Möglicherweise wird es bei Siemens Gamesa 2017 noch nichts mit der Übernahme der Weltmarktführung – abgesehen, dass das auch vom Abschneiden des Hauptrivalen Vestas abhängen wird. Um sieben Prozent sind die Umsätze des fusionierten Unternehmens im Vergleich zum Abschneiden beider Unternehmen im Vorjahresquartal im Zeitraum von April bis Juni zurückgegangen. Das ist die Bilanz im ersten gemeinsamen Geschäftsbericht der seit April offiziell vereinten beiden Unternehmensteile. Ein Hauptgrund waren vorübergehend rückläufige Umsätze und Verkäufe bei den Turbinen vor allem im indischen Markt, wo Gamesa traditionell besonders stark vertreten ist. Hier findet derzeit eine Umstellung im Vergütungssystem auf Ausschreibungen statt. Der Umsatz im Hauptgeschäft Windenergieanlagen reduzierte sich daher sogar um neun Prozent – und der Turbinenverkauf in Megawatt ging um ein Viertel zurück, während das Geschäft mit Instandhaltungen, Windparksteuerung und Betriebsführung um acht Prozent anwuchs. In absoluten Zahlen flossen so 2,693 Milliarden Euro in die Firmenkasse, davon 2,393 Milliarden Euro aus dem Turbinengeschäft und 300 Millionen Euro durch den Servicebereich. Der Turbinenverkauf setzte Anlagen mit einem Erzeugungsvolumen von zusammen 1.950 Megawatt (MW) ab.
Im letzten Fiskaljahr als noch eigenständiges Unternehmens erzielte Gamesa von April 2016 bis März 2017 in Indien einen neuen Rekord: Mit gut zwei Gigawatt neuer Installationen errichteten die Spanier 38 Prozent der auf dem Subkontinent zur selben Zeit neu hinzugebauten Leistung. Nun allerdings stellt Indien das bisherige Vergütungssystem auf ein System mit Ausschreibungen zur Ermittlung der Vergütungsrechte und Vergütungshöhen um. Weil zuletzt Ausschreibungstermine und Modalitäten noch nicht ganz geklärt waren, hatten auch die Projektierer auf dem indischen Markt ihre Aktivitäten weitgehend angehalten. Ab 2018, so rechnet man bei Siemens Gamesa nun, soll in Indien wieder ein „größere Marktbelebung“ vorherrschen.
Auch der operative Gewinn ist somit im dritten Quartal um 21 Prozent auf 211 Millionen Euro eingebrochen. Gleichwohl verweist Siemens Gamesa auf eine ohne den Indien-Effekt stabile Wachstumstendenz: Das Indiengeschäft ausgenommen hätten die Umsätze um 1,6 Prozent zugenommen. Auch die Marge im Kerngeschäft sei in dieser Rechnung um 8,6 Prozent besser geworden.
Zugleich meldet Siemens Gamesa, dass der Umbau des fusionierten Unternehmens zu einem neu strukturierten Gesamtkonzern schneller vorankomme als geplant. So sollen jetzt die sogenannten Synergieeffekte beim Zusammenschluss beider Unternehmen – Einsparungen möglicherweise durch Zusammenlegen von Betriebseinheiten mit damit verbundenem Stellenabbau oder etwa durch bessere logistische Möglichkeiten – die bisher anvisierte Höhe von 230 Millionen Euro mindestens erreichen. Vielleicht aber könnte Siemens Gamesa auch mehr einsparen, lässt das Unternehmen wissen. Zudem soll der Synergieerfolg nicht erst wie ursprünglich geplant binnen vier sondern schon binnen drei Jahren eintreten. Das deutsch-spanische Unternehmen bestimmte auch einen neuen Chef für die Abteilung Windenergie an Land. Die Führung des Bereichs übernahm der bisherige langjährige Gamesa-Manager Ricardo Chocarro.
(Tilman Weber)