180 Meter Rotordurchmesser: Noch einmal 16 Meter weiter als die bislang größte Offshore-Windturbine, die der dänische Anlagenhersteller MHI-Vestas produziert, wird der neue Windkraftwerkstyp in die Luftströmungen ausgreifen. Die 88 Meter langen Rotorblätter liegen bereits am Kai. Gut die erste Hälfte des Turms – bestehend aus drei Sektionen – ist schon installiert. Die Kompletterrichtung inklusive der Montage des Rotors an die Nabe sollte „noch vor dem Sommer erledigt sein“, stellt Adwen-Sprecher Fernando Reartes in Aussicht. Der Netzanschluss werde im „frühen Sommer“ erfolgen, betonte Reartes, wenngleich theoretisch sehr ungünstiges Wetter einen solchen konkreten Zeitplan immer noch gefährden könnte.
Bei gerade einmal 105 Meter Nabenhöhe wollen hier künftig die Forscher des Fraunhofer Windenergieinstituts Iwes die Luftströmungen im Rotorkreis vermessen und in Bezug auf diese die Erzeugungsdaten der Anlage analysieren. Denn die Pilotanlage steht auf einem Testfeld, für das das Wirtschaftsministerium 18,5 Millionen Euro Forschungsförderung locker gemacht hat. Das Iwes will in der Adwen-Anlage nun aber nicht nur die Effizienz der Windturbine überprüfen oder etwa, wie und wie schnell sie auf welche Windveränderungen reagiert – oder möglicherweise ja auch, welche Wind-Turbulenzen ihre Rotorblätter im Betrieb tatsächlich verursachen und damit welchen Ertragsverlust sie bei Nachbarwindturbinen in künftigen Adwen-Windparks bedeuten könnte. Solche Wake-Effekte sind ein natürliches und nicht vermeidbares Phänomen in allen Windparks.
Das IWES will darüber hinaus aber noch tiefergehende Forschungen vornehmen. Als besonderes Forschungsfeld nennt das Institut hierzu das Anlagenverhalten bei Stromnetzfehlern. Moderne Netzregulierung verlangt hier eine Fault-Ride-Through-Eignung (FRT) von den Anlagen. Diese sollen demnach weiterhin Strom in regelmäßigen Sinuskurven einspeisen können, wenn einmal im Netz die Spannung wegbricht oder die Frequenz durchgeht. Dann müssen FRT-fähige Anlagen reaktionsschnell auch ihre Erzeugung von sogenannter Blindleistung je nach Bedarf der Netzregulierung steuern. Diese Blindleistung setzt sich nicht in gelieferte Energie für die Stromkunden um, sondern hilft dort die Stromqualität, aber auch die Spannung zu stabilisieren. Das Iwes hat für das Testfeld bereits konkrete Forschung ins Auge gefasst: „Insbesondere können so neue Methoden für Fault-Ride-Through-Tests durch die Kopplung des Prototypen mit dem bereits vorhandenen 44MVA Mittelspannungsnetzemulator entwickelt und validiert“, teilte es bei der Förderungs-Bekanntgabe im Dezember mit.
Auch, inwiefern IWES-Teststände wie der Ganz-Gondel-Teststand in Bremerhaven realitätsnah arbeiten, lässt sich an der Adwen-Anlage überprüfen. Darauf setzt das Iwes. Die Gondel mit dem gesamten eingebauten Triebstrang von der Hauptwelle bis zum Generator hatte ihre Herz-und-Nieren-Prüfungen, also ihre in die Tiefe gehenden Tests, in den vergangenen Monaten in diesem Iwes-Teststand durchlaufen. Nun soll sie noch einmal in den Teststand, Dynalab genannt. Nachdem auch die Nabe an vorne an die Gondel montiert worden ist, testet das Dynalab noch einmal alles durch.
(Tilman Weber)