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Nachhaltigkeit

Kohleausstieg bis 2030 und Verbot von Kurzstreckenflügen

In der aktuellen Diskussion über Kurzstreckenflüge fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) das Verbot von innerdeutschen Flugverbindungen, wenn die gleiche Reiseroute mittels Bahn innerhalb von vier Stunden oder weniger zurückgelegt werden kann. Ein Beispiel hierfür ist die Strecke München – Berlin. Die DUH springt mit dieser einfachen und einleuchtenden Botschaft den Grünen zur Seite. Denn diese wurden umgehend von Entertainern und Regierungsvertretern an den Pranger gestellt für eine deutliche abgeschwächtere Aussage in dieser Richtung. Kein Wunder, sucht man doch dringend nach Möglichkeiten, die Grünen vor der Wahl zu schwächen. Gleichwohl - die Wahlprognosen werden sich naturgemäß in den nächsten Monaten noch bewegen. Auf die Aussage bleibt bestehen: Kurzstreckenflüge können wir uns angesichts eines schwindenden CO2-Budgets nicht mehr leisten. Die DUH weist darauf hin, dass mit dem Verbot solcher Kurzstreckenflüge eine beschleunigte Elektrifizierung und Modernisierung des Schienenverkehrs gerade jenseits der Hochgeschwindigkeitsstrecken erfolgen muss. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Bahn eine klimafreundliche Alternative darstellt, indem sie auf zertifizierten Ökostrom aus Deutschland setzt und über die Bezugsquellen volle Transparenz herstellt. Die beschleunigte Modernisierung ist nach Ansicht der DUH nur möglich, wenn eine neue Bundesregierung den Mut aufbringt, das Schienennetz aus dem Staatskonzern DB AG in eine eigene Struktur zu überführen.

„Wir erleben seit Jahrzehnten eine systematische Schwächung der Bahn jenseits der profitablen Fernverkehrsverbindungen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Strecken wurden stillgelegt und Güterverladebahnhöfe abgewickelt. Besonders ärgerlich sei die von der Bahn boykottierte Streckenelektrifizierung und Modernisierung der Signaltechnik. Mit aktuell nur 62 Prozent Streckenelektrifizierung liegt Deutschland hinter Ländern wie Portugal und Polen. "Wenn es bei der mickrigen jährlichen Elektrifizierungsrate bliebe, die wir aktuell haben, bräuchten wir bis weit nach dem Jahr 2100, um den seit 1990 bestehenden Schweizer Stand von über 99 Prozent elektrifizierten Schienen zu erreichen", so Resch. Das im Koalitionsvertrag verankerte Elektrifizierungsziel der Bundesregierung von 70 Prozent bis 2025 wird nach Einschätzung der DUH weit verfehlt – auch weil einfache Beschleunigungspotenziale vom zuständigen Verkehrsministerium und der Deutschen Bahn (DB) mutwillig nicht genutzt werden. Das zeigt laut DUH unter anderem die ernüchternde Bilanz der beiden „Leuchtturmprojekte“ zur beschleunigten Elektrifizierung von Bahnstrecken, die vor einem Jahr gestartet wurden. Im Mai 2021 blieb mit der „Bodenseegürtelbahn“ nur noch eins der Projekte übrig – die seit über 30 Jahren geplante Elektrifizierung einer überregional bedeutsamen Dieseltrasse entlang des wichtigsten Trinkwasserspeichers Mitteleuropas. „Es ist ernüchternd zu sehen, dass selbst bei einem Projekt wie der Bodenseegürtelbahn, das der Bahnvorstand Dr. Lutz zur Chefsache macht, keinerlei Bereitschaft besteht, die Elektrifizierung und damit Kapazitätserweiterung der Schiene tatsächlich schneller voran zu treiben. Auch eine vereinbarte Folgekommunikation mit dem Vorstand findet nicht statt“, bilanziert Resch.

Ein anderes Streitthema ist das etwaige Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2030. Demnach soll insbesondere die Energiewirtschaft eine stärkere Reduktion der CO2-Emissionen schultern und ihre Emissionen bis 2030 auf 108 anstatt bisher 175 Mt CO2-Äquivalente senken. In einer aktuellen Berechnung analysieren die Energiemarkt-Experten von Energy Brainpool, wie das neue Sektorziel erreicht werden kann und welche Rolle der Kohleausstieg und der Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) dabei spielt.
Die Hauptergebnisse: Das neue Sektorziel der Energiewirtschaft für 2030 kann nur durch einen vorgezogenen Kohleausstieg erreicht werden. Die Reduktion der Kohleverstromung bleibt in Bezug auf die Emissionen der mit Abstand größte Hebel. Wird allein der Braunkohleausstieg auf 2029 vorverlegt, muss der avisierte EE-Anteil am Bruttostromverbrauch in 2030 von 65 auf 75 Prozent erhöht werden. Würde auch der Steinkohleausstieg auf 2029 vorgezogen, so ließe sich das energiewirtschaftliche Sektorziel auch mit einem EE-Anteil von 65 Prozent erreichen. „Ein niedriger EE-Anteil am Stromverbrauch hemmt Emissionsreduktionen, insbesondere in Sektoren wie Verkehr, Wasserstoff oder Wärme, die an den Strommarkt gekoppelt sind. Denn flexible Verbraucher würden Strom vor allem in den wind- und sonnenreichen Stunden beziehen“, sagt Michael Claußner, Expert bei Energy Brainpool. So wäre der Strombezug von Elektroyseuren in 2030 in diesem Fall um sechs Prozent CO2-intensiver als mit 75-prozentigem EE-Anteil.

Versorgungssicherheit: Bei vorgezogenem Braunkohleausstieg sind rund 11 GW, bei vollständig vorgezogenem Kohleausstieg rund 16 GW zusätzliche Flexibilität am Strommarkt notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Diese Flexibilität kann durch Speichertechnologien, Demand-Side-Management, zusätzliche Gaskraftwerkskapazitäten sowie die Netzreserve bereitgestellt werden. Je höher der Anteil von Speichern oder Demand-Side-Management, desto niedriger sind die Emissionen.
Die Rolle der Regenerativstromerzeuger wandelt sich zunehmend: In den Zeiträumen, in denen Wind- und Solaranlagen produzieren, bleibt künftig immer weniger fossile Reststromerzeugung übrig. Diese könnte durch noch mehr Wind- und Solarzubau verdrängt werden. Stattdessen werden diese Überschüsse zunehmend in anderen Sektoren genutzt (zum Beispiel Verkehr, Wasserstoffproduktion, Wärmebereitstellung) oder exportiert, um fossile Stromerzeuger in Nachbarländern zu verdrängen. So schrumpft der Beitrag des zusätzlichen EE-Ausbaus zum Erreichen des energiewirtschaftlichen Sektorziels bei hohen EE-Anteilen. Stattdessen wächst der Beitrag in anderen Sektoren, um das Ziel zu erreichen.

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