Immerhin versucht Brigitte Zypries, Wort zu halten. Die Referenten der Bundeswirtschaftsministerin haben ein Mieterstromgesetz entworfen. Ja, richtig, ein Gesetz und keine Verordnung, wie es im EEG 2017 vorgesehen ist. Das geht nämlich nicht, weil die Bundesregierung nicht einfach den Mietern einen Teil der EEG-Umlage – wie hoch dieser auch ausfallen möge – für den selbst verbrauchten Solarstrom vom Dach des Wohnhauses erlassen will. Vielmehr will sie eine Förderung einführen. Der Betreiber einer Mieterstromsolaranlage bekommt einen Teil des Verkaufspreises an die Mieter vom EEG-Konto bezahlt. Genau 8,5 Cent pro Kilowattstunde weniger als wenn er den Strom ins Netz einspeisen würde. Damit liegt die Förderung zwischen 2,21 und 3,81 Cent pro Kilowattstunde, je nachdem wie groß die Anlage ist. Die Mieter müssen dann also nur noch mindestens diese 8,5 Cent bezahlen, um dem Anlagenbetreiber einen Anreiz zu geben, den Strom nicht ins Netz einzuspeisen.
Solarstrom ist wettbewerbsfähig
Das ist zwar ein klarer und einfach zu kalkulierender Preis. Doch mit der Absenkung der EEG-Umlage auf den Wert des gewerblichen Eigenverbrauchs müssten die Mieter 4,128 Cent pro Kilowattstunde weniger für ihren Strom bezahlen, ein Unterschied von 0,3 bis fast zwei Cent. Nun betrifft diesen Unterschied von fast zwei Cent aber vor allem kleine Anlagen mit einer Leistung von weniger als zehn Kilowatt. Das ist aber nicht das derzeit gängige Mieterstrommodell. Hier geht es eher um größere Anlage und damit de facto eher um die 0,3 Cent, um die die Bundesregierung hier im Vergleich zur einfachen Absenkung der EEG-Umlage feilscht, was mit einem kleinen Rechtsakt schnell umgesetzt wäre.
Da mag man sich schon fragen, warum sich die Bundesregierung mehr Arbeit macht, als eigentlich notwendig wäre. Die Antwort liegt auf der Hand. Es geht nicht um 0,3 Cent mehr oder weniger, das wäre auch mit einer Verordnung möglich gewesen. Hier geht es ums Prinzip. Denn Förderung hat einen faden Beigeschmack. Es klingt so als wäre Solarstrom noch immer nicht wettbewerbsfähig oder wirtschaftlich, was aber nicht stimmt, wie die Preisentwicklung der letzten Jahre gezeigt hat.
Trotzdem nutzen die Referenten von Frau Zypries dieses fadenscheinige Argument als Begründung, dass eben eine Förderung notwendig sei. Sie argumentieren damit, dass beim Mieterstrom zwar einige Kostenbestandteile wegfallen. Aber die Projekte doch oft nicht wirtschaftlich seien. Nun, bei Lichte betrachtet ist das erst einmal nicht falsch, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit. Wirtschaftlich werden solche Projekte vor allem dort, wo die Netzgebühren besonders hoch sind. Dadurch entsteht eine Spanne zwischen Solarstrompreis inklusive aller noch anfallenden Abgaben und dem Preis für den Strom aus dem Netz.
Zuschläge drücken die Rentabilität
Um diese Spanne nicht von den Netzgebühren abhängig und in ganz Deutschland möglich zu machen, kamen die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf die Idee, für den Mietersolarstrom ganz einfach die EEG-Umlage zu verringern. Dann kann von fehlender Wirtschaftlichkeit keine Rede mehr sein. Diese hängt nämlich nicht am Gestehungspreis des Solarstroms. Der ist in den Mieterstrommodellen längst mehr als abgedeckt. Vielmehr liegt es an den Aufschlägen, die für den im Gebäude selbst verbrauchten Strom verlangt werden.
Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Photovoltaik weiter am Fördertropf behalten, statt sie endlich vom Gängelband der Bevormundung aus Berlin zu lassen. Sei es die EEG-Umlage auf den gewerblichen Eigenverbrauch, die Vorstöße zur Abschaffung der Stromsteuerbefreiung von lokal verbrauchtem Solarstrom und jetzt das Mieterstromgesetz – alles zielt darauf ab, den Eigenverbrauch zu torpedieren und die Anlagenbetreiber zur Einspeisung des Solarstroms gegen eine Vergütung zu bewegen.
