Mal wieder ist ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Diesmal mit im Verhandlungspaket: Akzeptanz und lokale Teilhabe. Konkret haben sich die Koalitionäre auf eine neue kommunale Abgabe geeinigt. Betreiber von Windenergieanlagen dürfen zukünftig bis zu 0,2 Cent pro vor Ort erzeugter Kilowattstunde an die Standortkommunen weiterreichen – und sich dieses Geld dann wieder aus dem EEG-Topf zurückholen können. Für Solarkraftwerke soll eine vergleichbare Regelung über eine Verordnungsermächtigung im kommenden Jahr nachgereicht werden. Die Regelung bleibt freiwillig, aber es spricht vieles dafür, dass sie im Markt für neue Windenergieanlagen zum Standard wird. So weit. So gut.
Eingeständnis der Politik: Für mehr Akzeptanz fehlt noch was
Eine umfassende Akzeptanzpolitik für Erneuerbare Energien bleibt gleichwohl noch ein weiter Weg. Auch das ist eine Botschaft aus dieser EEG-Novelle. So reichen die Parlamentarier mit dem Gesetzesbeschluss gleich auch einen konkreten Arbeitsauftrag an die Regierung weiter. Im Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD wird die Regierung gebeten, „zur Erhöhung der Akzeptanz der Windenergie an Land über die im EEG 2021 vorgesehene kommunale Beteiligung und die fortgeführte Regelung zur Bürgerenergie hinausgehende, kosteneffiziente Maßnahmen zur Stärkung der Bürgerenergie und der Akzeptanz vor Ort vorzuschlagen“. Das Thema bleibt also auf der Tagesordnung und es geht in eine nächste Runde.
Dies ist nichts weniger als ein Eingeständnis der Politik, dass man noch nicht am Ziel ist. Und das verwundert nicht. Denn die Regierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag mehr vorgenommen. So wollte man neben der stärkeren Beteiligung der Standortgemeinden an der Wertschöpfung von EE-Anlagen auch die „Möglichkeiten einer Projektbeteiligung von Bürgerinnen und Bürgern verbessern“. Aber genau für diese ausgeweitete Bürgerbeteiligung hat die Koalition keine Lösung für eine bundeseinheitliche Regelung gefunden.
Finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bleibt relevant
Für eine finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an EE-Anlagen spricht gleichwohl vieles. Beispielsweise dass zwei Drittel der Bundesbürger dies als eine sinnvolle Maßnahme zur Akzeptanzschaffung ansehen. Und es verwundert nicht, dass dieses Prinzip allerorts eine breite Anwendung findet. Einzelne Bundesländer und viele Kommunen machen die Investitionsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger daher auch zur Auflage für die Umsetzung von Wind- oder PV-Anlagen. Und so erlaubt das EEG den Ländern gemäß §36g (5) auch weiterhin weitergehende Regelungen zur Bürgerbeteiligung und zur Steigerung der Akzeptanz für den Bau von neuen Anlagen zu erlassen.
Gesetzliche Pflicht versus empfohlene Qualitätsstandards
Die Debatte wird weitergehen. Ein Aspekt des kommenden Jahres wird sicherlich sein, wie eine bundeseinheitliche Regelung für die finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an EE-Projekten umgesetzt werden kann. Für eine gesetzliche Pflicht würde sprechen, dass die lokale Teilhabe in all ihren Facetten zum Maßstab für die Energiewende werden würde. Die Bundespolitik könnte aber in Abstimmung mit den Ländern und Kommunen auch mehr tun, um die Qualitätsstandards zu heben. Siegel und Leitfäden für die zielführende Beteiligung der Menschen vor Ort und eine angemessene lokale Wertschöpfung gibt es schon heute vielfach. Was fehlt, ist eine bundesweit einheitlicher Ansatz, der Projektierer und Betreiber honoriert, die sich ernsthaft um Akzeptanz bemühen. Auch durch diese Form von informellen, aber bundesweiten Regelungen wäre sicherlich viel gewonnen.
Und was sollen nun die Projektierer tun? Einfach machen!
Solange die Politik auf Bundesebene hier weiter debattiert, können die Unternehmen einfach handeln. Neben der neuen Kommunalabgabe ist und bleibt die finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort ein einfaches und wirkungsvolles Mittel für eine nachhaltige Energiewende. Vor allem überall dort, wo unter den Bürgern ohnehin eine Bereitschaft für Investitionen besteht und ein paar geschenkte Euro mehr in der Kasse der Standortkommunen nicht den großen Unterschied für die lokale Identität mit dem Projekt machen – immer dann ist Bürgerbeteiligung der Goldstandard.
Autor: Josef Baur, Experte für Bürgerbeteiligungen und Geschäftsführer der Eueco GmbH