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Ausschreibungen

Auf der Suche nach dem richtigen Design

In den Branchen der erneuerbare Energien sind sie umstritten, bei den Regierungen werden sie aber immer beliebter: die Ausschreibung von Einspeisetarifen. Zwischen 2005 und 2014 stieg die Zahl der Länder, die den Bau von Ökostromanlagen ausgeschrieben haben, von sechs auf 60. „In einer Zeit der rapide sinkenden Kosten und der wachsenden Verbreitung erneuerbarer Energien muss die Politik auf die Effizienz und Effektivität des Zubaus ausgerichtet werden“, betont Adnan Z. Amin, Generalsekretär der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA). „In diesem Zusammenhang ist eines der immer beliebter werdenden politischen Instrumente derzeit Ausschreibung von erneuerbaren Energien.“ Seine Mitarbeiter haben deshalb genau hingeschaut und die einzelnen Ausschreibungsdesigns untersucht und die Vor- und Nachteile herausgearbeitet. Die Ergebnisse sind jetzt in einem Leitfaden erschienen, der den Auktionären konkrete Hinweise gibt, welche Vor- und Nachteile Ausschreibungen bieten und welche Stolpersteine auf dem Weg zum perfekten Ausschreibungsdesign liegen.

Ausbau kontrollieren

Ein klarer Vorteil der Ausschreibungen ist, dass die Regierungen dadurch die Möglichkeit haben, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu steuern. In der Regel geht es darum, den Zubau zu begrenzen. Dass dies nicht immer zum Nachteil des Kunden ist, zeigt die französische Regierung. Sie hat den Zubau von Solaranlagen auf den französischen Inseln an die Integration von Speichern gekoppelt. Insgesamt hat die französische Energieregulierungsbehörde den Bau von 50 Megawatt Solaranlagen mit mindestens 25 Megawatt Speicher für die französischen Inseln ausgeschrieben. Diese Begrenzung macht durchaus Sinn. „Denn im Durchschnitt steuern die erneuerbaren Energien etwa 25 Prozent zur gesamten Energieerzeugung auf den Inseln bei“, erklärt Thomas Hillig, Geschäftsführer von Thenergy, einem Münchner Beratungsunternehmen, das sich vor allem auf die Installation von erneuerbaren Energien im Bergbau und auf Inseln spezialisiert hat. „Aufgrund ihrer Volatilität gefährden sie mittlerweile die Stabilität des Netzes, was eine gesetzliche Beschränkung in Höhe von 30 Prozent für erneuerbare Energien zur Folge hatte“, weiß Hillig. Um diese Begrenzung aufheben zu können, müssen die Anlagen optimal an die Anforderungen der Inseln angepasst werden. Dadurch ist in den jetzigen Ausschreibungsbedingungen festgelegt, dass eine Mindestkapazität von 0,5 Megawatt Speicher pro einem Megawatt Photovoltaik definiert ist. Außerdem müssen Speicher zu den bestehenden Systemen gebaut werden. „So wird die Photovoltaikeinspeisung an die Last angepasst“, erklärt Thomas Hillig.

Dass die Regierungen über die Ausschreibung aber auch den Ausbau der erneuerbaren Energien so stark ausbremsen können, dass die eigenen Ziele nicht erreicht werden, zeigt das Beispiel Großbritannien. Dort wurde der Zubau von Solaranlagen lange Zeit über Ausschreibungen gesteuert. Inzwischen hat London das Prozedere geändert, nachdem klar wurde, dass mit diesem Verfahren die Ausbauziele niemals erreicht werden. Die britische Regierung stieg um auf eine Förderung von Solaranlagen über eine Einspeisevergütung.

