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Studie von Roland Berger

24 Einflüsse auf die Energiewende

Mitten in der heftigen Debatte um die Novelle des EEG stellt das Münchner Beratungsunternehmen Roland Berger Strategy Consultants ihre Studie über die Einflussfaktoren der Energiewende vor. Die Lektüre ist nicht nur ein Ruhepol in der hitzigen Diskussion. Die Autoren der Studie stellen auch klar, dass diese Diskussion an der Realität vollkommen vorbei geht. Während die Politiker in Berlin um eine Novelle des EEG streiten, sind ganz andere Einflussfaktoren wichtig für das Gelingen der Energiewende. Denn diese ist mehr als nur billiger Strom und niedrige Kosten. „Für die erfolgreiche Energiewende müssen viele wichtige Aspekte gleichzeitig berücksichtigt werden“, sagt Torsten Henzelmann, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. „Dies erfordert ein gemeinsames Verständnis aller Akteure über den richtigen Kurs – und ein abgestimmtes Handeln.“

Insgesamt zwölf Trends entscheiden über das weitere Vorankommen in der Energiewende, wie die Autoren der Studie bei ihren Befragungen herausgefunden haben. Aber auch 12 essentielle Unsicherheiten könnten zum Scheitern der Energiewende beitragen, wenn die Politik und die Wirtschaft die falschen Entscheidungen trifft. So antworteten jedenfalls die gut 30 renommierten Wissenschaftler und Praktiker aus der Energiewirtschaft, die die Mitarbeiter von Roland Berger befragt haben. Dabei sollten die Befragten die Einflussfaktoren nicht nur verschiedenen Themenbereichen zuordnen, sondern auch ihre Bedeutung für die Energiewende bewerten.

Diskontinuierliche Politik schadet der Energiewende

Den größten Einfluss auf den Erfolg der Energiewenden haben tatsächlich die wirtschaftlichen Voraussetzungen und die politischen Entscheidungen. Doch die Debatte darf sich nicht auf die Entwicklung des EEG beschränken. Ebenso wichtig sind die politischen Entscheidungen zum Netzausbau, die Einführung der bisher noch fehlenden Kapazitätsmechanismen und vor allem die Weiterentwicklung des Handels mit CO2-Zertifikaten. Diese ist zwar nur von geringerer Bedeutung für das Gelingen der Energiewende, stellt aber auch gleichzeitig die größte Unsicherheit dar. Das deckt sich auch mit der Einschätzung der Energiepolitik der Europäischen Union. Zum einen bedarf es einer engen Abstimmung innerhalb der EU. Zum anderen wird aber diese EU-Energiepolitik als unsicher und inkonsistent bewertet. „Wir sehen eine klare Aufforderung an die Politik, Langfristperspektiven zu schaffen, sodass Unternehmen und Bürger verlässliche Planungsgrundlagen an die Hand bekommen“, erklären die Autoren der Studie. Als einzigen positiven Trend, der von der Politik ausgeht, sehen die Experten die immer strengeren Vorgaben bei der Energieeffizienz. Die Bedeutung dieser Vorgaben für das Gelingen der Energiewende wird aber eher geringer eingestuft. Die Experten zweifeln aber kaum daran, dass diese Vorgaben in Zukunft strenger werden.

Wirtschaftlich sind die Weichen gestellt

Auf der wirtschaftlichen Seite werden vor allem die Preisentwicklungen den Erfolg der Energiewende bestimmen. So sind sich die Experten einig, dass die Gestehungskosten regenerativen Stroms weiter sinken und damit die Energiewende vorantreiben werden. Gleichzeitig werden sich auch die Börsenstrompreise im Sinne der Verwendung regenerativen Stroms entwickeln. Diese beiden Faktoren sind die wichtigsten Trends. Doch mit ihren fragwürdigen Entscheidungen und Argumenten hat die Politik die Tendenz, dem weiteren Ausbau der billiger werdenden Anlagen zur Erzeugung regenerativen Stroms immerfort Knüppel zwischen die Beine werfen zu wollen. Deshalb gelten die politischen Entscheidungen in der Regel auch als essentielle Unsicherheiten für die Energiewende. Aber auch die gesamtwirtschaftliche Situation spielt eine große Rolle für den Erfolg der Energiewende. Schließlich bedeutet der Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien immer ein hohes Maß an Investition, die nur getätigt wird, wenn das Geld auch vorhanden ist. Hier sehen die Experten eher eine Unsicherheit. Denn die Anbieter entwickeln zwar immer wieder neue rentable Geschäftsmodelle, aber die Verfügbarkeit von Eingen- und Fremdkapital wird als Unsicherheit eingestuft. Ebenso sehen die Experten auch in der Entwicklung der Förderung von erneuerbaren Energien eine Unsicherheit für die Energiewende. Zwar werden auch die Entwicklung der Verbraucherstrompreise und der Preise fossiler Brennstoffe als Unsicherheit gewertet. Doch niemand geht davon aus, dass die fossilen Energieträger in Zukunft wieder billiger werden. Ob die Verbraucherstrompreise ebenfalls so stark ansteigen werden, wie befürchtet, ist aber noch längst keine ausgemachte Sache. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass durch das große Angebot von Solar- und Windstrom im Netz die Energieversorger die sinkenden Börsenpreise endlich an ihre Kunden weitergeben und damit die Verbraucherstrompreise weniger stark steigen als befürchtet. Ein sicherer Trend hingegen ist der Umbau der Stromversorgung von einem zentralen System großer Kraftwerke hin zu einer dezentralisierten Landschaft kleiner Erzeugungsanlagen, mit denen die Verbraucher den Strom selbst produzieren. Dieser Trend ist auch ein entscheidender für die Energiewende.

Die Speichertechnologie birgt Unsicherheiten

Einen entscheidenden Einfluss haben auch die technologischen Entwicklungen. Das Angebot von wirtschaftlich rentablen Erzeugungsanlagen steht als Trend immerhin fast ganz oben. Die Experten gehen davon aus, dass die Hersteller ihre Entwicklungen immer weiter voran treiben werden, so dass immer wieder Solarstrom-, Windkraft- und Bioenergieanlagen zu Preisen auf dem Markt angeboten werden, die es den Investoren erlauben, diese wirtschaftlich betreiben zu können. Auf der anderen Seite sehen die Experten die Entwicklung der Speichertechnologie eher skeptisch. Die zentrale Frage ist dabei, ob es den Herstellern gelingen wird, die bisherigen Probleme zu überwinden und lange haltbare und preislich erschwingliche Speicher anzubieten.

Die Bürger sind dabei

Insgesamt ist das Fazit der Studie, dass die Energiewende vielschichtiger und komplexer ist, als sie derzeit wahrgenommen und diskutiert wird. Dazu zählen auch Trends wie die Entwicklung eines Umwelt- und Energiesparbewußtseins durch die Menschen, die Verknappung fossiler Rohstoffe, die als sicher gilt, aber auch auf der anderen Seite die Unsicherheiten bei der Akzeptanz der Infrastrukturmaßnahmen und des Baus von Erzeugungsanlagen beim Bürger. Am Ende der Studie geben die Autoren schließlich Empfehlungen für eine konsistente Reformagenda. So zeigt sich, dass der Erfolg des Projektes Energiewende vor allem auch von einem klugen Finanzierungsrahmen, einem verlässlichen und flexiblen Fördersystem sowie einer schlüssigen Forschungs- und Entwicklungspolitik abhängt. (Sven Ullrich)