Die Gläubiger des Herstellers von Anlagen zur Photovoltaikproduktion Photovoltaics AG in Blaubeuren haben den Weg zur Sanierung und Rekapitalisierung des Unternehmens geebnet. Sie haben bei dem vom zuständigen Amtsgericht in Ulm anberaumten Termin zur Erörterung und Abstimmung dem von der Unternehmensführung am 24. Oktober 2012 vorgelegten Insolvenzplan mehrheitlich zugestimmt. Damit kann nach der Bestätigung durch das Gericht das Insolvenzverfahren in Kürze aufgehoben werden. Centrotherm agiert dann wieder vollkommen selbständig am Markt.
Verwaltungsgesellschaft wird Großaktionärin
Der Plan sieht die Beibehaltung der Börsennotierung vor. Gleichzeitig soll die Forderungen der ungesicherten Gläubiger in Aktien der Gesellschaft umgewandelt werden. Das soll so ablaufen, dass diese Gläubiger 70 Prozent ihrer Forderungen an eine unabhängige und weisungsfreie Verwaltungsgesellschaft abtreten. Die bringt die abgetretenen Forderungen bei Centrotherm ein Die Verwaltungsgesellschaft wird Aktionärin des Unternehmens, indem alle eingebrachten Insolvenzforderungen erlöschen und sie gleichzeitig dafür Aktien erwirbt. Centrotherm wird damit weitgehend entschuldet. Dafür hält die Verwaltungsgesellschaft nach der Umwandlung 80 Prozent der gesamten Centrotherm-Aktien. Diese Aktien soll die Verwaltungsgesellschaft bestmöglich verwerten und die Gläubiger aus den Verwertungserlösen befriedigen. Über die Verwertung der Aktien soll weiterhin der Gläubigerausschuss wachen. „Gegenüber einer alternativen Abwicklung bietet der Insolvenzplan für alle Verfahrensbeteiligten Vorteile“, erklärt der im Vorstand von Centrotherm sitzende Sanierungsexperte Andreas Hoefer. „In jedem Fall wird kein Gläubiger und auch kein Aktionär schlechter gestellt, als er im Falle der Verwertung des Vermögens in einer Regelabwicklung stünde.“ Immerhin haben die Gläubiger je nach Höhe der Erlöse bei der Verwertung der Aktien die Chance, alle ihre Forderungen wieder herein zu bekommen. Sie könnten, wenn es gut läuft, sogar noch mehr als ihre ursprünglichen Insolvenzforderungen erhalten.
Schulden gegen Kapital tauschen
Das passiert alles im Rahmen einer kombinierten Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung. Centrotherm plant, das Grundkapital durch die Zusammenlegung der Aktien im Verhältnis von fünf zu eins um fast 17 Millionen Euro auf reichlich 4,2 Millionen Euro herabzusetzen. Nach diesem Kapitalschnitt folgt eine Sachkapitalerhöhung durch die Einbringung der Gläubigerforderungen. Dadurch erhöht sich das Grundkapital wieder auf fast 21,7 Millionen Euro. „Ein Interessenausgleich, wie er mit diesem Plan erfolgt, ist beispielhaft für die Sanierung eines Unternehmens, wie sie der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) fördern wollte“, erklärt Martin Hörmann, der als Sachverwalter die Erfüllung des Insolvenzplanes überwacht. „Es ist damit innerhalb von wenigen Monaten gelungen, einen weltweit tätigen, börsennotierten Konzern wieder fit für die Zukunft zu machen und dabei einen fairen Interessenausgleich zu schaffen. Das ist in dieser Größenordnung bislang in Deutschland ein einzigartiger Präzedenzfall.“
Auf Kernkompetenzen konzentrieren
Dazu kommt noch die Konzentration des Konzerns auf seine Kernkompetenzen. Centrotherm will sich zukünftig vor allem auf die Produktionstechnik für thermische Oberflächenprozesse in der Photovoltaikindustrie mit Fokus auf Solarzellen und den Halbleiterbereich beschränken. Auch die regionale Konzentration auf die Länder des Mittleren Ostens und Nordafrika (MENA) und China soll den Neustart absichern. Immerhin hat man im Dezember 2012 noch einen Vertrag dem chinesischen Zellhersteller CECEP Solar Energy Technology für die Lieferung einer Anlage zur Antireflexbeschichtung und Phosphordiffussion mit einer Kapazität von 300 Megawatt unter Dach und Fach gebracht. Außerdem hat sich der Konzern Anfang September 2012 von seiner Tochter Michael Glatt Maschinenbau und Ende August 2012 von seiner österreichischen Niederlassung in Wien getrennt.
Schwieriges Marktumfeld
„Das Unternehmen ist mittelfristig sicher finanziert und damit ein verlässlicher Partner für Kunden sowie Lieferanten“, versichert Jan von Schuckmann, Vorstandsvorsitzender von Centrotherm. „In einem schwierigen Branchenumfeld haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.“ Immerhin ist der Weltmarkt für Photovoltaikproduktionsanlagen im letzten Jahr stark rückläufig. „Die Photovoltaik-Zuliefererbranche leidet nach wie vor unter großen Überkapazitäten“, erklärte Peter Fath, Vorstandsvorsitzender des Branchenverbandes VDMA Photovoltaik-Produktionsmittel und ehemaliger Technikvorstand von Centrotherm. „Erschwerend hinzu kommen die anhaltenden Handelskonflikte. Die dadurch hervorgerufene Verunsicherung ist bei Photovoltaikherstellern weltweit zu spüren und forciert die ohnehin vorhandene Zurückhaltung bei Investitionen in neuestes Equipment und Technologie deutlich.“ Auch für die kommenden Monate sieht die Branchenvertretung keine Besserung. „Ein Blick in die Auftragsbücher der letzten drei Quartale hat eine zurückhaltende Umsatzentwicklung vermuten lassen“, sagt Florian Wessendorf, Geschäftsführer des VDMA Photovoltaik-Produktionsmittel. „Neue Fabriken und Produktionslinien werden vermehrt dann wieder gebaut, wenn die Nachfrage nach Photovoltaik weltweit weiter anzieht und die im Markt befindlichen Überkapazitäten abgebaut sind.“ (Sven Ullrich)