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Forum Neue Energiewelt/Jahreversammlung des BSW Solar

Solarbranche fordert schnelleren Photovoltaikausbau in Deutschland

Katerstimmung in Berlin. Nachdem FDP-Chef Christian Lindner aus den Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition ausgestiegen ist, werden die Karten neu gemischt. Doch gleichgültig, ob es jetzt auf Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung hinausläuft, die Energiewende muss in der Politik in den kommenden Jahren ganz oben stehen. „Denn die Energiewende passiert sowieso, aber sie passiert entweder mit oder ohne uns”, sagt Andreas Liebheit vom Marktforschungsinstitut Heraeus auf dem Forum Neue Energiewelt mit Blick auf das Schwächeln Deutschlands beim Ausbau der Ökostromversorgung.

Er sieht weltweit den jährlichen Zubau der Photovoltaikleistung von einem Terawatt bereits im Jahr 2020 für realisierbar. Der Ausbau findet aber derzeit in anderen Regionen der Welt statt. China, Indien, die USA und Japan sind derzeit die Vorreiterländer. Deutschland hat hier seine einstige Position längst eingebüßt. Während China auf die 50 Gigawatt in diesem Jahr zusteuert, dümpelt die Bundesrepublik weit unter den schon ohnehin niedrigen Zubauzielen der alten Bundesregierung zu. Selbst in den USA geht der Ausbau munter weiter – trotz eines Donald Trump. Der Präsident hat es nicht geschafft, den Markt zu bremsen. Andreas Leibheit führt das darauf zurück, dass die Wirtschaft die Vorteile einer preiswerten Solarenergie erkannt hat.

Strombedarf steigt

Zum vierten Mal in Folge unterschreitet der Ausbau der Photovoltaik in diesem Jahr das im EEG festgegesetzte Ziel. „Wir werden in diesem Jahr wahrscheinlich bei einem Zubau von zwei Gigawatt landen”, prognostiziert Karl-Heinz Remmers, Vorstand der Solarpraxis Neue Energiewelt. „Deutschland ist vom Vorreiter zum Looser geworden”, fasst Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin die derzeitige Stellung der Bundesrepublik in Sachen Energiewende zusammen.

Quaschning prognostiziert einen in Zukunft steigenden Strombedarf. Der Grund: Immer mehr wird über den Stromsektor laufen. Die Elektromobilität und die Elektrifizierung der Wärmeversorgung der Haushalte oder der Industrie werden dafür sorgen, dass sich der Stromverbrauch in Deutschland verdoppeln wird. Dieser Strom muss aber aus erneuerbaren Energien kommen, sonst funktioniert es nicht mit der Senkung des CO2-Ausstoßes. Deshalb fordert Quaschning die Politik auf, endlich die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Ausbau der Photovoltaik auf jährlich 15 Gigawatt ansteigen kann.

Kostenargument zieht nicht mehr

Das Kostenargument, das die letzten beiden Bundesregierungen gegen die Photovoltaik aus dem Hut gezaubert haben, um die üppigen Hürden für die Photovoltaik zu begründen, lässt Quaschning nicht gelten. Denn er stellt den Kosten der Energiewende die Kosten der derzeitigen Stromversorgung gegenüber. Allein die Klimaschäden beziffert er auf 75 Milliarden Euro pro Jahr. „Der Umbau des Systems für die Energiewende ist vergleichsweise preiswert”, betont Quaschning. „Wir müssen endlich aufhören zu jammern, dass die Energiewende zu teuer sei.”

Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) drängt auf eine Beschleunigung des Ausbaus der Photovoltaik. „Deutschland wird seine Klimaziele nur mit einem deutlich kraftvolleren Ausbau der Solar- und Speichertechnologie erreichen können”, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar auf der Hauptversammlung des Verbandes. „Verbrauchsnah und preiswert verfügbare Solarenergie wird viel zu wenig genutzt, während Kohlekraftwerke und veraltete Heizungen die Energiewende behindern und die Atmosphäre belasten.”

Speicher als vierte Säule der Energieversorgung

Körnig verweist auf die gesunkenen Kosten für die Solarenergie, die zusammen mit Stromspeichern eine der tragenden Säulen der Energieversorgung wird. „Unser Energiesystem ist für eine deutliche Beschleunigung des Solarenergieausbaus bereit”, betont Körnig. „Es ist höchste Zeit, bestehende Bremsen zu lösen.” Denn der jährliche Zubau von Solarenergie müsse beschleunigt werden Wie Volker Quaschning verweist auch Körnig auf die Elektromobilität und die Wärmeversorgung. Dafür ist in erster Linie nach Einschätzung des BSW Solar die Beseitigung der regulatorischen Hindernisse und Marktbarrieren notwendig. Eine neue Bundesregierung müsse endlich das Energierecht um die Speicher als vierter Säule des Energiesystems erweitern und ihre Markteinführung mittels einer Speicherstrategie zielgerichtet flankieren. Wann eine neue Bundesregierung allerdings bereitsteht, um solche Projekte anzupacken, steht noch längst nicht fest. Denn die Hängepartie in Berlin geht erst einmal weiter. So lange wird sich im Energierecht kaum etwas bewegen. (Sven Ullrich)