Nachdem der Bundestag über die Kürzung der Solarförderung entschieden hat, sind nun alle Augen der Solarbranche auf den Bundesrat gerichtet. Der hatte sich gleich am Tag nach der Abstimmung im Bundestag erstmals mit dem Thema beschäftigt. Zwar sind die Unterlagen noch nicht in der Länderkammer angekommen, aber mit einem eigenen Entschließungsantrag der Länder Nordrhein-Westfalen und Brandenburg war das Thema schon mal auf der letzten Sitzung am Freitag der vergangenen Woche auf der Tagesordnung. Die heftige Diskussion ist nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was die Länderkammer am 11. Mai erwartet, wenn das Gesetz im Bundesrat zur Abstimmung gelangt. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) verteidigte nochmals die Novelle und sieht die Kürzungen weiterhin als notwendig und angemessen an. „Wir haben im Bundestag ein Gesetz beschlossen und ich plädiere sehr dafür, dass sich die CDU dem auch in den Ländern anschließt“, sagt er der in Sachsen-Anhalt erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung.
Ablehnung klar gemacht
Die SPD-geführten Länder haben erwartungsgemäß schon mal klar gemacht, dass sie das Gesetz auch im Bundesrat ablehnen werden. Sie kritisieren vor allem das Marktintegrationsmodell. Dass die Betreiber von kleinen Solaranlagen nur noch 80 Prozent ihres produzierten Stroms vergütet bekommen, „ist aus ökologischen und sozialen gründen falsch“, sagt die Rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (SPD). „Die Novelle schießt über das Ziel notwendiger Anpassungen hinaus. Wenn Hauseigentümer gezwungen werden, bis zu 20 Prozent ihres erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen oder zu vermarkten, bedeutet das eine Kürzung der Vergütung. Hier wird so getan, als lasse sich Stromverkauf einfach in der Nachbarschaft bewerkstelligen.“ Für Eveline Lemke ist die Nachsteuerung der Koalition nicht ausreichend. Vor allem aber befürchtet sie „verheerende ökonomische Auswirkungen: für das Handwerk und für eine mittelständische Industrie, die sich zu einem regelrechten Beschäftigungsmotor entwickelt hat“, so Lemke. „Gerade die kleinen, neuen und innovativen Unternehmen werden von der Bundesregierung und den Fraktionen von CDU/CSU und FDP mal wieder im Regen stehen gelassen. Das untergräbt die Akzeptanz der erneuerbaren Energien und ist das Gegenteil von dem, was die Menschen wollen, nämlich mehr erneuerbare Energien und mehr Wettbewerb im Strommarkt. Am schlimmsten wiegt, dass mit der Novelle Planbarkeit und Verlässlichkeit unmöglich geworden sind und damit die Axt an die Wurzel des Erfolgs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gelegt wird.“ Außerdem ist jegliche Deckelung des Ausbaus der Erzeugung von Sonnenenergie unvereinbar mit dem Ziel einer Energiewende. Die ist ohne Photovoltaik nicht zu schaffen. Lemke kündigt jetzt schon an, weiter hart verhandeln zu wollen.
Spekulationen über das Abstimmungsverhalten
Doch jetzt beginnen die Spekulationen, ob es der Länderkammer wenigsten gelingt, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das könnte sie mit einer absoluten Mehrheit tun, wofür man die Stimmen mindestens zweier unionsgeführter Bundesländer braucht. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) hofft darauf, dass das gelingt und im Vermittlungsausschuss wenigstens entscheidende Nachbesserungen vorgenommen werden. Der Branchenverband erhofft sich vor allem, dass die Kürzungen für Anlagen mit einer Leistung zwischen 10 und 100 Kilowatt nicht so heftig ausfallen. Immerhin machte dieses Segment im letzten Jahr etwa die Hälfte des gesamten Photovoltaikmarktes in Deutschland aus. Betroffen wären Solarstromanlagen auf Schuldächern, Mehrfamilienwohnhäusern, landwirtschaftlichen Gebäuden und Gewerbebetrieben. „Hier haben sich in der letzten Zeit viele Genossenschaften und Bürgerbeteiligungen gebildet“, betont Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Diesen darf die Politik jetzt nicht die Grundlage entziehen. Für den Erfolg und die Akzeptanz der Energiewende ist es von großer Bedeutung, dass auch in Zukunft Menschen mit kleinem Geldbeutel oder Mieter ohne eigenes Hausdach an der Energiewende teilhaben können.“ Der BSW-Solar fordert, dass die Vergütung nicht wie geplant von 24,4 auf 16,5 Cent pro Kilowattstunde abgesenkt wird, sondern dass man sie zunächst einmal nur auf 18,5 Cent pro Kilowattstunde senkt. Außerdem wiederholt der Verband seine Forderung, die sogenannte Marktintegration aus der Novelle zu streichen. „Nicht hinnehmbar ist, dass Solarstromanlagenbetreiber in diesem Marktsegment zukünftig für zehn Prozent des erzeugten Solarstroms überhaupt keine Förderung mehr erhalten sollen“, macht der BSW-Solar deutlich. „Dies komme einer zusätzlichen Förderkürzung gleich und erhöhe das Investitionsrisiko, da der Eigenverbrauch von Solarstrom hier im Regelfall nicht möglich ist.“ Mit einer Zweidrittelmehrheit könnte man das Gesetz sogar stoppen, was aber immer weniger wahrscheinlich erscheint.
