„Ich glaube, dass wir am Einspeisevorrang auch in Zukunft festhalten wollen“, sagte Altmaier beim Jahresempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, „jedenfalls … „ – als flächendeckend im großen Saal des Hotels in Berlin Mitte Applaus einsetzte. Altmaier ließ sich nicht beirren und fuhr ohne die Lautstärke anzuheben mit der Relativierung seiner Aussage fort, wohl für kaum jemandem in dem großen Saal hörbar. Als die gut halbminütige Beifallsbekundung geendet hatte, deutete der Umweltminister sogleich an, dass er derzeitige Renditeansprüche der Branche mit den im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verankerten Einspeisevergütungssätzen hinterfragen will: Natürlich wären ihm 15 Prozent übliche Erneuerbaren-Projekt-Rendite dank guter EEG-Tarife als Anleger privat lieber als die derzeit bei sieben oder acht Prozent liegenden marktüblichen Zinsen für mehrjährige Geldanlagen, erklärte der CDU-Politiker. Doch gerade die jüngeren kräftigen EEG-Tarif-Degressionen für die Einspeisung von Anlagen der Photovoltaik (PV) zeigten, dass diese für die betroffene Branche selbst eher zu spät gekommen seien.
"Gerade mal noch elf Prozent der installierten PV-Paneele in Deutschland" basierten inzwischen auf deutscher Produktion. Wäre die deutliche Degression früher vorgenommen worden, betonte der Minister, so wäre "der Markt weniger für ausländische Investoren interessant gewesen". Und die einheimische PV-Industrie hätte früher angefangen, nach Kostensenkungspotenzialen zu suchen. Dem Ausbautempo der installierten Leistung in Deutschland jedenfalls hätten die zuletzt mehrmaligen EEG-Tarifsenkungen im zweistelligen Prozentbereich nichts anhaben können.
Andererseits hält es der CDU-Politiker erklärtermaßen für unmöglich, den Erwartungen der Turbinenbauer und Windparkprojektierer vollständig zu entsprechen. Denn eine Einigkeit über die künftige Richtung der Windkraftförderung gebe es nicht. Während einige Akteure besonders Offshorewindkraft in sehr windreichen küstenfernen Meeresgebieten unterstützen wollten, andere eher Windparks in auch noch windreichen norddeutschen Landstrichen unterstützt haben wollen, plädiere eine dritte Partei für eine Extraförderung der Windkraft im Süden. Der dortige Ausbau sorgt dafür, dass Windkraft im Bundesgebiet gleichmäßig verteilt erzeugt wird.
Wille zu grundlegender EEG-Refom
Keinen Zweifel ließ der Minister daran, dass er das EEG grundlegend reformieren will. Das zentrale Fördergesetz habe die erneuerbaren Energien auf ein bereits hohes Ausbauniveau gebracht. Nun allerdings müssen sich die Akteure nach Meinung des obersten leitenden deutschen Umweltpolitikers "sehr viel stärker mit Systemfragen beschäftigen". Altmaier betonte das Ziel einer bezahlbaren Energiewende. Bei aller Kritik an der Berechnung der so genannten EEG-Umlage, die Mehrkosten für die Vergütung von Bioenergie-, Solar- oder Windstrom überwiegend auf private Verbraucher und auf kleinere Unternehmen umlegt, gelte: Durchaus könne auch die jüngste Strompreiserhöhung um über einen Cent pro Kilowattstunde durch die EEG-Umlage zum Jahreswechsel als tragbar eingestuft werden. Doch mittelständischen Unternehmern dürften künftig nicht mehr unvorhersehbare Strompreissprünge zugemutet werden.
Altmaier erklärte, für die Strompreisentwicklung sei das Ausbautempo mit entscheidend. Der Minister sprach sich für eine strategische Reserve aus: Diese sieht flexible Gaskraftwerke als Reserve einer unter sonnigen oder windigen Witterungen vollständig Erneuerbaren-Stromversorgung vor. Bei Windstille und zugleich fehlender solarer Einstrahlung auf PV-Paneele würden die Kraftwerke dieser Reserve einspringen - und dafür unabhängig vom Strommarkt vergütet werden. Welche Reformen sich von den bisher in die öffentliche Debatte eingebrachten Vorschlägen durchsetzen werden, wolle er zum jetzigen Zeitpunkt nicht festlegen, betonte Altmaier. "Ich wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, mich auf ein System zu Beginn der Debatte festzulegen und dieses dann zerschießen zu lassen."
Aufruf zur Problemlösung
An das Publikum gewandt, sagte der Bundesumweltminister, die Energiewende sei nicht mehr zu stoppen. Es gelte nun aber ihre Probleme zu lösen, sagte Altmaier und erntete dafür breiten Beifall.
(Tilman Weber)