Experten der Solarindustrie und der Verteilnetzbetreiber schlagen vor, das Einspeisemanagement, die Speichertechnologien und die intelligente Steuerung der Nachfrageseite künftig besser zu nutzen. Damit kann viel mehr Solarstrom in die Netze integriert werden als bisher. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des Projektes PV Grid. Die Projektbeteiligten haben jetzt ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Zwei Jahre Forschungsarbeit
Zwei Jahre lang haben sie sich Gedanken gemacht, wie die ein wachsender Photovoltaikanteil besser in das Verteilnetz integriert werden kann. In ihrem Abschlussbericht zeigen die Projektpartner konkrete technische Möglichkeiten und wie diese schon ohne großen administrativen Aufwand genutzt werden können. „Wenn es um die Erhöhung der Kapazitäten der Übertragung von Solarstrom geht, ist die Spannungsbegrezung der Verteilnetze die häufigste Einschränkung. Ein weiterer limitierender Faktor bei der Erhöhung der installierten Photovoltaikleistung ist die thermische Beschränkung aufgrund der hohen Stromflüsse durch elektrische Geräte wie Transformatoren“, schreiben die Projektpartner in ihrem Abschlussbericht. „Wenn diese lokale Probleme gelöst sind, indem sie den Verteilnetzbetreibern mehr Flexibilität durch die Nutzung technischer Möglichkeiten geben, können höhere Anteil von Solarstrom integriert werden.“
Technische Möglichkeiten identifizieren
Diese technischen Möglichkeiten erst einmal zu identifizieren, war eine Aufgabe in der ersten Projektphase. Dazu gehören neben dem Einsatz von Speichern bei den Verteilnetzbetreibern und den Betreibern von Solarstromanlagen unter anderem auch der Eigenverbrauch von Solarstrom, die aktive und reaktive Leistungskontrolle durch den Wechselrichter, die Sanierung und Verstärkung der Verteilnetze aber auch preisliche Anreize für den Stromkunden, seine Energie dann zu verbrauchen, wenn sie im Überfluss vorhanden ist. „In Deutschland können die meisten der von PV Grid priorisierten technischen Lösungen schon heute eingesetzt werden“, kommentiert Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Zur Untersuchung gehörte auch die Untersuchung, wie effektiv solche technischen Möglichkeiten wirken, um mehr Solarstrom ins Netz integrieren zu können. Dazu gehört auch eine konkrete Kosten-Nutzen-Abwägung.
Basieren auf den Resultaten der ersten Projektphase haben die Experten untersucht, welche administrativen Regeln und Einschränkungen es in den einzelnen europäischen Staaten gibt, diese technischen Möglichkeiten auch einzusetzen. Limitierende Faktoren sind dabei vor allem mangelhafte Regelungen für den Eigenverbrauch oder der mangelhafte Zugang der Verteilnetzbetreiber zu den Fähigkeiten der Wechselrichter, die Einspeiseleistung und die Blindleistung in Abhängigkeit von Zustand des Netzes bereit zu stellen. Aber auch mangelhafte Regelungen für die Integration von Speichern und fehlende oder ungenügende Anreize für den Stromkunden, seinen Verbrauch an die Erzeugung anzupassen, stellen erhebliche Hürden für die Integration von Solarstrom ins Verteilnetz dar. Dazu kommen noch administrative Regelungen, die den Aufbau eines intelligenten Netzes verhindern.
Ergebnisse online präsentiert
Die Ergebnisse dieser Untersuchung stellt das Projekt PV Grid in einer Internetdatenbank bereit. Diese Datenbank bietet eine Beschreibung der Verwaltungsverfahren und der anderen Anforderungen, die notwendig sind, um eine Photovoltaikanlage zu planen, zu bauen und ans Netz anzuschließen. Die Kosten variieren dabei in den untersuchten 16 europäischen Ländern erheblich. Während der Anteil der administrativen Kosten am Gesamtpreis einer privaten Aufdachanlage mit 80 Prozent zu Buche schlägt, müssen die Betreiber solcher Anlagen in den Niederladen nur 13 Prozent der Gesamtkosten für die Behördengenehmigung und den Netzanschluss aufbringen. In Großbritannien liegt dieser Anteil sogar nur bei zehn Prozent.
Aber auch innerhalb der einzelnen Länder gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Anlagensegmenten. So müssen in Deutschland die Betreiber von kleinen Dachanlagen sieben Prozent der Gesamtkosten für die Bürokratie und den Netzanschluss ausgeben, während dieser Anteil bei großen Industrieanlagen bei satten 36 Prozent liegt. Den größten Unterschied macht die italienische Regierung. Dort müssen die Betreiber kleiner Dachanlagen immerhin 76 Prozent der Gesamtkosten für die Anlage für administrative Genehmigungen und Netzanschluss aufbringen. Für die Betreiber kommerzieller Anlagen liegt dieser Anteil bei 14 Prozent.
Die großen Hindernisse
Die behördliche Genehmigung und der Netzanschluss sind auch die beiden größten Hindernisse bei der Integration der Photovoltaikanlagen. Dazu kommen noch Unsicherheiten der Betreiber aufgrund instabiler Rahmenbedingungen. „Verteilernetze stellen kein technisches Hindernis für den großflächigen Ausbau von Photovoltaik dar. Rechtliche Hürden verhindern häufig, dass die jeweils effizienteste Technologie zum Einsatz kommt“, resümiert Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar). „Werden diese Hürden europaweit abgebaut, sind wieder bessere Voraussetzungen fürs Wachstum der Photovoltaik gegeben.“ (Sven Ullrich)