Nur eine Minderheit der Menschen in Deutschland unterstützt die CO2- Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Wärme in der aktuellen Form: Lediglich sieben Prozent bezeichnen ihn als für ihren Haushalt „sehr akzeptabel“ und 19 Prozent „eher akzeptabel“. Weitere 21 Prozent sind bei der Bewertung unentschieden. Dagegen lehnt eine Mehrheit die CO2-Bepreisung als für sich „eher inakzeptabel“ (21 Prozent) oder „sehr inakzeptabel“ (32 Prozent) ab. Das ergibt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, für insgesamt 4.800 repräsentativ ausgewählte Erwachsene befragt wurden.
Zustimmung steigt mit dem Einkommen
Dabei zeigte sich: Die Akzeptanz hängt vom Einkommen ab. Wer sich große Sorgen um die wirtschaftliche Situation mache, lehne den CO2-Preis häufiger ab als Menschen ohne finanzielle Sorgen, heißt es in einer Presseinformation des IMK. Landbewohner sind skeptischer als Städter, das beeinflusst auch die Akzeptanzwerte in den unterschiedlichen Bundesländern. In den Stadtstaaten Hamburg (43 Prozent Akzeptanz) und in Berlin (32 Prozent) ist die Zustimmung noch am höchsten. In den ostdeutschen Flächenländern findet der CO2-Preis besonders wenig Unterstützung (zwischen 24 und 11 Prozent), auch im Saarland (16 Prozent) und in Niedersachsen (24 Prozent) sind die Werte relativ gering.
Drei Viertel fühlen sich schlecht über den CO2-Preis informiert
Zudem wissen die Menschen nicht gut über die Abgabe Bescheid: Bundesweit fühlen sich laut Studie rund drei Viertel der Befragten schlecht oder gar nicht über die CO2-Bepreisung informiert. Gleichzeitig überschätzten die meisten Befragten ihre aktuelle finanzielle Belastung durch den CO2- Preis drastisch, während sie die absehbare Kostenentwicklung in den kommenden Jahren unterschätzen, wenn ein unbegrenzter Marktmechanismus die bislang recht moderate politische Preissetzung ablöse und zu deutlich höheren Kosten führen dürfte, hieß es weiter.
Die Studienautoren Jan Behringer, Lukas Endres und Maike Korsinnek halten deshalb kurzfristig bessere Informationen zur CO2-Bepreisung für einen Weg, die Akzeptanz zu erhöhen. Um den Rückhalt in der Bevölkerung auch bei künftig deutlich steigenden CO2-Preisen zu sichern, sollte ihrer Ansicht nach zudem zeitnah ein Kompensationsmechanismus eingeführt werden, der vor allem untere und mittlere Einkommensgruppen entlastet.
Kompensation über direkte Zahlung
Hoch im Kurs steht dabei bei den Befragten eine direkte Zahlung an die Haushalte und zwar teilweise als pauschale Pro-Kopf-Zahlung (22 Prozent). Eine soziale Staffelung nach Einkommen präferieren Anhängern von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke überdurchschnittlich stark, zeigt eine differenzierte Auswertung nach politischen Präferenzen. Grünen-Wählern sind auch mehr als andere dafür, einen wesentlichen Teil der Einnahmen in einen Ausbau der öffentlichen Infrastruktur mit Klimaschutz-Effekt zu investieren, etwa in den öffentlichen Nahverkehr, die Bahn oder ein Ladenetz. Befragte, die Union, FDP oder AfD zuneigen, plädieren hingegen stärker für Rückzahlungen pauschal pro Kopf an die Bürger. Sie sind zudem eher dafür, mit einem Teil der Einnahmen die Einkommensteuer zu senken – obwohl das insbesondere Haushalten mit niedrigeren Einkommen wenig bringt.
Steigende Preise sind zu erwarten
Die Bepreisung des Treibhausgases CO2 gilt als besonders effektives Instrument im Kampf gegen die Erderhitzung, insbesondere, wenn sich die Preise am Markt bilden. Das soll im Europäischen Emissionshandelssystem ab 2027 auch für die Bereiche Verkehr und Wärme geschehen. Viele Experten erwarten dann einen raschen Anstieg des CO2-Preises auf 200 Euro und mehr pro Tonne, weil das mit den internationalen Klimazielen vereinbare CO2-Budget entsprechend knapp ist. Dementsprechend dürften dann auch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung stark steigen, die bislang in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen. So prognostiziert das Umweltbundesamt für den Zeitraum von 2027 bis 2032 bei einem durchschnittlichen Preis von 200 Euro pro Tonne CO2 ein Aufkommen von insgesamt knapp 240 Milliarden Euro. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung war ursprünglich zur Entlastung die Auszahlung eines Klimageldes an die Bevölkerung vorgesehen. Allerdings könnte eine solche Auszahlung nun womöglich erst 2027, also in der nächsten Legislaturperiode, kommen.
Fehlende Kompensation bedroht Klimapolitik
Eine mangelnde soziale Flankierung berge „die Gefahr, dass die Umsetzung der Klimapolitik von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfunden wird und die gesellschaftliche Akzeptanz der CO2-Bepreisung schwindet“, warnen die IMK-Forschenden Behringer, Endres und Korsinnek. „Bereits 2023 verdeutlichte die politische Kontroverse um die Reform des Gebäudeenergiegesetzes, in Folge derer es zu einer deutlichen Abschwächung des Gesetzes kam, dass fehlendes Vertrauen in die soziale Ausgewogenheit politischer Maßnahmen zum Hindernis für die Klimapolitik werden kann.“ Weitere Indizien dafür sehen sie in den Befragungsdaten: Im Vergleich zu früheren Studien fällt die Akzeptanz der CO2-Bepreisung etwas geringer aus. Als Gründe dafür führen die Forschenden, neben methodischen Unterschieden, unter anderem den stärker als erwartet gestiegenen CO2-Preis an sowie die politischen Auseinandersetzungen um den Klimaschutz. (kw)
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