Die Strompreise für die Privathaushalte könnten trotz weiter steigender EEG-Umlage im nächsten Jahr um 0,6 Cent pro Kilowattstunde sinken und auch in den nächsten Jahren weiter fallen. Voraussetzung ist, dass die Energieversorger die günstiger werdenden Strompreise an der Börse an den Endkunden weitergeben. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie des Öko-Instituts in Berlin im Auftrag von Greenpeace.
Die gesamten Systemkosten betrachten
Entscheidend für die Entwicklung der Strompreise für Privathaushalte ist die Summe aus Börsenstrompreisen und EEG-Umlage. Dazu kommen noch Abgaben wie die Konzessionsabgabe, Steuern und die Sonderabgabe für die Offshoreanbindung. „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass allein der Blick auf die EEG-Umlage nicht ausreicht, um die entscheidende Frage, wie sich die Förderung der erneuerbaren Energien auf die Kosten der Stromversorgung auswirkt, nicht ausreicht“, erklärt Felix Matthes, Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut. Statt dessen sollte die Bewertung der Strompreisentwicklung für Privathaushalte von der alleinigen Betrachtung der EEG-Umlage auf die Systemkosten als Indikator umgestellt werden.
Reduzierung der Industrieausnahmen
Seit vergangenem Jahr ist der Börsenstrompreis um 20 Prozent gesunken. Der Großhandelspreis liegt derzeit bei unter vier Cent pro Kilowattstunde. Der spielt wiederum für die Berechnung der EEG-Umlage eine besondere Rolle, da er die Höhe der Erlöse aus der Vermarktung für Solar-, Wind- und Biomassestrom wesentlich bestimmt. Für das nächste Jahr erwarten die Experten vom Öko-Institut eine weitere Senkung der Strompreise an der Börse um etwa acht Prozent. Dieser massive Einbruch des Strompreises an der Börse sorgt zwar für einen Anstieg der EEG-Umlage. Schließlich steigt dadurch die Differenz wischen an der Börse erzielten Verkaufspreisen und der garantierten Einspeisevergütung für Solar-, Wind- und Biomassestrom. Doch wenn die Energieversorger gleichzeitig die günstigeren Preise an die Endkunden weitergeben, würde dies die steigende EEG-Umlage mehr als ausgleichen. „Strom aus erneuerbaren Energien wird immer günstiger. Doch bislang profitiert hauptsächlich die Industrie davon“, resümiert Andree Böhling, Energieexperte bei Greenpeace. „Die Bundesregierung könnte mit einfachen politischen Mitteln Privathaushalte und Mittelstand entlasten“, sagt er. Ein Ansatzpunkt ist die Reduzierung der ungerechtfertigten Ausnahmen für die Industrie. Allein dadurch würde die EEG-Umlage um etwa zwei Cent pro Kilowattstunde sinken. Eine faire Besteuerung der Stromerzeugung könnte sich ebenfalls positiv auf die Endkundenpreise auswirken. Schließlich verursacht die Stromerzeugung aus Photovoltaik-, Wind- und Biomasseanlagen erheblich weniger gesellschaftliche Folgekosten. Würde das bei der Stromsteuer berücksichtigt, indem Ökostrom geringer oder gar nicht besteuert wird, könnte das Preissenkungen von 0,8 Cent pro Kilowattstunde auslösen.
Handel mit Kohledioxidzertifikaten forcieren
Ein weiterer Ansatz ist der Handel mit Kohlendioxidzertifikaten. Die Autoren der Studie betonen, dass der Preisverfall dieser Zertifikate im europäischen Emissionshandel eine Erhöhung der EEG-Umlage zur Folge hat. Schließlich würden mit höheren Preisen für die Zertifikate auch der Strompreis an der Börse steigen. Das hat wiederum Einfluss auf die Vermarktungserlöse der erneuerbaren Energien und damit auf die Berechnung der EEG-Umlage. Derzeit liegt der Zertifikatpreis bei etwa 3,50 Euro pro Tonne ausgestoßenen Kohlendioxids. Bei Zertifikatpreisen von zehn Euro könnte die EEG-Umlage für das Jahr 2014 um etwa 0,2 Cent pro Kilowattstunde sinken. Würde der Zertifikatpreis bei 20 Euro liegen, würde die Ökostromumlage um etwa 0,6 Cent pro Kilowattstunde sinken und bei 40 Euro pro Zertifikat läge die EEG-Umlage um etwa 1,3 Cent pro Kilowattstunde niedriger als jetzt. Doch genau hier blockiere auch die Bundesregierung, die sich einer notwendigen Verknappung der Kohlendioxidzertifikate verweigere, kritisiert Greenpeace. (Sven Ullrich)