„Warum ist ein virtuelles Kraftwerk sinnvoll und wo kann es eingesetzt werden?“ Was ist bei seinem Aufbau zu beachten? Und welche Lehren lassen sich aus ersten kommerziellen Projekten für die Praxis der Stadtwerke ziehen? So konkret lassen beispielsweise die Fachgebietsleiterin Vertrieb/Handel/Gas beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU), Silvia Wild, und der Experte vom Hagener Energieversorger Mark-E AG, Jakub Czyz, bisherige Erkenntnisse aus der Online-Aussteuerung dezentraler Stromerzeugung Revue passieren. Eineinhalb Stunden lang präsentieren sie im Fachforum „Stolpersteine und Lösungsansätze auf dem Weg zum virtuellen Kraftwerk“, was von dieser Vision dieses künftigen Geschäftsmodells der Stadtwerke in der Praxis lukrativ ist. Das virtuelle Kraftwerk ist somit am zweiten Tag der Veranstaltung am 8. und 9. März eines der vier wichtigsten Schwerpunktthemen der gesamten Tagung. Sie findet dieses Mal in Braunschweig statt.
Viele kommunale Versorger setzen nämlich bereits darauf, künftig als Dienstleister für die Betreiber dezentraler, kleinerer, meist regenerativer Stromerzeugungsanlagen deren fluktuierende Einspeisung so auszuregeln, dass es in den Stromnetzen zu keinen Überlastungen kommt. Dabei wollen sie Geld für ihre Dienstleistung erzielen. Ihren Kunden können sie umgekehrt damit dienen, dass sie die Einspeisung auf die schwankenden Stromhandelspreise so optimal abstimmen, dass den Betreibern dennoch höhere Erlöse winken.
Marketingargument: Regional wird das neue Bio
Ebenso konkret wird es womöglich beim einstündigen Themen-Block „Regional wird das neue Bio“!?: Welche Marketingstrategien – und womöglich Erzeugungsstrategien – können den Stromkunden davon überzeugen, dass seine Versorgung durch das örtliche Stadtwerk gleichbedeutend mit grüner Elektrizitätsgewinnung sein wird.
Vermutlich nicht weniger konkret, wenn auch erst in Vorbereitung ein Modell der Duisburger Stadtwerke: Die Entwicklung einer Online-Vertriebsplattform von Stadtwerken für Stadtwerke – der Abteilungsleiter Vertrieb des Versorgers, Steffen Wöhler, referiert darüber. Der regionale und kommunale Energieversorger Wemag aus Schwerin stellt auf dem Vertriebstag derweil seine Erfahrung mit dem Betrieb eines Batteriespeichers aus 16.600 Litihum-Magan-Einheiten mit insgesamt fünf Megawatt (MW) Leistung vor, die kurzfristige Schwankungen in der Netzfrequenz ausgleichen sollen. Der Batteriebetreiber Wemag erhält für seine Netzdienstleistung Geld für die Bereitstellung sogenannter Primärregelleistung. Dafür hat er zum wiederholten Male eine entscheidende Ausschreibung gewonnen. So verdient er nach eigenen Angaben gut damit, dass der Batteriespeicher speziell mehr fluktuierende Einspeisung von Wind- und Solarenergieanlagen im eigenen Netz in Nordostdeutschland und Teilen Niedersachsens ermöglicht.
Nach EEG-Reformen: Abschied von Idealvorstellungen
Auch die Fernwärme, die Direktvermarktung von Strom und die Digitalisierung der Energieversorgung und der damit verbundenen Vertriebsleistungen stehen auf dem Programm.
Erneut ist die Energiewende das Motto dieser jährlichen Veranstaltung des Stadtwerke-Verbands VKU. So schmückt erneut ein Panoramabild einer mit Windenergieanlagen dicht bestellten norddeutschen Landschaft das vierseitige Programm, durch die auch noch eine Hochspannungstrasse führt. Das Sinnbild für die Integration der erneuerbaren Energien in die Versorgungslandschaft ist eindeutig. Doch nach der jüngsten Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2014 und angesichts der bevorstehenden EEG-Reform im laufenden Jahr 2016 sowie des ab 2017 beginnenden Ausschreibungsverfahrens für Windenergie-Projekte ist die direkte Beteiligung der Stadtwerke an der Grünstromerzeugung der Zukunft keineswegs abgemacht. Bürgerenergiegenossenschaften und die Direktvermarktung aus womöglich eigener EEG-Stromerzeugung sind nicht mehr wie im vergangenen Jahr eigene Programmpunkte.
(Tilman Weber)
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