Wie der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) mitteilt, liegt ein Entwurf für eine Novellierung der Regelungen für die Zertifizierung von fertig gebauten größeren Photovoltaikanlagen vor. Denn bisher ist in der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) sowie in der Technische-Anforderungen-Verordnung (TAV) festgelegt, dass Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als 135 Kilowatt ein Zertifikat benötigen, das bestätigt, dass der Generator nach den Vorgaben der Mittelspannungsrichtlinie und der Netzbetreiber ans Netz angeschlossen ist.
Alles über 270 Kilowatt geht in den Eigenverbrauch
Diese strenge Regelung soll jetzt etwas erleichtert werden. Denn die jetzt von der Bundesregierung vorgelegten Änderungspläne sehen vor, dass Photovoltaikanlagen mit einer Anschlussleistung zwischen 135 bis 500 Kilowatt zukünftig von der Pflicht zum Anlagenzertifikat befreit werden. Voraussetzung ist, dass sie mit einer maximalen Leistung von 270 Kilowatt tatsächlich ins Netz einspeisen – zusätzlich zum Eigenverbrauchs. Das bedeutet, dass Betreiber von Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 270 Kilowatt kein Anlagenzertifikat mehr brauchen. Liegt die Leistung der Anlage darüber, ist es wichtig, dass die Betreiber die komplette Leistung über den 270 Kilowatt komplett für den Eigenverbrauch nutzen. Hier sind die Anbieter der Leistungselektronik gefragt, die diese Grenze fest als Maximalleistung in ihren Geräten als Einstellung definieren müssten.
Niederspannungsrichtlinie soll gelten
Eine wesentliche Vereinfachung sieht der BSW Solar aber vor allem darin, dass künftig bei den von der neuen Regelung betroffenen Anlagen nicht mehr die sehr aufwändige Netzanschlussregel VDE AR-N 4110 (Mittelspannungsrichtlinie) angewendet werden muss. Vielmehr gilt in Zukunft für alle Anlagen mit einer Leistung von bis zu 500 Kilowatt die einfachere VDE AR-N 4105 (Niederspannungsrichtlinie), unabhängig davon, in welcher Spannungsebene der Generator tatsächlich einspeist.
Die vorgeschlagene Neuregelung ist ein Kompromiss, der im Rahmen eines monatelangen Konsultationsprozesses gefunden wurde. Hier waren neben dem BSW Solar auch die Bundesnetzagentur und verschiedene Netzbetreiber eingebunden. Der BSW wollte eigentlich, dass neue Photovoltaikanlagen künftig komplett ohne aufwändige und sehr teure Anlagenzertifizierung schneller und kostengünstiger ans Stromnetz angeschlossen werden können.
Kompromiss schnell verabschieden
Doch auch der jetzt gefundene Kompromiss wird nach Einschätzung des Branchenverbandes zu einem Wachstum des Photovoltaikzubaus auch auf Gewerbedächern führen. „Damit wird eine weitere große Marktbarriere beseitigt. Dank der bereits erfolgten Abwägung von Netz- und Solartechnikbelangen beim Zustandekommen des Kompromisses wird es hoffentlich schnell zu einer Verabschiedung der Verordnungen kommen“, erwartet Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar. „Nur mit einer vollständigen Entfesselung und einer schnellen Vervielfachung des Photovoltaiknachfrage auch im Gewerbesektor lassen sich die ehrgeizigen Photovoltaikausbauziele der Bundesregierung erreichen.“
Zertifizierer kommen nicht mehr hinterher
Schließlich waren es unter anderem die unverhältnismäßig strengen Zertifizierungsauflagen, die in den letzten Jahren den Ausbau in diesem Segment stark gebremst hat. Denn die Zertifizierer sind mit der Bearbeitung nicht mehr hinterher gekommen, was zu einem monatelangen Stau beim Anschluss von fertigen Anlagen auf Firmendächern ans Netz geführt hat. Das Marktsegment gilt wiederum als besonders wichtig für das Erreichen der Ausbau- und der Klimaschutzziele.
Weitere Vorschläge unterbreitet
Schließlich will die Bundesregierung den Anteil der Photovoltaik an der Stromerzeugung von derzeit gut zehn auf 30 Prozent steigern. Dazu muss die installierte Solarleistung von derzeit rund 70 auf 215 Gigawatt bis zum Jahr 2030 steigen. „Der BSW hatte dafür der Bundesregierung in den letzten Monaten eine Reihe weiterer Empfehlungen zum Abbau von Marktbarrieren und zur Verbesserung der Photovoltaikinvestitionsbedingungen unterbreitet“, erklären die Branchevertreter. „Teilweise sind diese bereits in die Anfang Mai von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgestellten PV-Strategie eingeflossen.“ (su)
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