Eichwalde ist ein kleines Örtchen vor den Toren Berlins. Eigentlich ist hier nicht viel los und auch der Trubel vor dem Haus der Familie Keller wird von kaum jemandem wahrgenommen. Dabei ist es ein wichtiger Meilenstein der Energiewende, wie es Thomas Bareiß, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, ausdrückt. Er ist dort für die Energiefragen zuständig. In dieser Eigenschaft ist er aus dem nahen Berlin in das kleine Eichwalde gereist, um hier den 100.000sten Speicher in Betrieb zu nehmen. So viele Batteriesysteme sind inzwischen in Deutschland installiert und leisten ihren Beitrag zur Energiewende.
Mehr Bausteine notwendig
Bareiß hat die Markteinführung von Speichern von Anfang an begleitet. Er saß mit am Verhandlungstisch, als im Jahr 2012 die Förderung diskutiert wurde. „Wir haben damals lange gerungen, um auch das Geld zur Verfügung zu stellen und Marktanreizprogramm auf den Weg zu bringen“, erinnert er sich. „Wir haben damals in der ersten Phase 15 Millionen Euro in die Hand genommen und das Systemische mit im Blick gehabt. Bei der Energiewende geht es schließlich nicht nur allein um den Zubau von erneuerbaren Energien, sonder auch die Frage, wie bekommen wir die Täler und Höhen wieder einigermaßen in die Leitplanken“, erklärt er mit Blick auf die volatile Erzeugung von Solar- und Windstrom.
Dass dafür mehr Bausteine als nur die Erzeugungsanlagen notwendig sind, war damals schon klar. Dazu gehören eben die Speicher, aber auch abschaltbare Lasten und ein ganzes intelligentes Energiesystem, wie Bareiß betont. „Da Speicher damals noch nicht wettbewerbsfähig waren, war es richtig, dass wir die Markteinführung mit Geld gefördert“, erklärt er. „Ich freue mich, dass es funktioniert hat und wir jetzt 100.000sten Speicher am Netz haben, der noch nicht einmal gefördert ist.“
Speicher sind schon bald Standard
Denn der Hauseigentümer hat für die Installation des Speichers keinen Kredit bei der KfW-Bank aufgenommen, um den Tilgungszuschuss zu bekommen. Damit liegen die Kellers im Trend. „Inzwischen werden viele Speicher aus Überzeugung eingesetzt, was dazu führt, dass wir jetzt nur noch jeden fünften Speicher fördern müssen“, weiß Thomas Bareiß. „Das zeige aber auch, dass sich die Speicher mehr und mehr wirtschaftlich selbst tragen.“
Schließlich sind die Speicherpreise in den vergangenen Jahren um etwa die Hälfte gesunken – auch dank der Förderung. Inzwischen investieren immer mehr Hauseigentümer in solche Systeme. „Wenn die Politik die Energiewende jetzt konsequent weiterführt, werden Solarspeicher schon bald zum gängigen Standard“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW Solar). „Die Zahl 100.000 zeigt, wie groß der Zuspruch der Menschen zu grüner Energie ist. Anstatt darauf zu warten, dass der Strom aus der Steckdose endlich nicht mehr aus fossilen Quellen gewonnen wird, erzeugen sie ihren Strom einfach selbst – sauber und umweltfreundlich“, ergänzt Detlef Neuhaus, Geschäftsführer von Solarwatt, den Meilenstein. Das Unternehmen hat den Jubiläumsspeicher geliefert.
Unabhängigkeit ist das Ziel
Neuhaus sieht ein riesiges volkswirtschaftliches Potenzial für Deutschland, das endlich wahrgenommen werden sollte. „Die deutschen Speicherhersteller sind mit innovativen Produkten zum weltweiten Technologieführer aufgestiegen“, betont er. „Nachdem Deutschland bei Standardphotovoltaikmodulen die internationale Spitzenposition an asiatische Hersteller verloren hat, bietet sich nun die zweite große Chance, ein Zeichen zu setzen. Es sollten dieser Wachstumsbranche keine regulatorischen Bremsklötze in den Weg gelegt werden, die schließlich Jobs kosten. Allein die Photovoltaikbranche bietet heute schon mehr Menschen Arbeit als die Steinkohle- und Braunkohleindustrie zusammen.“
Welche Dynamik der Speichermarkt hat, zeigt die Tatsache, dass inzwischen mehr als die Hälfte aller neuen Photovoltaikanlagen zusammen mit einem Speicher verkauft werden. „Mit dem jetzigen Schwung werden wir den nächsten Meilenstein, 200.000 Solarbatterien, bereits in zwei Jahren erreichen“, prognostiziert Carsten Körnig vom BSW Solar. „Die Hauseigentümer investieren in Batteriespeicher, weil sie damit ein hohes Maß an Unabhängigkeit erreichen können und einen Beitrag zur Energiewende leisten wollen.“
Diese Ziele gaben auch für die Familie Keller den Ausschlag für den Speicherkauf. Sie wollte unabhängiger werden von den Stromanbietern, deren Energie immer teurer wird, wie Rene Keller betont. „Jede Kilowattstunde, die wir selbst erzeugen und verbrauchen, ist ein Schritt nach vorn“, sagt er. „Außerdem ist es eine Kilowattstunde weniger, die wir von Versorger kaufen müssen.“ (Sven Ullrich)