Keine einzige Windenergieanlagen konnten die Projektierer und künftigen Betreiber von Windparks in Baden Wüttemberg laut den neuesten Zahlen des Bundesverbands Windenergie (BWE) und dessen Dienstleister Deutsche Windguard im ersten Halbjahr 2013 errichten. Damit ist der Windenergieausbau in dem Südwestland an seinem rechnerischen Tiefpunkt. Schon in den zwei Jahren zuvor wies die Statistik mal neun und mal acht neue Windturbinen als gesamte Zubaumenge eines ganzen Jahres aus – so wenig wie in keinem anderen Bundesland mit Ausnahme der Stadtstaaten und des kleinen Saarlands. Das hatte sowohl beim Lobbyverband BWE als auch ausgerechnet bei der CDU zuletzt noch für Unmutsäußerungen gesorgt. Die CDU-Fraktion des Landtages, bisher im Ländle nur als Windkraftblockiererpartei bekannt, hatte in einer parlamentarischen Anfrage unlängst Informationen zur weiteren Entwicklung der Windkraft im Land erfragt und sich sogar besorgt über die langsame Windenergiewende gezeigt. 2013 sei der Bau einer Windenergieanlage zu erwarten, gab die Landesregierung Anfang August als Antwort. Allerdings seien 14 Windturbinen schon genehmigt und inzwischen lägen auch fertige Anträge für weitere 106 Anlagen in festgezurrten Projekten vor.
Die nackten Daten dieser Antwort klingen mit Blick auf die Ziele der nun nicht mehr ganz so neuen Landesregierung ernüchternd. So plant das Kabinett von Ministerpräsident Winfried Kretschmann gemäß im Landtag verabschiedeten Energiekonzepts einen Ausbau der Windkraft bis im Jahr 2020 von jetzt rund 400 auf 3.500 Megawatt (MW) oder zehn Prozent des Strombedarfs. Bei modernen Drei-MW-Anlagen entspräche dies einer Zubaumenge von rund 1.000 Anlagen.
2014 ist das Startjahr
Dass allerdings der Windenergiezubau in Baden-Württemberg ausgerechnet unter Grün-Rot zunächst noch gänzlich zum Erliegen kommt und ihr innerhalb dieser windkraftfreundlichen fünfjährigen Legislaturperiode nur noch wenig mehr als zwei Jahre verbleiben werden, ist für Kenner nicht überraschend. Denn die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte den Zubaustopp bereits angelegt. Durch Regionalpläne, die Windenergieeignungsflächen oft nur in ungeeigneten Regionen ausgewiesen hatte, waren die Planungen neuer Projekte schon damals in Gänze eingestellt worden. Aufgrund eines längerwährenden Abstimmungsprozesses mit Bürgerbeteiligungen und vorbereitenden Gesetzen war kurz nach dem Regierungswechsel in Stuttgart im Jahr 2012 rasch klar geworden, dass die ersten der wieder neu geplanten Windparks erst 2014 gebaut werden können.
So verwies jüngst auch der Umweltminister Franz Untersteller darauf, dass die regionalen Planungsbehörden inzwischen Flächen für mindestens 1.100 neue Windturbinen ermittelt hätten. Allerdings sind diese Regionalpläne noch nicht verabschiedet. Dabei hätten bislang acht von zwölf regionalen Planungsverbänden ihre Flächen schon soweit geprüft, vier solcher Entwürfe stünden erst noch bevor. 60 Prozent der Kommunen hätten zugleich ihrerseits die Suche nach neuen Windparkflächen begonnen.
Unter Vorbehalt der EEG-Novellierung
All das deutet auf einen nicht mehr aufzuhaltenden Ausbauprozess hin. Abhängig dürften diese Projekte natürlich von der bevorstehenden Novellierung der Windenergievergütung nach der Bundestagswahl im September sein. Noch spätere Projektplanungen sind es aufgrund der mindestens zweijährigen Planungszeiten von dem Ergebnis der nächsten Landtagswahl im Frühjahr 2016.
Alb-Windparkkonzept: Wandel mit kommunaler Verve
Derweil zeigt ein Projekt an einem historischen Ort der baden-württembergischen Windkraftgeschichte, wie sehr der Spielball in Sachen Windenergiewende bei manchen Kommunen sogar mit Verve aufgenommen worden ist. Zwischen den drei Orten Böhmenkirch, Schnittlingen und Stötten auf der Schwäbischen Alb drehen sich schon jetzt die Rotoren mehrerer älterer Windparks.
Nach zweieinhalb Jahren Planungszeit durch das schwäbische Planungsunternehmen Megawatt sind dort nun die Konturen des nächsten Projektes klar. Ein Windpark mit vier Drei-MW-Anlagen ist nun geplant. Es wird ein Bürgerwindpark, an dem Anwohner und Bürger der Region sich mit eigenen Anteilen beteiligen werden. Die Landesregierung hat in mehreren Äußerungen und in Anweisungen an die eigenen Forstbetriebe als Verwalterin möglicher Pachtflächen die Devise für mehr Bürgerwindparks bereits ausgegeben. Die Ortsbürgermeister wollen nun außerdem mit einem so genannten Wetter-Park für Touristen und für die angehenden Ingenieure einer nahe gelegenen Fachhochschule die Windkraft erlebbar machen. Im Mai 2014 soll die Attraktion gebaut sein – und für neuen Tourismus in der strukturschwachen Region sorgen.
(Tilman Weber)