Eigenverbrauch ist keine Entsolidarisierung
Zur Begründung werden wieder die gleichen, faulen Argumente herangezogen. Neben der angeblich fehlenden Wirtschaftlichkeit malt man im Wirtschaftsministerium auch dieses mal wieder den Teufel der Entsolidarisierung an die Wand. Die Stromverbraucher, die keine Mietersolarstromnutzer sind, würden bei der Zahlung der EEG-Umlage mehr belastet, wenn der Solarstrom von einigen Mietern direkt im Gebäude genutzt würde. Das war schon bei der Einführung der Sonnensteuer falsch und taugt als Begründung für die EEG-Umlage auf Mieterstrom genauso wenig. Denn jede Kilowattstunde, die direkt vor Ort genutzt wird, muss nicht von Übertragungsnetzbetreibern unter einem uralten Strommarktregime an der Börse verramscht werden. Dadurch würde für den Mieterstrom auch keine Deckungslücke auf dem EEG-Konto entstehen, die von den Verbrauchern geschlossen werden muss.
Im Gegenteil: Der Mieterstrom entlastet das EEG-Konto mit der Zahlung einer anteiligen EEG-Umlage, wovon die gesamte Branche in den letzten Monaten ausgegangen ist. Statt dessen soll eine Förderung eingeführt werden, die wieder über das EEG-Konto abgewickelt werden muss. Das verursacht jährlich EEG-Kosten von 130 Millionen Euro pro Jahr, wenn das vorgegebene Potenzial vollständig genutzt wird. Diese würden entfallen, wenn einfach die EEG-Umlage gesenkt würde, auch wenn diese Summe angesichts der Beträge, die über das EEG-Konto gewälzt werden, eher bescheiden sind.
Eigenverbrauch entlastet die Netze
Doch das liegt wiederum an den ebenfalls eher bescheidenen Potenzialen für den Mieterstrom – zumindest im Wohngebäude. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet mit 3,6 Terawattstunden, die Branche mit vier Terawattstunden, die von den Mietern mittelfristig verbraucht werden können. Das ist etwa ein Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. Aber immerhin fast das Dreifache des jetzigen Eigenverbrauchs, was eine entsprechende Entlastung der Netze und damit Kostensenkungen bedeutet.
Neben diesem Grundfehler geht das Gesetz allerdings schon mal in die richtige Richtung. Immerhin wird dadurch die Spanne zwischen Mieterstrom aus der Solaranlage und Strom aus dem Netz größer und die Projekte so auch umsetzbar, auch wenn mehr drin gewesen wäre. Allerdings hat das Gesetz einige entscheidende Strickfehler, die schon vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) benannt wurden.
Lieferung ins Nachbargebäude zulassen
So kritisieren die Branchenvertreter, dass der Strom nicht ins Nachbargebäude geliefert werden darf, auch wenn das nicht über das allgemeine Netz geschieht. Dies würde den Eigenverbrauchsanteil von Anlagen auf großen Wohnkomplexen erhöhen. Die Branchenvertreter schlagen deshalb vor die Definition des räumlichen Zusammenhangs zu nutzen, wie sie auch im Stromsteuergesetz angewendet wird.
Zudem sieht das Gesetz umfangreiche Meldepflichten für die Betreiber von Mieterstromanlagen vor. Hier kritisiert der BSW Solar zu recht, dass das für Betreiber von kleinen Anlagen mit einer Leistung von bis zu zehn Kilowatt, die den Mieter in einer Einliegerwohnung ihres Eigenheims beliefern, eine komplett überzogene bürokratische Hürde ist. Deshalb fordern die Branchenvertreter, die Melde- und Lieferantenpflichten auf Anlagen mit einer Leistung von mehr als zehn Kilowatt zu beschränken.
Zubaudeckel ist sperrig
Unverständlich und wenig praktikabel ist zudem der Zubaudeckel für Mieterstromprojekte von 500 Megawatt pro Jahr. Denn kein Planer weiß, wann diese 500 Megawatt erreicht sind. Zwar wird die Bundesnetzagentur angewiesen, eine entsprechende Meldung abzugeben, wenn sich der Zubau dem Deckel nähert. Für viele Anlagen wird dann aber diese Meldung zu spät kommen, da sie dann schon geplant sind. Ebenso unverständlich ist die Begrenzung der Projekte auf 100 Kilowatt. Auch hier sollte die Bundesregierung der Photovoltaikbranche freie Hand lassen. Denn die Planer wissen schon, wie viel Anlagenleistung sie auf das Dach eines Wohnhauses bauen können, um auch einen erklecklichen Eigenverbrauchsanteil zu erreichen. (Sven Ullrich)