Um die Wärmeversorgung klimaneutral zu organisieren, müssen Städte und Kommunen auch ungewöhnlich Wärmequellen erschließen. Eine davon: industrielle Abwärme, die durchaus nennenswerte Beiträge liefern kann. So hat eine aktuelle Studie für Berlin ermittelt, dass bis zu zehn Prozent der Wärmeversorgung über Abwärme funktionieren kann.
Abwärmenutzung strategisch entwickeln
Knapp 1.200 Gigawattstunden pro Jahr produzieren derzeit das verarbeitende Gewerbe oder der Dienstleistungssektor, U-Bahn-Stationen und –Tunnel, ermittelten die Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg in dieser ersten Potenzialanalyse. Sie ermittelte, welche Mengen an Abwärme in der Stadt vorhanden sind und wie sich diese voraussichtlich entwickeln. „Auf dieser Basis kann Berlin die Nutzung von Abwärme, die nicht vermieden werden kann, strategisch entwickeln“, sagt Sebastian Blömer vom ifeu-Institut.
Drei Prozent wären bereits jetzt möglich
Derzeit könnten etwa drei Prozent des Wärmebedarfs mit Abwärme gedeckt werden, so Blömer. „In einigen Bereichen sei aber perspektivisch mit einer Zunahme der Abwärmemengen zu rechnen. „Dies betrifft vor allem Abwärme aus zusätzlichen Rechenzentren und aus neuen Anlagen für die Wasserstofferzeugung, sodass wir davon ausgehen, dass bis 2045 jährlich 3.800 Gigawattstunden Abwärme in Berlin entstehen. Davon ausgehend, dass die Hälfte genutzt werden kann, könnte Abwärme rund zehn Prozent des zukünftigen Wärmeverbrauchs Berlins decken.“
„Die Hälfte aller CO2-Emissionen in Berlin entstehen im Wärmesektor“, so Energieexpertin Julika Weiß vom IÖW. „Abwärme wird zwar neben dem Umstieg auf erneuerbare Energien schon länger als eine ergänzende Strategie beim klimaneutralen Umbau der Wärmeversorgung angesehen, aber bislang gab es hierzu keine systematische Wissensbasis.“
Wissenschaftler schlagen Maßnahmenpaket vor
Diese liegt nun vor. Danach entsteht Abwärme in Berlin vor allem kleinteilig und auf einem niedrigen Temperaturniveau bis 65 °C. „Doch selbst niedrige Temperaturen von unter 25 °C können für die Wärmeversorgung nutzbar gemacht werden, wenn hierfür die Temperaturen durch Wärmepumpen angehoben werden“, erklärt Energieexpertin Julika Weiß vom IÖW. Damit die vorhandene Abwärme möglichst schnell und umfassend erschlossen werden kann, sei es aber nötig, dass das Land Berlin sich strategisch auf den Weg macht, Abwärme schnell in die Wärmeversorgung zu integrieren.
Die Analyse schlägt hierfür ein Maßnahmenpaket vor, das eine Beratung, Förderung und gezielte Planung umfasst: So solle eine zentrale Anlaufstelle mit Möglichkeit der Initialberatung sowie der geförderten Erstberatung geschaffen und weitere Angebote zur besseren Finanzierung von Projekten zur Nutzung von Abwärme entwickelt werden. Auch empfehlen die Wissenschaftler, Genehmigungsverfahren zu erleichtern und Steuerungs- und Planungsinstrumente so zu entwickeln, dass neue Unternehmen mit relevanten Abwärmemengen gezielt an Standorten mit guter Abnahmemöglichkeit angesiedelt werden. (kw)
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