Europa baut zu wenig neue Windenergieanlagen, um seine Energie- und Klimaziele zu erreichen. Laut der aktuellen Jahresstatistik des europäischen Windenergieverbandes Wind Europe wurden in der EU im Jahr 2021 lediglich Windparks mit einer Gesamtkapazität von nur 11 GW gebaut. Für die Jahre 2022 bis 2026 prognostiziert die Statistik einen jährlichen Zubau von 18 GW. Die EU benötige jedoch 30 GW pro Jahr, um ihr Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen, heißt es in einer Presseinformation. Europa als Ganzes hat demnach im vergangenen Jahr 17,4 GW an neuer Windenergie installiert. Damit erhöht sich die installierte Gesamtkapazität auf 236 GW.
Großbritannien vorn, Deutschland auf Platz 3
81 Prozent der neuen Kapazitäten in Europa waren laut Wind Europe Onshore-Windenergieanlagen. Die Länder, die im vergangenen Jahr die meisten neuen Windkraftanlagen errichtet haben, waren Großbritannien, Schweden, Deutschland, die Türkei und die Niederlande. Schweden liegt vorn bei der Onshore-, Großbritannien bei der Offshore-Windenergie.
Die Wind Europe-Jahresstatistik entwirft einen pessimistischen Ausblick: Zu wenig Windenergie werde zugebaut, um das Ziel der EU von 40 Prozent erneuerbarer Energien bis 2030 zu erreichen. Drei Viertel der Neuinstallationen werden weiterhin auf Onshorewind entfallen. Wind Europe rechnet damit, dass sich der deutsche Markt wieder erholt und Deutschland in den nächsten fünf Jahren die meisten neuen Windkapazitäten installieren wird, gefolgt von Großbritannien, Frankreich, Spanien und Schweden.
Problem: Zu wenig Genehmigungen
Der Ehrgeiz der Regierungen sei nicht das Problem, sondern die Genehmigungen, kritisiert der Windenergieverband. So hätten die meisten EU-Länder ehrgeizige nationale Ziele für den Ausbau der Windenergie. Doch die Genehmigungen blieben der größte Engpass - in Europa würden nicht annähernd so viele neue Windparks genehmigt, wie benötigt werden. Zudem hielte fast keiner der Mitgliedstaaten die in der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien vorgeschriebenen Fristen für Genehmigungsverfahren ein. Die Gründe lägen in den zu komplexen Genehmigungsvorschriften und -verfahren und einer mangelnden Personalausstattung der Genehmigungsbehörden.
In einem Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, erklärt Wind Europe, wie sich die geringe Zahl der genehmigten Projekte auf die europäischen Windturbinenhersteller und die gesamte Lieferkette auswirkt und wie die Branche auch mit höheren Preisen für Stahl und andere Rohstoffe zu kämpfen hat. Im Jahr 2021 hätten vier der fünf europäischen Windturbinenhersteller mit Verlust gearbeitet, so Wind Europe.
„Europäische Windindustrie schrumpft, statt zu wachsen“
„Die europäische Windindustrie verliert Geld, schließt Fabriken und baut Arbeitsplätze ab - und das gerade dann, wenn sie eigentlich wachsen sollte, um den enormen Ausbau der Windenergie in Europa zu bewältigen. Wenn das so weitergeht, ist der Green Deal in Gefahr, ganz zu schweigen von den europäischen Energiesicherheitszielen“, sagt Wind Europe-CEO Giles Dickson.
Er betonte, Europa müsse jetzt handeln, um sicherzustellen, dass seine Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien von europäischen Unternehmen und europäischen Arbeitnehmern umgesetzt werden können. „Die Lösungen liegen auf der Hand: Vereinfachung der Genehmigungsverfahren, Förderung von Innovationen und eine Zusicherung, dass die Regierungen den Wert der europäischen Industrie für die Gesellschaft, die Umwelt und die Energiewende anerkennen und belohnen.“ Die Industrie warte auf grünen Strom, unterstrichen Vertreter verschiedener Industrieverbände. (kw)
Das ist ebenfalls interessant für Sie:
Regierung will neun GW Wind-Auktionen jährlich
Indien will 30 GW Offshore: RWE und Tata in den Startlöchern
CEO Matthias Taft über das Floating-Offshore-Projekt von Baywa RE vor der schottischen Küste