Anfang des Monats richteten sich die Gedanken des Wirtschaftsministers Philipp Rösler auf die Kosten des EEG-Vergütungssystems. Es stelle sich angesichts steigender Stromverbraucherpreise die Grundsatzfrage: „Wollen wir das bezahlen oder wollen wir das eine oder andere im System ändern?“ Eine Studie zweier Institute, die Greenpeace nun veröffentlicht hat, unterstützt diese Frage. Laut ihrem Ergebnis ist eine Änderung im System tatsächlich nötig, um kleinere Gewerbe und Privatpersonen zu entlasten.
Ungerecht verteilte Kosten
Allerdings richtet sich ihre Untersuchung nicht gegen die EEG-Förderung selbst, die nach deutschem Vorbild mittlerweile in 60 Staaten adaptiert wurde. Vielmehr sollten staatlich angeordnete Vergünstigungen einzelner Industriezweige untersucht werden, um die Kosten der Energiewende gerechter zu verteilen. „Die Privilegien haben aktuell einen Umfang von rund neun Milliarden Euro pro Jahr“, heißt es in dem Papier mit dem Titel Strom- und Energiekosten der Industrie, das das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft und das Institut für Zukunftsenergiesysteme erarbeitet haben. Eines dieser Privilegien ist die Befreiung einiger Industriezweige von der EEG-Umlage. Die Umlage wird von jedem privaten oder mittelständischen Stromkunden bezahlt und gleicht die Differenz zwischen der Vergütung des Grünstroms und seinem tatsächlich erzielten Handelspreis aus.
Zurzeit belaste die Befreiung einzelner Industriezweige von der EEG-Umlage die Verbraucher mit 1,2 Milliarden Euro im Jahr, bilanziert nun Greenpeace. Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie kritisiert diese Praxis: „Die Studie belegt wissenschaftlich, was wir schon seit langem vermutet haben: Große Teile der deutschen Industrie profitieren von der Energiewende, ohne sich an ihren Kosten zu beteiligen.“ Hintergrund: Tatsächlich hat der höhere Grünstromanteil an der Börse für fallende Strompreise gesorgt. Laut Internationalem Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) sanken die Stromhandelspreise in den ersten fünf Monaten 2012 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17,3 Prozent auf 4,37 Cent pro Kilowattstunde. Das kommt vor allem Industriekunden und Stromhändlern zu Gute, die ihre Energie an der Börse einkaufen.
Auf die Höhe der EEG-Umlage hat das wiederum negative Auswirkungen: Mit fallenden Börsenpreisen wird auch der Grünstrom billiger, die Schere zwischen den an der Börse erzielbaren Stromerlösen und der Stromvergütung klafft weiter auf – die Umlage steigt, um die Differenz auszugleichen. IWR-Direktor Norbert Allnoch rechnet mit Mehrbelastungen für die Verbraucher von einer Milliarde Euro, sollte diese Entwicklung anhalten.
Weitere Rabatte für die Industrie
Großstromkunden sind derzeit davon weitgehend ausgenommen: Unternehmen mit mindestens zehn Gigawattstunden Verbrauch im Jahr zahlen unter gewissen Voraussetzungen eine EEG-Umlage von 0,05 Cent pro Kilowattstunde für 90 Prozent ihres Verbrauchs – verglichen mit einer Umlage pro Kilowattstunde privater Verbraucher von 3,59 Cent. Wer über 100 Gigawattstunden bezieht, kann sogar befreit werden. Statt einzelne Industriezweige nun stärker an den Grünstromkosten zu beteiligen, plant die Regierung die Privilegien ab 2013 sogar auszuweiten: Schon wer eine Gigawattstunde Verbrauch nachweisen kann, erhält Rabatt auf die Umlage – dazu müssen sogar geringere Auflagen erfüllt werden als für größere Kunden gelten. Laut Studie soll sich der Kreis privilegierter Unternehmen damit verdreifachen. „Der Anstieg der EEG-Umlage geht zu einem großen Teil auf das Konto zunehmender Befreiungstatbestände für die Industrie“, klagt Albers. „Dieses System sorgt dafür, dass immer weniger Schultern die Kosten für Energiewende und Netzausbau tragen.“
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(Denny Gille)