Nur das richtige Design kann Kosten senken

Ein zweiter Vorteil der Ausschreibungen ist, dass die Auktionäre – in der Regel sind dies die Regierungen – darüber die Möglichkeit haben, die tatsächlichen Kosten für die einzelnen Technologien zu ermitteln. Schließlich gehen die Bieter in der Regel mit dem für sie niedrigsten möglichen Preis in die Ausschreibungen. Wenn die Ausschreibungen technologiespezifisch organisiert werden, haben sie so auch die Möglichkeit, die Kosten für die einzelnen Technologien zu senken, da sie über den Wettbewerb Druck auf die Marktteilnehmer ausüben, Strom zu billig wie möglich zu produzieren. So haben die Autoren des Leitfadens herausgefunden, dass in Südafrika durch die Ausschreibungen die Kosten für Solarstrom um 39 Prozent und die Kosten für Windstrom um 23 Prozent gesenkt werden konnten. Ähnliche Effekte haben sie auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten beobachtet. Dort wurde in Dubai während einer Auktion mit sechs US-Cent der bisher niedrigste Preis für eine Kilowattstunde Solarstrom geboten. „Durch Auktionen haben wir den realen Maktpreis für Solarenergie herausgefunden, der seit 2010 um 65 Prozent gesunken ist“, bestätigt auch Upendra Tripathy vom indischen Ministerium für Neue und Erneuerbare Energien in Neu-Delhi.

Um tatsächlich die Kosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien über Ausschreibungen zu senken, müssen die Rahmenbedingungen für alle gleich sein. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Akteure zu den gleichen Bedingungen an den Ausschreibungen teilnehmen müssen. Dies gilt nur für Bieter mit gleichen Kostenstrukturen und gleichen Risikopräferenzen. Sind diese anders, müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass alle gleichberechtigt an den Ausschreibungen teilnehmen können. Für die Ausschreibung von Solarparks in Deutschland würde dies bedeuten, dass Bürgerenergie- oder genossenschaftliche Projekte unter anderen Bedingungen als die großen Energiekonzerne oder Projektentwickler teilnehmen. Nur dann würde auch ein klarer und unverzerrter Wettbewerb möglich und die Preise würden sinken. So war das Ergebnis der ersten Runde, dass die gewonnenen Marktprämien im Schnitt über der regulären Einspeisevergütung lagen.

Neben dem Risiko, dass die Kosten steigen, wenn der Wettbewerb während der Ausschreibung künstlich beschränkt wird, stehen auch die vergleichsweise hohen Transaktionskosten der Preissenkung für Solarstrom im Wege. Gerade diese benachteiligen vor allem die kleinen oder neuen Unternehmen, die an den Ausschreibungen teilnehmen wollen.

Risiken nicht unterschätzen

Der Wettbewerb hat auch Nachteile. Denn während viele Unternehmen mit regelrechten Kampfpreisen in die Ausschreibungen gehen, haben sie danach nicht die Möglichkeit, die Kraftwerke auch zu dem Preis zu bauen und wirtschaftlich zu betreiben, den sie in der Ausschreibung geboten haben. Mit solchen Widrigkeiten mussten in den vergangenen Jahren viele Länder, in denen Ausschreibungen stattfanden, Erfahrungen machen. Um dies zu verhindern, nützen Strafandrohungen nur wenig. Denn wenn ein Bieter erst einmal zahlungsunfähig ist, kann er auch keine Strafen mehr bezahlen.

Um die Risiken von Ausschreibungen zu begrenzen, müssen die Regierungen gründlich überlegen, wie sie das Design gestalten. Sie müssen genau abwägen, wie viel Leistung sie tatsächlich ausschreiben und in wie vielen Runden die Auktionen stattfinden sollen. Wird zu viel Leistung ausgeschrieben, verteuert dies den Strom für den Kunden. Wird zu wenig Leistung ausgeschrieben, kommen mögliche Projekte nicht zum Zuge und vor allem kleine Bieter werden benachteiligt. Dies führt auch dazu, dass Projektierer unrealistische Gebote abgeben, um einen Stromtarif zu gewinnen. Wenn die Anlagen hinterher aber mit diesem Tarif nicht wirtschaftlich betrieben werden können, läuft die Regierung Gefahr, dass diese Anlagen auch nicht gebaut werden. (Sven Ullrich)