Das Directorate General of Safeguards (DGS) im indischen Finanzministerium hat vorgeschlagen, einen Strafzoll in Höhe von satten 70 Prozent auf alle nach Indien importierten Solarmodule und Solarzellen zu erheben. Die Dauer der Schutzmaßnahme für die indischen Hersteller, die diese gefordert haben, sollte zunächst auf 200 Tage begrenzt sein, bis eine endgültige Entscheidung gefallen ist. Von den Strafmaßnahmen sollen nur Hersteller aus Schwellen- und Entwicklungsländern ausgenommen werden. Hier gilt als Ausnahmen von der Ausnahme, dass auf importierte Module und Zellen aus China und Malaysia ebenfalls die Schutzzölle erhoben werden.
Damit werden 90 Prozent aller nach Indien exportierten Solarmodule und Solarzellen von den Zöllen betroffen sein. „Die Entscheidung ist ein riesiger Schock und beinhaltet ein Risiko eines heftigen Handelsstreits in der Branche abgesehen davon, dass das Regierungsziel davon betroffen ist, bis 2022 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 100 Gigawatt zu installieren“, warnen die Experten von Bridge to India, einem auf den indischen Solarmarkt spezialisierten Beratungsunternehmen mit Sitz in Neu-Delhi. „Nachdem bereits ein Importzoll von 7,5 Prozent auf Solarmodule und eine Waren- und Dienstleistungssteuer von fünf bis 18 Prozent auf die verschiedenen Investitionskosten erhoben werden, lässt die Empfehlung jegliche politische Konstanz und Klarheit der verschiedenen Regierungsbehörden vermissen.“
Analysten halten es für einen Fehler
Das DGS folgt mit seinem Vorschlag einer Forderung der fünf großen indischen Zell- und Modulhersteller Mundra Solar, Indosolar, Jupiter Solar, Websol Energy und Helios. Er basiere auf einem sehr schwachen Argument, dass durch die wachsenden Zell- und Modulimporte die einheimischen Hersteller wirtschaftlichen Schaden erleiden würden, beschreiben die Analysten von Bride to Indie die Argumentation. Zwar sei dies offensichtlich aber noch lange kein Grund, den Markt abzuschotten. „Viel wichtiger ist es nach unserer Ansicht, einen Blick darauf zu werfen, warum die indischen Hersteller es nicht geschafft haben, ihre Produktion aufzuskalieren oder ihre Produktionslinien zu modernisieren“, betonen die indischen Marktexperten. „Wieso sind deren Herstellungskosten höher als die Importkosten?“, fragen sie sich. Dazu sei es fraglich, ob sie überhaupt eine wachsende Nachfrage abdecken können.
Die Analysten von Bridge to India halten es für einen politischen Fehler, statt diesen Fragen nachzugehen, die Regierung Handelsbarrieren vorschlägt, um einige einheimische Hersteller zu schützen. Denn gleichzeitig wird sich die Solarenergie aufgrund solcher Zölle verteuern, was in allen Märkten, die bisher mit solchen Maßnahmen die heimische Industrie schützen wollten, immer zum Rückgang der Nachfrage geführt hat. Die geringeren Installationszahlen gehen dann zu Lasten der Arbeitsplätze bei den Projektierern und Installationsbetrieben der Branche. Dies ist auch für Indien zu befürchte, sollten die Zölle eingeführt werden. Die Experten von Bridgt to India schätzen, dass durch eventuelle Handelsbarrieren zehntausende Jobs auf dem Spiel stehen – mehr als die einheimischen Modulhersteller schaffen können. Sie betonen, dass der größte Teil des Marktwachstums in den letzten drei Jahren ein Ergebnis der Preisreduzierung für Solaranlagen ist.
Projekte stehen auf der Kippe
Eine endgültige Entscheidung über Handelsbarrieren könnte nach Erkenntnissen der Experten von Bridge to India frühestens in 46 Wochen fallen. Sie raten den Projektentwicklern deshalb, alles zu tun, damit sich die Entscheidung so lange wie möglich hinauszögert, so das die geplanten Projekte noch mir Modulen ohne Strafzölle gebaut werden können. Zudem sollten sie sich dafür einsetzen, dass jegliche Strafzölle auf Module für diejenigen Projekte entfallen sollen, die schon in einer Auktion gewonnen haben oder mit einem Liefertarif versehen sind. Doch die Chancen, dass die Regierung sich auf Erleichterungen für Projekte in der Pipeline der Projektierer einlässt, sind nach Ansicht der Analysten gering. „Falls solche Erleichterungen nicht möglich sind, ist zu befürchten, dass der Bau von Projekten mit einer Gesamtleistung von 4,5 Gigawatt unmöglich und deshalb abgeblasen wird“, warnen sie. (Sven Ullrich)