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Was passiert, wenn im PPA vereinbarte Liefermengen unterschritten werden? 

Für die Betreiber von Windenergie- und Photovoltaikanlagen hängt der wirtschaftliche Erfolg von der erfolgreichen Vermarktung ihres Stroms ab. Eine zentrale Rolle spielen dabei so genannte Power Purchase Agreements (PPAs). Bei einem PPA handelt es sich um einen langfristigen Vertrag zwischen Stromerzeuger und -abnehmer über die direkte oder indirekte Lieferung einer bestimmten Strommenge zu einem von den Parteien vereinbarten Preis über einen bestimmten - in der Regel - langen Zeitraum.

Die Ausgestaltung eines PPAs ist komplex und mit einigen Herausforderungen verbunden. Die größte dürfte darin bestehen, den aufgrund der langen Laufzeit nicht vorhersehbaren Marktrisiken gerecht zu werden. Ein PPA muss demnach die Interessen der Parteien nach größtmöglicher Rechtssicherheit abbilden und zugleich die Flexibilität bieten, wesentliche Vereinbarungen neu zu verhandeln, falls dies aus wirtschaftlichen Gründen notwendig sein sollte.

Nach deutschem Recht handelt es sich bei einem PPA um einen Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB. Da zwischen den Parteien aber nicht nur ein einmaliger Leistungsaustausch stattfindet, sie die ihnen obliegenden Pflichten vielmehr wiederkehrend erbringen, sind auch die Regelungen über Dauerschuldverhältnisse, etwa das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB, anwendbar. Neben dem in § 314 BGB definierten wichtigen Grund der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag können weitere, wichtige Gründe individuell zwischen den Parteien vereinbart werden. Das können zum Beispiel ein langanhaltender Ausfall der Windenergie- oder Photovoltaikanlage sein, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei oder der wiederholte Verstoß gegen wesentliche Vertragspflichten, etwa Liefer- oder Zahlungspflichten.

Die Situation, dass der Strommarkt einmal bessere Konditionen als der PPA bietet, sollte hingegen kein wichtiger Grund für eine vorzeitige Beendigung des PPAs sein. Hierbei handelt es sich vielmehr um ein vertragstypisches Risiko, dem die Parteien mit einer Preisanpassungsklausel begegnen können. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Preisanpassungsklauseln in PPAs geregelt werden, bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Stromerzeuger sie vorgefertigt hat und regelmäßig gegenüber den Abnehmern verwendet. Nach der grundsätzlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Preisanpassungsklauseln sind an ihre Wirksamkeit durchaus strenge Anforderungen zu stellen: Sie müssen hinreichend transparent und die Gründe für die Preisanpassung im PPA klar definiert sein. Die Parteien müssen beim Abschluss des PPAs also eine gewisse Weitsicht und Marktkenntnis beweisen. Zudem hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel nicht allein dazu dienen darf, den Gewinn des Erzeugers zu erhöhen (Az.: VIII ZR 320/07 vom 28.10.2009).

Darüber hinaus können in einem PPA unterschiedliche Vereinbarungen zur Liefermenge getroffen werden. Mit einem so genannten „as-produced-PPA“ können die Parteien zum Beispiel bestimmen, dass der gesamte in der Windenergie- oder Photovoltaikanlage erzeugte Strom geliefert werden soll. Alternativ kann mit einem „fixed-volume-PPA“ eine bestimmte Liefermenge definiert werden. Daneben können beide Vereinbarungen auch miteinander kombiniert werden. Legen die Parteien eine bestimmte Liefermenge fest, sollte im PPA geregelt werden, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn diese Liefermenge unterschritten wird. Zwar hat der Abnehmer gesetzliche Schadensersatzansprüche gegen den Erzeuger. Dennoch ist es ratsam, die Pflichten des Erzeugers durch individuelle Vereinbarungen zu konkretisieren. Der Erzeuger dürfte zudem regelmäßig daran interessiert sein, eine Schadensminderungspflicht des Abnehmers zu vereinbaren. Diese ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Der Bundesgerichtshof greift dafür aber regelmäßig auf die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zurück (Az.: VII ZR 389/21 vom 16.12.2021). Danach kommt es für den Umfang der Schadensminderungspflicht darauf an, welche Maßnahmen eine vernünftige, wirtschaftlich denkende Person nach Lage der Dinge ergreifen würde, um den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Um Auslegungsstreitigkeiten vorzubeugen, sollten die zu ergreifenden Maßnahmen im PPA jedoch definiert werden. Beispielsweise kann der Abnehmer verpflichtet werden, die fehlenden Liefermengen an der Strombörse zu erwerben oder für diesen Fall weitere PPAs mit Dritten abzuschließen.

Mit einer sorgfältigen Ausgestaltung der PPAs können also die Risiken einer langfristigen Lieferbeziehung minimiert werde. Damit steht einer erfolgreichen Vermarktung von Strom aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen nichts im Wege.

Autorin: Josefine Wilke ist Rechtsanwältin in der auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei Dombert Rechtsanwälte in Potsdam. Sie berät unter anderem Betreiber von Windenergie- und Photovoltaikanlagen bei der Ausgestaltung von PPAs. (nw)

Josefine Wilke, Kanzlei Dombert Rechtsanwälte

DOMBERT

Josefine Wilke, Kanzlei Dombert Rechtsanwälte