Nicht auf die Brücke gekommen
Die Ländervertreter von Union und FDP tun sich schwer, die Stimme gegen das Gesetz zu erheben. So hat Niedersachsen jetzt schon angekündigt, dass es dem Gesetz zustimmen werde. Auch Bayern hat sich zufrieden mit den jetzigen Formulierungen gezeigt und Sachsen gilt als unsicherer Kantonist in der Ablehnungsfront. Dort riskiert der CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich einen Streit mit seinem Koalitionspartner FDP Die äußerte in Person des Wirtschaftsministers Sven Morlock Zustimmung und drängt darauf, dass Sachsen dem Gesetz zustimmt.
„Wir haben mit unserem Antrag eine Reihe von Verbesserungen an der Novellierung des EEG vorgeschlagen und damit auch den CDU-geführten Ländern eine Brücke gebaut, die es ihnen erlaubt hätte, die Vorlage der Bundesregierung in einigen aber wesentlichen Aspekten substantiell zu verbessern, ohne damit in die Niederungen des Landtagswahlkampfes reinzurutschen“, sagt Eveline Lemke nach der Sitzung „Sie hätten damit auch die Solarindustrie in ihren Ländern vor übermäßigen und übereilten Kürzungen der Solarförderung geschützt. Diese Brücke wollten die schwarz-gelb regierten Länder heute nicht beschreiten, das bedauern wir außerordentlich.“
Widerstand im Osten
In einigen unionsregierten Bundesländern mit den größten Produktionsstandorten der Solarindustrie regt sich aber weiter Widerstand, so dass die Hoffnung darauf bleibt, dass das Gesetz wenigstens verzögert werden könnte. Der Sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) appellierte in der Debatte im Bundesrat an Bundesumweltminister Norbert Röttgen, die Kürzungen weiter zu entschärfen. „Geben sie noch weitere deutliche Signale, dass die erneuerbaren Energien vor allem in den Produktionsstandorten eine Chance habe“, fordert Haseloff. „Zeigen sie, dass wir in den nächsten sechs Wochen noch weiter im Gespräch bleiben, damit wir am 11. Mai hier im Bundestag kein Desaster mit dem Gesetz erleben.“ Schließlich hat er schon einen kleinen Vorgeschmack, was auf die Ostländer mit ihrer Solarproduktion zukommt, würden die Befürchtungen der Branche Realität, dass es zu weiteren Insolvenzen kommen könnte. Denn mit dem Werk von Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen ist der größte Solarhersteller der Region ins Strudeln geraten und es stehen allein in der strukturschwachen Region um Bitterfeld 1.300 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Zwar ist die ständige Kürzung der Solarförderung nur eines der Probleme, die die Insolvenz von Q-Cells verursacht haben. Aber das wird nicht einfacher, wenn die EEG-Novelle so wie sie ist, auch im Bundesrat durchgewinkt wird. Auf der anderen Seite ist er aber mit dem Problem konfrontiert, dass seine Ablehnung bei Parteikollegen gar nicht gut ankommt, sollte Norbert Röttgen die Wahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai verlieren. Aber Haseloff steht nicht allein in der Ablehnungsfront. Unterstützung bekommt er immer noch von Christine Lieberknecht (CDU), Ministerpräsidentin von Thüringen. Und auch die saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer deutete Widerstand an. „Im Gesetz ist noch nicht alles enthalten, was ich mir vorstelle“, sagt sie. „Wir sind aber in der Diskussion.“ (Sven Ullrich)