...Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“
Ja, das hat Jules Verne damals schon erkannt. Aber wofür brauchen wir überhaupt Wasserstoff? Dazu ein paar Fakten: Die europäischen Klimaziele 2020 sehen 20 Prozent Energieeinsparung durch Effizienzsteigerung vor, 20 Prozent erneuerbare Energien im Energie-Mix und 20 Prozent Reduzierung der Treibhausgase. Die Klimaziele der westlichen Industriestaaten und damit für Deutschland für 2050 besagen: 80 Prozent Reduzierung der CO2-Emission, 80 Prozent erneuerbare Energien im Energie-Mix, 50 Prozent Reduzierung des Primärenergieverbrauchs.
Als Konsequenz heißt das: Ein Anstieg der Stromerzeugung durch Wind und Photovoltaik ist nötig. Das verstärkt das Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugung und Netzabnahme. Dafür ist dann Energiespeicherung erforderlich. Bisher klappt es aber mit der Stromspeicherung noch nicht recht. Dazu einige Zahlen: Wir konsumieren 619 Terawattstunden Strom im Jahr (TWh/a), außerdem 930 TWh/a Gas, 707 TWh/a flüssige Kraftstoffe. Wir speichern 217 hoch3 TWh Gas und 250 hoch4 TWh Flüssigkraftstoffe – aber wir speichern nur 0,04 hoch2 TWh Strom. Diese Zahlen zeigen, dass wir offensichtlich ein Speicherproblem im Strombereich haben.
Welche Energiespeicher stehen zur Verfügung? Druckluftspeicher bieten Platz für zwei Gigawattstunden (GWh), mit Pumpspeicherkraftwerken lassen sich 40 GWh speichern. Untergrundspeicher für Wasserstoff können 100 GWh aufnehmen. Erdgaspipelines in Deutschland haben eine Länge von 400.000 Kilometern, es gibt 51 Erdgasuntergrundspeicher (CH4). Diese vorhandene Infrastruktur reicht für 200.000 GWh, das entspricht einem Drittel des deutschen Strombedarfs. In Anspielung auf die Schwierigkeiten beim Ausbau von Stromleitungen sagt Peter Erich Arnold, Regional Sales Director Alstom Carbon Capture während einer Wasserstoff-Konferenz des Deutsch-französischen Büros für erneuerbare Energien: „Sie müssen die Interessen unterschiedlicher Gruppierungen berücksichtigen. Wenn Sie nun aber bereits vorhandene Strukturen nutzen, haben Sie dort keinen Widerstand zu erwarten.“ Das Stromnetz muss ausgebaut werden und stößt dabei auf reichlich Protest. Gasnetz ist dagegen vorhanden. „Das heißt, die Fähigkeit des deutschen Erdgasnetzes kann für andere Länder beispielhaft sein“, so Arnold.
Methanisierung statt Wasserstoff
Ein kommerziell verfügbarer Verfahrensschritt wandelt Wind- und Sonnenenergie zu Methan oder Synthetic Natural Gas (SNG) um. Wasserstoff wird durch Elektrolyse gewonnen. Die Methangewinnung erfolgt durch den Sabatier-Prozess.Ein neuer Ansatz ist die Umwandlung von Strom zu synthetischem Erdgas. Dabei wird mit überschüssigem Strom zunächst Wasserstoff durch Elektrolyse erzeugt. Mit dem Sabatier-Prozess wird anschließend Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid zu Methan umgewandelt, wobei das Methan (CH4) vor Ort gespeichert oder in Erdgasleitungen eingespeist und in großen Erdgasspeichern zwischengelagert werden kann. Beim Verbrennen ist der Verlust in diesem Prozessabschnitt unter 40 Prozent. „Hier haben wir netto eine Dividende“, hebt Arnold die Bedeutung der Methanisierung hervor.
„Die Methanisierung ist in der Welt durchaus üblich. Zum Beispiel Bangkok fährt seine Busflotte mit Compressed Natural Gas, Methan hochverdichtet, um die Abgassituation zu erleichtern“, erzählt der Alstom-Mann. „Das Geniale: Es gibt industrielle Interessenslagen, die dort liegen, wo Methangas als Naturgas eingespart werden soll. Methanol ist ein geeignetes Produkt aus der Methannutzung, hat aber für uns wenig Bedeutung.“
Elektrolyse plus Methanisierung liege vom Wirkungsgrad bei 62 Prozent, das könne sich mit neueren Elektrolysetechnologien aber verbessern bei der Stromproduktion. Bei direkter Nutzung kann der Wirkungsgrad auf 74 Prozent erhöht werden. So kann man auf eine Dividende von 40 Prozent kommen, also durchaus im Umfeld eines normalen Kraftwerks. Wasserstoff und CO2 stammen idealerweise aus einer Biogasanlage für den Prozess. „Das Schöne: Die Technologie ist nicht nur in allen Einzelteilen erprobt, sondern unser Partner Etogas hat sie für ihre Anlage in Werlte für Audi im Juni 2013 in Betrieb genommen. Die Anlage hat heute eine Leistungsaufnahme von 6,3 Megawatt“, berichtet Arnold.
Fazit: Die Energiewende und der damit verbundene Zubau von Solar- und Windkraftanlagen führt zu einem zunehmend volatilen Stromangebot. Zur Vermeidung der Abregelung von Überschussstrom in Zeiten geringer Abnahme werden Langzeitspeicher benötigt. „150 Gigawattstunden wurden allein 2011 abgeregelt, was für ein Unfug“, ärgert sich Arnold. Wind- und Sonnenenergie lassen sich durch kommerziell verfügbare Verfahren in Methan (Synthetic Natural Gas = SNG) verwandeln. Dieses SNG eignet sich als chemischer Energiespeicher und kann eingesetzt werden
zur Strom- und Wärmeerzeugung
als Treibstoff im Transportsektor
als chemischer Einsatzstoff zur Synthesegasgewinnung
Die vorhandene Infrastruktur des Erdgaspipelinenetzes und der Untergrundspeicher ermöglicht die Energiespeicherung durch Einspeisung von SNG im erforderlichen Umfang, ohne zusätzliche Betriebsrisiken und ohne Umrüstkosten.