Das EEG wurde novelliert und es haben sich einige Verbesserungen ergeben. Wie werden sich diese nach Ihrer Einschätzung auf den Ausbau von Photovoltaikanlagen in Deutschland auswirken?
Marc Krezer: Generell begrüßen wir die Überarbeitung des EEG, welches insgesamt viele positive Ansätze enthält. Ein wichtiges Thema ist die Verfügbarkeit von Flächen. Hier sieht die Novellierung des EEG eine Neudefinition der benachteiligten Gebiete vor, wodurch zusätzliche Flächen für Freiflächenanlagen in Frage kommen. Darüber hinaus begrüßen wir die Ausweitung der Verkehrsrandstreifen von 200 auf 500 Meter. Um die Klimaziele zu schaffen, benötigen wir jedoch weit mehr Flächen.
Auch für die Doppelnutzung von Landwirtschaftsflächen, wo Baywa RE Vorreiter ist und wo im neuen EEG auch einige Verbesserungen drin stehen?
Im Bereich Agri-PV ist stark zu bezweifeln, ob die Änderungen ausreichen, um dieser Solaranwendung in den Ausschreibungen gegenüber Freiflächenanlagen zum Durchbruch zu verhelfen. Insbesondere hochaufgeständerte Agri-PV Anlagen sind aufgrund ihrer speziellen Anforderungen sowie aufwendigeren Technik kapitalintensiver als normale Freiflächensolaranlagen. Hinzu kommen die gestiegenen Materialpreise. Der Bonus für Agri-PV im Rahmen der Ausschreibung ist daher deutlich zu niedrig angesetzt, um kommerzielle Projekte in der Breite anzustoßen.
Ein drittes großen Segment sind die schwimmenden Anlagen, die ebenfalls jetzt im EEG berücksichtigt sind. Reichen hier die Regelungen aus oder gibt es Verbesserungsbedarf?
In Bezug auf schwimmende Solaranlagen – sogenannte Floating-PV – schränken die umgesetzten Restriktionen hinsichtlich der maximal nutzbaren Gewässeroberfläche von 15 Prozent und des Ufermindestabstands von 40 Meter das Potenzial der Technologie leider massiv ein. Konservative Berechnungen von Baywa RE ergeben ein Nutzungspotential für Floating-PV-Anlagen in Deutschland von über 20 Gigawatt – ausschließlich auf industriell oder ehemals industriell genutzten, künstlichen Wasserflächen. Nach Umsetzung der Restriktionen fällt das Potenzial jedoch auf rund ein Gigawatt ab und aufgrund der dann massiv gedeckelten Anlagengrößen ist kaum ein Floating-PV-Projekt in Deutschland mehr wirtschaftlich darstellbar. Wir benötigen alle verfügbaren Erneuerbare-Energien-Technologien, im Bereich Solarenergie also Freiflächen-PV, Agri-PV, Floating-PV und Aufdachanlagen, und sollten diese auch entsprechend fördern – nur so können wir eine nachhaltige Energiewende schaffen.
Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch andere Länder wollen den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen. Das bedeutet: Die Anlagen müssen schneller aufgebaut werden. Welche neuen Technologien kommen bei Planung und Umsetzung zum Einsatz, um schneller zu werden?
Der Bau an sich ist nicht das, was den Ausbau von Photovoltaikanlagen verzögert. Derzeit führen vor allem Verzögerungen in der Lieferkette zu einer noch langsameren Umsetzung als gewöhnlich. Längere Fristen beim Ausbau der Photovoltaik entstehen vor allem durch Hürden in der Projektentwicklung bezüglich der Genehmigungsprozesse, Netzanschlussplanung oder der Trassensicherung für den Netzanschluss. Dies führt auch dazu, dass es derzeit nicht genug reife beziehungsweise umsetzbare Projekte gibt.
Welche Rolle spielen dabei die größeren Module, die die Hersteller auf den Markt gebracht haben – sind diese eine Lösung, um schneller mehr Leistung auf die Fläche zu bekommen?
Nicht die Maße der Module sind entscheidend, sondern die Effizienz. Bifaziale Solarzellen zum Beispiel ermöglichen eine beidseitige Stromerzeugung. So erzielt das Modul einen höheren Wirkungsgrad. Aber wie gesagt, unserer Meinung nach sollte der Fokus eher darauf liegen, die eklatanten Hürden bei den Genehmigungsprozessen aus dem Weg zu räumen, um den Photovoltaikausbau schneller voranzutreiben und mehr baufähige Projekte zu ermöglichen.
Neben den zu langsamen Genehmigungsprozessen: Welche Hürden sehen Sie, die unbedingt noch aus dem Weg geräumt werden müssen, um die Zubauziele tatsächlich zu erreichen?
Es gibt eine Reihe von Herausforderungen, denen wir uns bei der Projektentwicklung großflächiger Freiflächenanlagen in Deutschland stellen müssen. Dazu zählen hauptsächlich die Verfügbarkeit geeigneter Flächen und der Netzanschluss. Es ist unbestritten, dass Solarparks einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten werden. Hierfür ist es wichtig, deutlich mehr Flächen als bisher für Freiflächenphotovoltaik zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig die Flächenkonkurrenz, insbesondere mit der Landwirtschaft, zu reduzieren. Die Entschärfung von Landnutzungskonflikten kann zum Beispiel durch Ansätze erreicht werden, die eine Mehrfachnutzung von Flächen ermöglichen wie eben Agri-PV, aber auch Floating-PV. Die „normale“ Freiflächenphotovoltaik wird jedoch den Großteil der benötigten Flächen beanspruchen.
Was ist da die Lösung?
Es müssen Flächenkategorien, wie beispielsweise Landschaftsschutzgebiete und andere Kategorien in der Landes- und Regionalplanung, die derzeit für Freiflächenanlagen unzugänglich sind, für gut geplante Solarparks geöffnet werden. In diesem Zusammenhang verweisen wir gern auf die Selbstverpflichtung „Gute Planung“ des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft BNE, in der Standards definiert sind, durch die Freiflächenanlagen einen noch positiveren Beitrag zu Klimaschutz, Biodiversität, Umwelt- und Naturschutz sowie ländlichen Entwicklung leisten. Für solche Anlagen sollten mehr Flächenkategorien zugänglich sein, als für konventionelle Solaranlagen.
Wie könnte man sich das vorstellen?
Um Solar- und Landwirtschaft noch besser zu harmonisieren, sollten Flächen, auf denen biodiversitätsfördernde Freiflächensolaranlagen errichtet werden, Teil der Landwirtschaft werden und nicht als Sondergebiete der Siedlungsfläche zugeordnet werden. Dies würde zahlreiche Hemmnisse bei der Planung neuer Photovoltaikanlagen reduzieren, steuerliche Probleme, die durch Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen entstehen, lösen und einen dauerhaften Entzug landwirtschaftlicher Flächen verhindern.
Darüber hinaus ist es wichtig, wirtschaftliche Netzanschlusspunkte für neue Projekte zu schaffen. Nicht verfügbare oder nur schwer erreichbare Netzanschlusspunkte treiben die Kosten und die Unsicherheiten für den Photovoltaikausbau. Industrie und Regierung sollten Hand in Hand arbeiten, um den Netzausbau zu fördern. Um die Planung und das Verlegen notwendiger Kabeltrassen von der Anlage hin zum Netzanschlusspunkten für den Projektierer zu erleichtern, sollte zudem eine Duldungspflicht für die Eigentümer der dazwischenliegenden Grundstücke bei angemessener Entschädigung eingeführt werden.
Die Fragen stellte Sven Ullrich
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