Die „teilweise Abschöpfung von Zufallsgewinnen“ an der Strombörse soll dazu beitragen, die von der Bundesregierung im dritten Entlastungspaket angekündigte Strompreisbremse zu finanzieren. Da sich die Produktionskosten für die meisten Stromproduzenten – etwa die Erneuerbaren, Kohle- oder Atomstrom – nicht änderten, sich der Erlös aber an hohen Preis für Strom aus Erdgas orientiere, entstünden „für sie derzeit enorme Gewinne (…), die weitgehend unerwartet waren“, heißt es dem „Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen.
Umgekehrte EEG-Umlage
So soll ein Höchstwert für die Erlöse am Spotmarkt festgelegt werden. Ergibt sich eine Differenz zwischen Großhandelspreis und Erlösobergrenze, wird der überschüssige Betrag an den Verteilnetzbetreiber abgeführt, heißt es dort weiter. Abgewickelt wird dieser „umgekehrte Weg der EEG-Umlage“ dann über „etablierte Zahlungswege aus der EEG-Förderung“.
Marktwerte erreichen 27 Cent pro Kilowattstunde und mehr
Dass dann möglicherweise Zahlungen der EE-Anlagenbetreiber fällig werden, ist an den Marktwerten für EE-Strom erkennbar, den die Übertragungsnetzbetreiber monatlich veröffentlichen: Während die Werte 2019 vor den Einbrüchen durch die Corona-Krise zwischen zwei und vier Cent pro Kilowattstunde lagen, liegen die Juli-Werte um die 27 Cent pro Kilowattstunde.
Das EEG sieht derzeit vor, dass der Anlagenbetreiber die Differenz zu seinem Zuschlag in der Auktion ausgezahlt bekommt, wenn der Marktpreis unterhalb des bezuschlagten Preises fällt. Liegt er darüber, darf er die Gewinne behalten. Hier will die Bundesregierung jetzt „abschöpfen“. Über die Höhe des geplanten Höchstwertes machte das Papier indes keine Aussage.
Branche fürchtet Investitionsausfälle
Proteste kamen umgehend vom BEE. Die „Maßnahmen dürfen aber auf keinen Fall die Akteure der Erneuerbaren-Energien-Branche treffen, die aufgrund von Lieferengpässen, steigenden Materialpreisen und anderen Hürden mit Mehrkosten zu kämpfen hat“, hatte die Vorsitzende Simone Peter mit Blick auf die angekündigte europäische Regelung gesagt. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, warnte, die notwendigen massiven „Investitionen in die Energiewende dürfen durch eine Übergewinnsteuer nicht vermindert werden“.
Studie des DIW plädiert für Differenzverträge
Das DIW Berlin hat unterdessen nachgerechnet, welche Auswirkungen die Umstellung auf Differenzverträge (Contracts for Difference / CfD) hätte. Sie böten den Vorteil, dass sie nicht nur die Stromproduzenten vor fallenden, sondern auch Kundinnen und Kunden vor steigenden Strompreisen schützten, so das Ergebnis einer aktuellen Studie. „Wenn die Bundesregierung ihre Ausbauziele für Erneuerbare erreichen will, sollte sie die bereits etablierte gleitende Marktprämie zu Differenzverträgen weiterentwickeln“, sagt Karsten Neuhoff, Koautor und Leiter der Abteilung Klimapolitik im DIW Berlin.
Differenzverträge verpflichten die Betreiber, Mehrerlöse abzugeben. Davon profitierten die Kunden: Für sie würde der Strom aus Erneuerbaren laut DIW im Jahr 2030 im Durchschnitt um bis zu 800 Millionen Euro billiger werden als im aktuellen Fördersystem.
„Differenzverträge hätten von Januar bis Juli rund 5 Milliarden Euro eingespart“
Außerdem sei die Kundenseite vor extremen Preisanstiegen geschützt, wie sie momentan zu beobachten sind. „Wären in der Vergangenheit Differenzverträge statt der gleitenden Marktprämie vergeben worden, hätten Stromkunden von Januar bis Juli rund fünf Milliarden Euro eingespart“, erklärt Koautor Jörn Richstein mit Blick auf die momentane Extremsituation am Strommarkt. „Wenn die Großhandelspreise so bleiben wie aktuell erwartet, würden sie bis Jahresende weitere 15 Milliarden Euro einsparen.“
Eine Gefahr für den Ausbau erneuerbarer Energien sehen die Autoren durch die Einführung von CfD nicht. Sie sorgten dafür, dass der Wettbewerb zwischen den Bietenden vor allem an deren Kosten orientiere. „Auf diese Weise schaffen Differenzverträge Stabilität für die notwendigen Investitionen in die Transformation unseres Energiesystems“, resümiert Koautor Mats Kröger. (kw)
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