch dass die Börsenstrompreise 2014 um weitere zehn Prozent sanken und 2015 weiter fielen, halten die Berichterstatter fest. Ebenso zählen sie auf der Habenseite, dass die Ausgaben für den Import fossiler Energieträger 2014 deutlich sank, von 95 Milliarden auf 81 Milliarden Euro. Dies sei sowohl niedrigeren Rohstoffpreisen und geringeren Importmengen zurückzuführen.
„„Zwei Wochen vor der Weltklimakonferenz wird die Bundesregierung endgültig aus ihren Klimaschutzträumen gerissen. Mit einem unnötig verschleppten Kohleausstieg, Tagträumereien bei der Energieeffizienz und Wunschdenken für die Elektromobilität lässt sich das deutsche Klimaziel nicht einhalten“, kommentierte Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup bereits die Ergebnisse aus der Expertenkommission.
Politik nicht stimmig
Das Entscheidende in den Beobachtungen der Experten über die Klimapolitik der Bundesregierung ist, dass diese Politik nicht stimmig ist. Da spricht die Regierung seit dem vorvorigen Umweltminister Norbert Röttgen von der CDU davon, die angeblich wuchernde Energiewende in gelenkte und in ihren Entwicklungssträngen aufeinander abgestimmte berechenbare Bahnen zu lenken. Der Erneuerbaren-Ausbau soll mit dem Netzausbau in Einklang kommen. Das Ausbautempo und die Vergütung sollen so abgestimmt sein, dass die Energiepreise nicht mehr steigen. Der Ausstieg aus alten konventionellen Kraftwerken soll im Tempo der Energiewende nur stattfinden, beziehungsweise umgekehrt.
Doch während die Bundesregierung für den Ausbau der erneuerbaren Energien enge Ausbaukorridore ins Gesetz schreibt, geht es eben bei anderen Entwicklungssträngen nicht voran.
Und während die Regierung in Diskussionen gerne Planmäßigkeit vor sich herträgt wie eine Monstranz, während sie es mit Reformen am Erneuerbare-Energien-Gesetz plötzlich ganz eilig hat, ist sie es an anderer Stelle wieder nicht. So zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel schon ab dem Sommer in Diskussionen über einen beschleunigten Kohleenergie-Ausstieg, um noch die Klimaschutzziele mit Hilfe einer zusätzlichen Reduktion der CO2-Emissionen um 22 Millionen Tonnen zu erreichen. Und im November gab er einen Plan bekannt, nachdem die Stromkunden 1,6 Milliarden Euro für die Aufgabe alter Kohlekraftwerke bezahlen müssen. Dabei reichen die Maßnahmen nur für 17 Millionen Tonnen aus.
Gabriel schafft kein Vertrauen
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete zudem jüngst, Bundeswirtschaftsminister Gabriel selbst habe vor Regierungsmitgliedern eingeräumt: "Ist doch klar, dass das Ziel nicht zu halten ist".
Es ist dieser Wechsel von planmäßig zu nicht planmäßig, von Eile zur Langeweile, die kein Vertrauen in ein Gelingen der Energiewende und in ein stabiles Umfeld für Investitionen aufkommen lassen.
Dabei könnte die Energieende sogar mit den jetzt wirksamen Ausbaulimits gelingen – und auch für eine einheimische Branche lukrativ bleiben. Dann aber müsste die Bundesregierung auch beweisen, dass sie die CO2-Emissionen eingrenzen will, dass andere Sektoren wie Wärme und Verkehr ebenso auf Erneuerbare umschalten. Dann käme in den Erneuerbare-Energien-Markt neue Dynamik hinein.
(Tilman Weber)