Die dreißig CO2-intensivsten Industrieanlagen in Deutschland verursachten im vergangenen Jahr 58 Millionen Tonnen CO2-Emissionen: Auf die „Dirty Thirty” entfielen 2022 rund ein Drittel der im Klimaschutzgesetz definierten Emissionen des Industriesektors und acht Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands. Das zeigt ein neuer Bericht des Öko-Instituts im Auftrag des WWF Deutschland, der die Industrieemissionen von Anlagen im Emissionshandel (ETS) analysiert.
WWF fordert Klimaschutzstrategie für die Industrie
„Der Industriesektor ist ein Schwergewicht beim CO2-Ausstoß und damit auch beim Klimaschutz. Ihn zu transformieren ist eine der wichtigsten Aufgaben für Politik und Wirtschaft“, sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland. „Leider wurde diese Aufgabe bisher nicht strukturell adressiert.“
Sie forderte die Bunderegierung auf, eine umfassende Strategie zum Klimaschutz in der Industrie vorzulegen, die Planungs- und Investitionssicherheit schaffe, so dass die gesamte deutsche Industrie Prozesse und Rohstoffnutzung schneller umstellt und einen Klimaschutzbeitrag leiste.
„Streichung kostenloser CO2-Zertifikate kommt zu spät“
Die Emissionen des Industriesektors seien seit Einführung des europäischen Emissionshandels (ETS) mit Ausnahme von Krisensituationen nahezu konstant, heißt es in einer Pressemitteilung des WWF. Der ETS ist bislang das Hauptinstrument zur Dekarbonisierung des Industriesektors. „Durch die Vergabe kostenloser CO2-Zertifikate an die Industrie wurde das CO2-Preissignal abgeschwächt und der Anreiz, auf klimafreundliche Verfahren und Technologien umzustellen, entfiel“, erläutert Raddatz. Das Auslaufen der kostenlosen Zuteilung bis 2034 komme zu spät, kritisierte sie. Die Regierung müsse jetzt handeln.
Spitzenregion Duisburg
Der Analyse zufolge entfallen die ersten 13 Ränge der „Dirty Thirty” auf Anlagen der Eisen- und Stahlerzeugung. Die Spitzenposition nimmt ein Hüttenwerk von ThyssenKrupp in Duisburg ein mit 7,9 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2022. Insgesamt gehen 47 Prozent der industriellen ETS-Emissionen auf das Konto von Eisen und Stahl (51 Millionen Tonnen). Aber auch in der Zement- und Chemieindustrie sind CO2-Emissionen hoch. Auf das Zementwerk in Rüdersdorf bei Berlin entfallen beispielsweise 1,1 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2022. In Summe gehen 25 Prozent der industriellen ETS-Emissionen auf die Zement- und Kalkherstellung zurück (27 Millionen Tonnen), auf die Chemieindustrie 15 Prozent (14 Millionen Tonnen CO2). Unterm Strich hat die Industrie in Deutschland die zweithöchsten Emissionen nach der Energiewirtschaft.
„Für die Dekarbonisierung der Industrie braucht es regulatorische Leitlinien und Förderung, die auch kleinen Unternehmen zur Verfügung steht“, forderte Raddatz. So dürfen laut WWF staatliche Fördergelder grundsätzlich nur in klimaschützende Maßnahmen fließen, insbesondere der Produktion von grünem Wasserstoff. Der Hochlauf von grünem Wasserstoff müsse mit ausreichend Erneuerbaren-Kapazitäten unterfüttert sein, dafür brauche es auch eine gesamtheitliche Infrastrukturplanung. Die Abscheidung von CO2 durch Technologien wie CCU und CCS sollte nur für nicht vermeidbare prozessbedingte Emissionen eingesetzt werden. (kw)
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