Bisher konzentrieren sich die Anbieter von Speichersystemen auf die Industrieländern Europas, Nordamerikas und Australien. Alle anderen Regionen kommen derzeit allenfalls für die Umsetzung von Pilotprojekten in Frage, um zu zeigen, was alles möglich ist. Das wird sich aber in naher Zukunft ändern. Denn immer mehr rücken die weniger entwickelten Länder Asiens, des Pazifikraums, Afrikas und Lateinamerikas bei den Anbieter von Stromspeichern in den Mittelpunkt. Schließlich wird die Nachfrage in den kommenden neun Jahren um das 40fache wachsen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Untersuchung der International Finance Corporation (IFC) und der Weltbank. In ihrem Bericht beziffern die IFC und das Energy Sector Management Assistance Program (ESMAP) der Weltbank-Gruppe den Speichermarkt in den sogenannten Entwicklungsländern auf eine bis 2025 zu installierende Leistung von 80,9 Gigawatt. Derzeit sind in den untersuchten Ländern Stromspeicher mit einer Gesamtleistung von 1,9 Gigawatt installiert.
Große Kraftwerke in China treiben den Markt
Dabei werde vor allem die Speicherkraftwerke den größten Anteil an den Installationen haben. Mehr als 66 Prozent der prognostizierten Speicherleistung wird vor allem in diesem Segment aufgebaut. Das liegt vor allem an der reinen Größe dieser Systeme, die in der Regel üppiger ausfällt als die von kommerziellen Speichern oder solchen Geräten, die in netzfernen Hybridsystemen integriert werden. Diese Anwendung wird vor allem davon angetrieben, dass die Entwicklungsländer immer größere Anstrengungen unternehmen, die Elektrifizierung voranzutreiben und damit der steigenden Stromnachfrage aufgrund eines Wirtschaftswachstums zu begegnen. Da die volatilen erneuerbaren Energien inzwischen viel preiswerter sind als neue Kohle- oder gar neue Atomkraftwerke, werden die Entwicklungsländer auf Solar- und Windkraft zurückgreifen, um die Stromversorgung auszubauen.
Der Zubau von großen Solar- und Windkraftwerken wiederum verlangt nach Speichern, um die ohnehin meist überlasteten Netze in diesen Ländern stabil zu halten. Zumal die Installation von Speichern in Zukunft preiswerter sein wird, als die Netze so zu ertüchtigen, dass sie die steigende Menge an Solar- und Windstrom aufnehmen können. Die Experten vom IFC und der ESMAP sehen zudem die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens als einen weiteren Grund, warum die Entwicklungsländer auf die Solarenergie und die Windkraft zurückgreifen, um mehr Stromerzeugungskapazitäten aufzubauen. Aus diesem Grund werden auch Software- und Kontrollsysteme, die die Speicher steuern, immer wichtiger und verlängern die Wertschöpfungskette der Speicheranbieter.
Unternehmen wollen sichere Stromversorgung
Mit 23 Prozent wird das zweitgrößte Segment das der kommerziellen Speichersystem in Industrie- und Gewerbebetrieben sein. Hier ist es vor allem der Wunsch einer unterbrechungsfreien Stromversorgung, der die Nachfrage antreibt. Außerdem sind in den Entwicklungsländern Einspeisevergütungen für Strom aus mittelgroßen Solaranlagen weitgehend unbekannt und unüblich. Deshalb sind Speichersysteme notwendig, um den nicht sofort verbrauchten Solarstrom dem eigenen Unternehmen auch nachts zur Verfügung zu stellen.
Kaum von Bedeutung ist die Nachfrage nach kleinen Speichern für Wohngebäude. Denn hier sind vor allem die hohen Investitionskosten ein bremsender Faktor. Insgesamt beziffern die Experten von IFC und ESMAP dieses Segment auf eine Anteil von sechs Prozent. Ein ähnliches Problem haben die Anbieter von netzfernen Systemen, vor allem wenn diese sehr klein sind. Denn hier sind nicht die Skalierungseffekte zu erwarten, die sich auf die großen Speicherkraftwerke preissenkend auswirken. Dazu kommt noch, dass diese Anlagen werden vor allem in den Regionen gebaut werden, in denen die Investitionskraft geringer ist als in China oder Indien. Deshalb wird für dieses Segment ein Anteil von fünf Prozent am gesamten Markt in den Entwicklungsländern erwartet, was aber immerhin noch ein Zubau von gut Vier Gigawatt Speicherkapaziät bedeutet.
Asien wird größter Speichermarkt
Regional sind vor allem die Entwicklungsländer Ostasiens und des Pazifikraums für die Anbieter interessant und von Bedeutung. Von den 80,9 Gigawatt werden dort immerhin 52,3 Gigawatt Speicherleistung installiert. Hier wird vor allem der schnelle Ausbau der Solarenergie und Windkraft in China auch die Nachfrage nach Speichersystemen ankurbeln.
Weniger Potenzial hat der Markt in Südasien, der vor allem von Indien dominiert wird. Dieser wird einen Anteil von 13 Prozent erreichen. Dies bedeutet eine neu zu installierende Speicherleistung von 10,4 Gigawatt. Jeweils sieben Prozent Marktanteil werden die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas sowie Lateinamerikas erreichen. Dort werden bis 2025 Speicher mit einer Gesamtleistung von jeweils 5,4 bis 5,6 Gigawatt installiert. Für Osteuropa und Zentralasien erwarten die Experten einen Zubau von vier Gigawatt Speicherleistung. Der Ausbau der Speicherleistung in den Ländern Afrikas, südlich der Sahara wird 3,3 Gigawatt betragen, wobei dort die Investitionskosten pro Kilowatt Leistung am größten sein werden. Für die erwarteten Speicherinstallationen erwarten die Experten eine Investitionssumme in Höhe von 14,1 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich dazu werden die gut zehn Gigawatt Speicherinstallation in Südasien nur 15,2 Milliarden US-Dollar an Investitionssumme auslösen. Das liegt vor allem daran, dass in Afrika die Nachfrage nach mittelgroßen netzfernen Systemen größer ist. Diese Systeme sind im Vergleich zu den großen Speicherkraftwerken bezogen auf das Kilowatt Leistung teurer. (Sven Ullrich)