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Energiepolitik

Stadtwerke sind entsetzt

Trianel ist ein Netzwerk kommunaler Energieversorger mit 45 beteiligten Stadtwerken - einer der großen Zusammenschlüsse in Deutschland. Gemeinsam versorgt man deutlich mehr als fünf Millionen Deutsche mit Energie. Das Netzwerk investiert in den Off-Shore-Windpark Borkum II, baut aber auch ein Kohlekraftwerk in Lünen und plant Steinkohlekraftwerk und hat in Hamm ein Gas- und Dampfturbinenwerk mit 840 Megawatt Leistung errichten lassen.

Seit die Minister Röttgen und Brüderle das Energiekonzept 2050 vorgestellt haben, fühlen sich viele Stadtwerke verschaukelt, die in Erneuerbare Energien und nachhaltiges Wirtschaften investiert hatten. Denn die Stadtwerke hatten im Vertrauen auf stabile Rahmenbedingungen investiert. Jetzt rächt sich die Durchlässigkeit von Lobbyinteressen in modernen Demokratien. "Es wurden Anreize gegeben, dass wir investieren sollten. Jetzt haben wir das gemacht und jetzt stehen wir da wie die begossenen Pudel", erklärte der Sprecher der Trianel-Geschäftsführung, Sven Becker, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Die Laufzeitenverlängerung bedeutet, dass die Wirtschaftlichkeit der Projekte leidet», sagte Becker. "Durch die Laufzeitenverlängerung ist eine Wettbewerbsverzerrung entstanden, von der nur die vier großen Stromkonzerne profitieren." Becker hofft nun auf Nachbesserungen, die die Marktmacht der großen Vier in Richtung mehr Wettbewerb realisieren sollen. Denn die Stadtwerke erzeugen aktuell rund zehn Prozent des Stroms in Deutschland, achtzig Prozent kommen von den vier überregionalen Stromgiganten.

Der Verband kommunaler Unternehmen vertritt rund 800 Stadtwerke. Verbandspräsident ist der hannoversche Bürgermeister Stephan Weil. Auch er ist not amused über die sich abzeichnenden Entwicklungen: "Es ist aus meiner Sicht sehr klar absehbar, dass wir jetzt mehrere Jahre des Streits und der Unsicherheit vor uns haben. Und wir verlieren kostbare Zeit." Weil hält die Chancen für Nachbesserungen zugunsten der kommunalen Versorger für sehr gering.

Es geht hier nicht um Peanuts, denn die Stadtwerke Deutschlands haben Projekte in einem Umfang von mehr als 12 Milliarden Euro in Planung oder sind in Genehmigungsverfahren. Die Gegenseite sieht gerade bei der Finanzierung positive Aspekte für die Kommunen. So erklärte EONs Vorstandschef Johannes Teyssen gegenüber dem ZDF, dass sie von der neuen Entscheidung der Bundesregierung profitieren könnten, wenn sie sich um die vielen Milliarden Euro aus Fördermitteln bewerben würden, die letztlich aus der Kernkraft kämen. Die Städte sehen das Verhältnis anders. Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke dürften die Investitionen in umweltfreundliche Energieerzeugung nicht gefährden, bewertete die Städtetags-Präsidentin Petra Roth gegenüber der Passauer Neuen Presse die Lage. Die kommunalen Stadtwerke erwarten also eine Art Kompensation. Und auch die Bundesländer sind alles andere als erfreut, die Kohleregion Sachsen will weiterhin auf eigene Ressourcen setzen, wie der Wirtschaftsminister Sven Morlok in der Chemnitzer Presse betonte: "Für uns zählen die sächsischen Interessen."

Der Gegenwind kommt also nicht nur aus dem anderen politischen Lager. Dass Merkel von einer fairen Lastenverteilung spricht, mag manchem kommunalen Politiker mit gelbem oder schwarzen Parteibuch noch aufstoßen, wenn es zu Ratssitzungen kommt. Möglicherweise wird die Liste der Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht doch länger als gedacht. (jw)