Österreich ringt derzeit um eine Verbesserung des Rechtsrahmens für die Produktion von Ökostrom. Die Photovoltaik wäre direkt betroffen. Die Bundesregierung in Wien gerät dabei immer mehr unter Zugzwang. Der Druck, endlich die Ökostromgesetzgebung zu novellieren, wächst stetig. Nachdem die Branchenverbände ihre Unmut über die ewigen Verzögerungen einer Novelle der Ökostromgesetzgebung geäußert haben, meldet sich auch die Wirtschaftskammer der Alpenrepublik (WKO) zu Wort. Sie fordert eine Entbürokratisierung der gesamten Gesetzgebung zu erneuerbaren Energien. Stephan Schwarzer, Leiter der umwelt- und energiepolitischen Abteilung der WKO fordert, die sogenannte Bescheidpflicht für Ökostromanlagen gänzlich aufzuheben. Zudem sollten Betreiber von Photovoltaikanlagen, die ihren Sonnenstrom an Dritte direkt vermarkten, nicht automatisch zum Energieversorger mit den dazugehörigen Pflichten werden. Ein dritter Schritt der Entbürokratisierung der Energiewende wäre der Wegfall der Genehmigungspflicht für den Bau von Photovoltaikanlagen auf Gewerbedächern. „Damit können Investoren ärgerliche Mehrkosten und Verzögerungen erspart bleiben, wie bei Privathaushalten reichen die Baugenehmigungen völlig aus“, betont Schwarzer.
Weniger Bürokratie beschleunigt den Bau von Anlagen
Der Abbau der Bürokratie in der Ökostromgesetzgebung würden die administrativen Hürden für den Bau von Photovoltaikanlagen vereinfacht und der Anteil der erneuerbaren Energien am österreichischen Strommix schneller steigen. Zumindest die ersten beiden Forderungen werden mit der anstehenden kleinen Ökostromnovelle umgesetzt, indem der Paragraph 7 des Ökostromgesetzes entsprechend nur noch für rohstoffabhängige Anlagen gelten soll. Doch bleibt das Gesetzgebungsverfahren derzeit im Parlament hängen.
Die Verabschiedung verschiebt sie derzeit, weil sich die Regierung mit der Opposition – vor allem mit den Grünen – nicht auf einen mehrheitsfähigen Kompromiss einigen kann. Dabei geht es vor allem um die Förderung von Bioenergieanlagen und den Abbau der Warteliste zur Förderung von bereits genehmigten Windkraftanlagen. Während die Bundesregierung den Rechtsrahmen nur ein wenig verändern will, damit nicht zu viele Fördergelder ins Spiel kommen, verlangen die Grünen, dass vor allem die Warteschlage der Windkraftanlagen mit mehr Fördermitteln schneller abgebaut wird. Die Bundesregierung lehnt dies ab, weil sie dann befürchtet, die Förderung beihilferechtlich von Brüssel genehmigen zu lassen, weil die Fördersummen zu hoch werden.
Ökostromgesetzgebung ist völlig veraltet
Damit verzögert sich auch die Änderung der Rahmenbedingungen für die Photovoltaik. Diese Änderungen gehen der Branche schon ohnehin nicht weit genug. Schließlich werden hier die strukturellen Probleme bei der Förderung von Solaranlagen nicht beseitigt. Denn die Ökostromgesetzgebung stammt noch aus den Jahren, als der gesamte Solarstrom eingespeist wurde. Die Fördermittel sind entsprechend aufgeteilt. Inzwischen hat aber auch in Österreich der Eigenverbrauch von Solarstrom zugenommen. Dies wird bei der Verteilung der Fördermittel überhaupt nicht berücksichtigt. Dadurch wird ein großer Teil der Fördermittel, die der Photovoltaik zustehen, überhaupt nicht abgerufen.
Deshalb schlägt der Branchenverband PV Austria noch die komplette Umstellung der Förderung von der Einspeisevergütung, die über 13 Jahre gezahlt wird, auf einen Investitionszuschuss vor. Dadurch könnten nach Berechnungen von PV Austria jedes Jahr Solarstromanlagen mit einer Gesamtleistung von 30 Megawatt mehr gebaut werden. Der derzeitige Ausbau in Österreich liegt zwischen 130 und 150 Megawatt pro Jahr.
Mit einem gleichzeitigen Vorziehen der Fördersummen, die für die 13 Jahre in Form des Vergütungstarifes für den eingespeisten Solarstrom auf die kommenden sechs Jahre könnte der Zubau verdreifacht werden, ohne dass ein Cent zusätzlicher Fördermittel notwendig wäre. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde danach überhaupt kein Förderbedarf mehr bestehen“, stellt Hans Kronberger, Präsident von PV Austria, in Aussicht.
Eigenverbrauch bei Förderung berücksichtigen
Zudem schlägt er vor, bei der Vergabe der Fördermittel den Eigenverbrauch als Kriterium mit aufzunehmen, statt dass allein der Eingang des Förderantrags gilt, weshalb in jedem Jahr Anfang Januar die Fördermittel innerhalb weniger Minuten ausgebucht sind. „Hier wäre es möglich, diejenigen mit einem höheren Eigenverbrauch gegenüber denjenigen, die eine höhere Netzeinspeisung haben, zu bevorzugen und dabei auch die Speicher mit zu berücksichtigen“, erklärt Hans Kronberger auf dem diesjährigen Photovoltaikkongress, der vor wenige Tagen in Wien stattfand. „Dadurch können wir diese Eigenverbrauchsidee – auch zur Entlastung der Netze – forcieren. Das ist auch für das Gewerbe wichtig. Eigenverbrauch muss dabei als alles definiert werden, was nicht ans Netz geliefert wird. Hier werden sicherlich auch zusätzliche Impulse gesetzt, die für die Entwicklung der Photovoltaik wichtig sind.“
Deshalb fordert auch Stephan Schwarzer von der WKO die komplette Abschaffung der Eigenverbrauchsbesteuerung im Elektrizitätsabgabengesetz. „Das wäre die billigste Art der Förderung durch den Staat, die er sich nicht entgehen lassen sollte, denn gleichzeitig würde der Bürokratische Aufwand für die Erhebung dieser Steuer wegfallen“, betont er. Derzeit dürfen die Betreiber von Solaranlagen in Österreich aber nur 25.000 Kilowattstunden pro Jahr selbst verbrauchen, sonst wird eine Sonnensteuer fällig. Das bremst vor allem den Bau von Eigenverbrauchsanlagen im gewerblichen Segment aus.
Immerhin nimmt die kleine Ökostromnovelle einen zentralen Punkt in Angriff: die Zulassung von Mieterstromprojekten. Auch wenn diese noch einige Hürden überspringen müssten und noch einige sperrige Klauseln im Gesetzentwurf drin stehen, wären sie zumindest erst einmal möglich. „Bedauerlich ist, dass die drei Parteien auch die Entbürokratisierung des Elektrizitäts- und des Ökostromrechts nicht beschließen, obwohl es kein beihilfenrechtliches Hindernis gibt“, resümiert Stephan Schwarzer von der WKO. „Ein solcher Beschluss hätte nur Gewinner: die Wirtschaft, die investieren möchte und könnte, die Verwaltung, die entlastet würde und nicht zuletzt die Umwelt, weil es mehr Sonnenstrom gäbe.“ (Sven Ullrich)