Walter Döring ist in dem Südwestland längst kein Branchenfremder mehr: Der FDP-Politiker hatte in seiner Zeit als Wirtschaftsminister von 1996 bis 2004 mit Windenergie wenig am Hut, und war höchstens mit Windenergie-blockierenden Maßnahmen und Äußerungen aufgefallen. Das hatte er nach dem Politikwechsel in Stuttgart hin zu einer grün-roten Regierung etwa im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN als Fehleinschätzung eingeräumt. Schon 2010 hatte sich Döring vom 2013 Konkurs gegangenen Windparkplanungsunternehmen Windreich AG als eine Art hoher Repräsentant einspannen lassen. Jetzt ist er Chef des Windclusters Baden-Württemberg.
Die seit 2013 schon andauernde Reformdebatte über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist laut Döring inzwischen mit ein Hauptgrund dafür, dass es im Südwesten nicht weitergeht. Schon 1,2 Milliarden Euro lägen allein im Ländle auf Eis, weil die Projekte angehalten worden seien, sagt Döring jetzt in Interviews. Der FDP-Politiker wies die Schuld aber auch den meist der CDU angehörenden Landräten oder zumindest den Landratsämtern zu: „Es gibt welche, die befördern das Thema und es gibt welche, die es nicht wollen.“ Zugleich kritisierte er CDU-Bundespolitiker für immer wieder negative Äußerungen über das EEG und die Windenergie sowie auch die Landtagsfraktion seiner Parteifreunde in Stuttgart: Deren jüngster Vorstoß, einen Stopp jeglicher staatlicher Zuschüsse für Windenergie zu fordern, nannte er „nicht einleuchtend“. Statt jetzt schon vorgezogen Wahlkampf zu betreiben müsse die Politik beachten, dass die Bevölkerung die Energiewende will.
2020-Ziel für Grünstrom nicht mehr zu schaffen?
Wie ERNEUERBARE ENERGIEN bereits 2012 berichtet hatte (Heft 04/2012), war ein Jahr nach der Regierungsübernahme in Stuttgart durch den Grünen-Politiker und heutigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann bereits absehbar, dass eine nennenswerte Bautätigkeit für neue Windparks nicht vor 2014 geschehen konnte. Denn die Landespolitik hatte zuvor die Projekttätigkeit mit Blockaderegelungen und Tricks wie zum Beispiel der Ausweisung für Projekte völlig unrentabler Windenergiezonen zum Erliegen gebracht. Die neue Landesregierung musste seit 2011 erst sämtliche Gesetze zum Thema reformieren. Hinzu kam, dass Grün-Rot zugleich Bürgerbeteiligung, Umweltschutz und Akzeptanz mit einer komplexen Regelungstätigkeit fördern wollte. Das alles aber hat lange gedauert.
Ein Sprecher des Landkreistags wies daher auch den Vorwurf Dörings einer Blockadehaltung zurück. Die Landratsämter verzögerten und blockierten nichts. Einschlägig für die Genehmigungspraxis sei der Windkrafterlass. Leider lägen immer noch nicht alle erforderlichen Daten und Karten für bestimmte Populationen im Artenschutzbereich vor. Sie seien vom Land zeitnah zugesagt. Die grün-rote Politik hat als Landesziel festgelegt, dass bis 2020 rund 1.000 neue Windräder gebaut werden müssen, um einen Anteil der Windkraft an der Stromversorgung von zehn Prozent zu erreichen. Das Ziel sei nun nicht mehr zu schaffen, vermutet Döring.
(Tilman Weber)