Der Markt für Energiespeicher wird sich in den kommenden Jahren gründlich ändern. Wie die Analysten des Marktforschungsinstituts Roland Berger herausgefunden haben, wird es bis 2030 einen deutlichen Innovationsschub, deutlich sinkende Kosten und somit profitable Geschäftsmodelle für Energiespeicher jeglicher Art geben. Die Marktforscher haben das Ergebnis ihrer Analyse jetzt in der Studie „Business models in energy storage“ veröffentlicht.
Kosten sinken teilweise drastisch
Die Autoren der Studie führen den Boom auf dem Speichermarkt vor allem auf die weiter voranschreitenden Energiewende zurück. Dabei schauen sie nicht nur auf Europa, sondern auf die Entwicklung in allen Teilen der Welt. Enorme Preissprünge sehen die Analysten bei allen Technologien, mit Ausnahme der Pumpspeicherkraftwerke. Dort werden auch 2030 die Preise zwischen etwa 70 und 120 Euro pro Megawattstunde liegen. Bei den Druckluftspeicher und bei den Lithiumionen-Batterien wird sich vor allem die Preisspanne auf das untere Niveau einpendeln. Liegen die Kosten für die in einem Druckluftspeicher gebunkerten Strom derzeit bei 80 bis 130 Euro, werden diese im Jahr 2030 zwischen etwa 75 und 80 Euro liegen. Die Preise bei den Lithiumionen-Batterien schwanken derzeit zwischen etwa 140 und 700 Euro pro Megawattstunde eingespeicherten Stroms. Bis 2030 wird sich dieser Preis auf Werte zwischen etwa 130 und 190 Euro einpendeln.
Einen großen Sprung nach unten werden die Kosten für den in Natrium-Schwefel-Speichern zwischengelagerten Strom machen. Liegen diese derzeit noch zwischen 240 und 310 Euro pro Megawattstunde, sinken sie bis 2030 auf weit unter 100 Euro sinken. Eine ähnliche Entwicklung werden auch die Bleibatterien, die Schwungradspeicher und vor allem auch die in Zukunft immer wichtiger werdenden Wasserstoffspeicher inklusive Elektrolyse hinlegen. Auch synthetisch hergestelltes Erdgas wird bis 2030 erheblich billiger werden.
Unterschiedliche Technologien untersucht
Die Analysten haben die verschiedensten Technologien untersucht, weil die Bedürfnisse entlang der Wertschöpfungskette der Energieindustrie unterschiedliche Speichersysteme gefragt sind, wie es Torsten Henzelmann, Partner von Roland Berger und Mitautor der Studie, ausdrückt. „Netzbetreiber benötigen hoch flexible Speicherkapazitäten, um auf plötzliche Energiespitzen schnell reagieren zu können“, erklärt er. „Dagegen benötigen Stromversorger große Speicher, um mit langfristig stabilen Preisen profitabel zu wirtschaften.“ Für erstere Anwendung werden vor allem große Batteriespeicher oder andere Technologien gebraucht, die die erforderlichen schnellen Reaktionszeiten auch schaffen. Auch wenn es derzeit am Markt für solche Flexibilitätsoptionen eng wird, werden diese immer mehr gebraucht, wenn das Stromsystem von den volatilen Erneuerbaren dominiert wird. Zudem dann die fossilen und atomaren Kapazitäten immer weniger für solche Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Mit den Speichersystemen werden die Energieversorger beim Verkauf von volatil erzeugtem Solar- und Windstrom auch immer weniger von den derzeit unkontrollierbaren Bewegungen am Strommarkt abhängig sein. „Energieversorger sollten mit Netzbetreibern Einspeisebedingungen definieren, um im Anschluss von den hohen Preisschwankungen der Erneuerbaren am Strommarkt zu profitieren“, rät Henzelmann. Künftig werden aber nicht nur Speicher gebraucht, die den Strom für kurze Zeit bunkern, sondern ihn auch in die Zeiten verschieben können, wenn zu wenig Ökostrom produziert wird.
Für die Batteriespeicher sehen die Analysten erweiterte Geschäftsmodelle wie virtuelle Großspeicher. Dazu werden viele kleine Hausspeicher miteinander vernetzt und gemeinsam können sie dann die Flexibilitätsoptionen bereitstellen. Diese Entwicklung hat zwar bereits begonnen, steckt aber noch in den Kinderschuhen.
Wettbewerb verändert sich
Die Speichertechnologien sind vor allem für die Energieversorger wichtig. Henzelmann prognostiziert einen neu entstehenden Wettbewerb für die Versorger aufgrund der neuen Möglichkeiten. „Bei allen untersuchten Speichertechnologien erwarten wir durch die sinkenden Technologiekosten neue Konkurrenten im Markt“, betont er. „Ihre alternativen Geschäftsmodelle werden die Strategien der etablierten Energieversorger in Frage stellen.“ Aber auch andere Branchen müssen sich durch die Entwicklung der einzelnen Speichertechnologien auf neue Wettbewerbsbedingungen einstellen. So könne etwa die Chemieindustrie unerwartete Konkurrenz von den Stromversorgern bekommen, die mit überschüssiger Energie Gase wie Wasserstoff und Ammoniak herstellen und am Markt anbieten könnten. „Dieses Beispiel zeigt, dass die Entwicklung der Speicher die Energieindustrie deutlich verändern wird“, sagt Henzelmann, um auch einen positiven Effekt auf die Stromversorger herauszustellen. „Energieversorger und Netzbetreiber sollten sich jetzt schon Gedanken darüber machen, wie sie von den neuen Technologien profitieren können, um in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben.“ (Sven Ullrich)