Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat ein überraschend klares Votum für ein rot-grünes Bündnis in Düsseldorf gebracht. Um 20 Uhr hatten die Sozialdemokraten unter der ehemaligen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft 39,1 Prozent der Stimmen erreicht. Die Grünen kamen auf 11,4 Prozent. Damit kann diese Koalition künftig auf eine satte Mehrheit im Landtag bauen. Die FDP erreichte 8,6 Prozent, nur knapp mehr als die Piraten, die mit 7,8 Prozent erstmals in den Landtag einzogen. Mit 2,5 Prozent gingen die Linken in die außerparlamentarische Opposition.
Röslers Widersacher als Zugpferd
In nur zwei Monaten hatte der liberale Parteirebell Christian Lindner das Stimmungstief von etwas mehr als zwei Prozent überwunden und die Fünf-Prozent-Hürde genommen. Lindner hatte erst im Dezember 2011 im Machtkampf gegen den FDP-Bundesvorsitzenden und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler seinen Job als Bundesgeneralsekretär hingeworfen. Nun wird er als Nachfolger von Rösler gehandelt, der durch die Wahl in NRW als schwer angeschlagen gilt. Bei seinem Auftritt auf der Wahlparty der Liberalen erntete der Bundeswirtschaftsminister nur schwachen Applaus und Pfiffe.
Röttgen schwer erwischt
Noch schwerer hat es jedoch Bundesumweltminister Norbert Röttgen erwischt, der in NRW als Landesvorsitzender der CDU ins Rennen gegangen war. Die Partei brach auf 26,3 Prozent ein, das sind mehr als acht Prozent weniger als bei der letzten Wahl, die bereits ein historisches Debakel markiert hatte. Mit Schließung der Wahllokale erklärte Röttgen seinen Rücktritt als Landeschef. Die FAZ kommentierte: „Norbert Röttgens Niederlage ist so vollständig, dass er sie nicht mehr zum Gewinn umdeuten kann.“ In der Bundespolitik wurde er bis heute als Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel gehandelt. Nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse bezeichnete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" den 46-jährigen Politiker als „Kronprinz a.D.". Kommentar aus der Twittergemeinde: „Röttgen kann ab sofort im Politikerendlager besucht werden.“
Zweite Niederlage in 48 Stunden
In der abendlichen Wahlrunde beim Westdeutschen Rundfunk ließ er sich von Generalsekretär Oliver Wittke (CDU) vertreten. „Röttgen kneift und schickt Wittke in die Elefantenrunde. So ein Feigling“, kalauerten die Twitts. Die TV-Kommentatorin des WDR bezeichnete den Wahleinbruch der CDU als „desaströs, der die Partei durcheinander mischen wird.“ Für Röttgen ist es die zweite Niederlage innerhalb von 48 Stunden. Am Freitag hatten die Bundesländer mit deutlicher Mehrheit gegen die jüngste Novelle der Photovoltaikförderung gestimmt, nun liegt der Ball wieder im Bundestag. Am Sonntagabend fiel Röttgen in NRW durch. Selbst in seinem eigenen Wahlkreis in Bonn schaffte er nur 28,2 Prozent, während sein Gegenspieler von der SPD satte 45,8 Prozent der Stimmen einfuhr.
Grüne Energie auch für NRW
Der Wahlkampf in NRW tobte auch um die künftige Energiepolitik im westlichen Bundesland. „Ein wichtiges Thema im Wahlkampf war die Energiewende“, bestätigte Hannelore Kraft, Spitzenkandidatin der SPD und neue Ministerpräsidentin. „Da haben wir uns klar positioniert.“ Die Sozialdemokraten wollen neue Kohlekraftwerke bauen, „um die alten Dreckschleudern vom Netz zu nehmen“, wie Kraft in Aussicht stellte. Außerdem sagte sie: „Die Energiewende ist eine Chance für unser Land. Wir werden dafür sorgen, dass die erneuerbaren Energien stärker ausgebaut werden.“ (Heiko Schwarzburger)