Das verfügbare Angebot von Umwelt- und Abwärme in Deutschland, das über Wärmepumpen bereitgestellt werden kann, übersteigt bei weitem den Wärmebedarf für Gebäude und industrielle Prozesswärme bis 200 °C. In Summe beläuft sich die potenzielle Wärmeleistung, die Wärmepumpen aus CO₂-freien Quellen auch ohne Nutzung von Umgebungsluft zur Verfügung stellen können, auf rund 1.500 Terawattstunden. Das zeigt eine neue Studie Fraunhofer IEG im Auftrag von Agora Energiewende. Wärmepotenziale bieten demnach die oberflächennahe und tiefe Geothermie, See- und Flusswasser, industrielle Abwärme, Abwasser, Kohlengruben sowie Rechenzentren. Demgegenüber stehe ein jährlicher Wärmebedarf für Temperaturen bis 200 °C von insgesamt etwas über 1.000 Terawattstunden, heißt es in einer Presseinformation der Denkfabrik.
Derzeit gibt es Großwärmepumpen mit einer Leistung von 60 MW in Deutschland
„Deutschland verfügt über mehr Umwelt- und Abwärmequellen als wir brauchen, um den gesamten Wärmebedarf für Temperaturen bis 200 °C zu decken“, sagt Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende. „Mit Großwärmepumpen werden diese Wärmequellen großflächig für die Fernwärmeversorgung und in der Industrie nutzbar.“ Bereits heute könnten Großwärmepumpen die in Wärmenetzen benötigten Temperaturen von in der Regel 90 °C bis 110 °C sowie die in der industriellen Fertigung nötige Prozesswärme bis 200 °C bereitstellen.
Aktuell sei der Anteil von Großwärmepumpen an der deutschen Wärmeerzeugung mit 60 Megawatt installierter Leistung jedoch noch verschwindend gering, so Müller. Immerhin: Laut Studie sind mindestens 30 weitere Großwärmepumpenprojekte mit einer Gesamtleistung von rund 600 MW bereits im Bau oder in Planung.
Drei Voraussetzungen für einen erfolgreichen Hochlauf
Bis 2045 können Großwärmepumpen über 70 Prozent der Fernwärme in Deutschland bereitstellen und dort Erdgas weitestgehend ersetzen – wie aus den Langfristszenarien im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgehe, hieß es weiter. Dafür brauche es einen durchschnittlichen Zubau von jährlich vier Gigawatt neuer Großwärmepumpenleistung bis 2045. Die Agora Studie nennt drei Voraussetzungen für einen schnellen Hochlauf von Großwärmepumpen:
- einen klaren Ausbaupfad basierend auf einer verbindlichen kommunalen Wärmeplanung,
- den Abbau von Preisnachteilen gegenüber fossilen Energieträgern und
- eine strategische Ausweitung des Wärmepumpen-Angebots etwa durch die Standardisierung von Produktionsprozessen.
Nachfrage nimmt zu
In den skandinavischen Ländern seien Großwärmepumpen längst auf dem Vormarsch und versorgten Wohngebiete großflächig mit klimaneutraler Wärme, sagt Müller. „In Deutschland sind Großwärmepumpen zwar noch ein Nischenprodukt, aber die Anfragen bei Herstellern nehmen stark zu.“
„Mit einer Reform des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes und einer Aufstockung des Förderprogramms für Wärmenetze lässt sich diese Schieflage beheben und die Wärmewende beschleunigen“, sagt Müller. Und das sei dringend nötig, denn die Wärmeerzeugung bis 200 °C für Gebäude und Industrie macht aktuell noch über drei Viertel des deutschen Erdgasverbrauchs aus und ist für über ein Viertel der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. „Es bleiben noch gut 20 Jahre bis zur Klimaneutralität. Deshalb brauchen wir dringend Anreize für grüne Wärmelösungen, statt den Hochlauf durch unabgestimmte Fördersysteme zu blockieren“, sagt Müller.
Gleichzeitig sei ein klares Zielbild entscheidend, auch damit Hersteller Planungssicherheit bekommen. Zudem kann sich mit einer gesicherten Nachfrage das Angebot von Großwärmepumpen weiterentwickeln: Weg von Einzelanfertigungen, hin zu einer industriellen Standardproduktion. Das sei auch zentral für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche: „Mit einem klug abgestimmten Instrumentenmix kann Deutschland sich als führender Produzent von Großwärmepumpen aufstellen und die europäischen Herstellerkapazitäten für klimafreundliche Technologien stärken.“ (kw)
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