Das Bundeswirtschaftsministerium hat seine Optionen für das künftige Strommarktdesign vorgelegt, was von der Branche mit gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt zwar die Veröffentlichung des Berichts, kritisiert jedoch die knappe Konsultationsfrist und fordert eine umfassende Debatte.
Die Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) hat in einer ausführlichen Analyse zwischen Februar und Dezember 2023 verschiedene Aspekte des Strommarktes untersucht und dabei unterschiedliche Lösungsansätze präsentiert. Der BEE bemängelt, dass die Beratungen aufgrund des engen Zeitrahmens nicht die erforderliche Tiefe erreicht haben. Trotzdem wird die Veröffentlichung des Berichts sieben Monate nach Abschluss der PKNS-Arbeiten als wichtiger Schritt gesehen.
Ein bedeutender Punkt des Berichts ist das klare Bekenntnis des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) zur einheitlichen deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone. Laut BEE-Präsidentin Simone Peter bildet dies eine solide Grundlage, um die Herausforderungen der Energiewirtschaftstransformation nachhaltig anzugehen.
Flexibilitätsoptionen positiv bewertet
Besonders positiv bewertet der BEE die angekündigte Flexibilitätsagenda. Bisher waren Flexibilitätsoptionen wie Bioenergie und Wasserkraft nur unzureichend integriert oder sogar blockiert. Die gezielte Förderung von Erzeuger-, Speicher- und Verbraucherflexibilitäten sei jetzt essenziell, um den Anforderungen eines zunehmend erneuerbaren Stromsystems gerecht zu werden. Simone Peter betont, dass die Energiewende hohe Investitionen erfordert, die nur durch verlässliche Rahmenbedingungen gesichert werden können. Jede Reform müsse darauf abzielen, die Bereitstellung von Finanzmitteln auch weiterhin über den freien Markt zu gewährleisten.
Scheer für Flexibilisierung und Dezentralisierung
Die klima- und energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, erklärt zum Optionenpapier Strommarkt, beim Umstieg auf erneuerbare Energien brauche Deutschland flexible Lösungen, Speicher und eine gute Nutzung der Stromnetze. Diese dürften den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht behindern. Der künftige Strommarkt müsse sich an den erneuerbaren Energien orientieren. „Dezentralisierung schafft dabei Sicherheit und die Möglichkeit, vorhandene Flexibilität einzubinden. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien sollte dabei nicht als Teil der Strommarktintegration verstanden werden, da dies den Erneuerbaren-Ausbau bremsen und den Klimaschutz behindern würde. Nur mit den Erneuerbaren sichern wir eine nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung."
Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer von VDMA Power Systems, warnt, das vom BMWK favorisierte Modell für gesicherte Leistung drohe deutlich zu kompliziert zu werden, ohne klare Indikation, ob es funktionieren wird. „Denn diese Art eines Kapazitätsmechanismus ist bisher nirgendwo auf der Welt implementiert worden. Benötigt wird ein pragmatischer Ansatz, der nicht jeden Eventualfall abzudecken versucht, sondern vor allem das wichtige Ziel – die Versorgungssicherheit – in den Mittelpunkt rückt.“ Das Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) müsse das BMWK nun ebenfalls schnellstmöglich auf den Tisch legen, so dass die erforderliche Kompatibilität sichergestellt werden kann und Investitionen angereizt werden.
Ein kritischer Punkt in der aktuellen Diskussion ist die Konsultationsfrist, die auf den 28. August inmitten der Hauptferienzeit festgesetzt wurde. Der BEE fordert eine Verlängerung der Frist bis zum 13. September, um eine geordnete und verfassungsrechtlich gebotene Verbändebeteiligung zu ermöglichen.
Der BEE hat seine Vorschläge zur Flexibilitätssteigerung und Kostensenkung der Energiewende in einem umfassenden Maßnahmenpaket dargelegt. Dieses beinhaltet eine signifikante Erhöhung der Flexibilität im Strommarkt, die bessere Nutzung der vorhandenen Netzinfrastruktur durch Überbauung der Netzverknüpfungspunkte sowie die Einführung eines mengenbasierten Absicherungssystems anstelle des bisherigen zeitbasierten Modells.(nw)