Agora Energiewende hat eine Studie erstellen lassen, in der die Autoren feststellen, dass die Energiewende so nicht funktionieren kann. Denn während der immer sauberer werdende Strommix durch staatliche Belastungen künstlich immer teurer wird, greifen die Bundesbürger bei der Wärmeerzeugung immer noch auf die alte Gastherme zurück. Der Grund: Auf die fossilen Brennstoffe fallen viel weniger Abgaben an als auf den Strom. Damit werden sämtliche Power-to-Heat-Anwendungen nicht wirtschaftlich genug. Ein Fakt, den schon seit Jahren der Bundesverband Wärmepumpe kritisiert. Hier werden die Gasheizungen gegenüber den mit Ökostrom betriebenen Wärmepumpen bevorzugt.
Sauberer Strom künstlich verteuert
Die Zahlen sprechen für sich. Denn während selbst auf den Strom für Wärmepumpen Abgaben in Höhe von etwa 15 Cent pro Kilowattstunde anfallen – auf den Haushaltsstrom schlägt die Bundesregierung noch einmal etwa 18,7 Cent pro Kilowattstunde drauf – liegen die Abgabenbelastungen beim Erdgas bei 2,2 Cent pro Kilowattstunde und beim leichten Heizöl sogar nur bei 0,6 Cent pro Kilowattstunde. Damit ist die Energiewende natürlich niemals in den Heizungskeller zu tragen, es sei denn die Vorgaben für die Effizienz von Heizungen und den erlaubten Treibhausgasausstoß werden weiter verschärft und endlich auch auf den Gebäudebestand angewendet, was sich bisher noch niemand getraut hat. Dies wäre eine Möglichkeit, auch mit hohen Stromkosten aufgrund hoher Abgabenlast mehr Wind- und Solarstrom für die Wärmeversorgung aufzuwenden.
Preissignale verstärken
Das würde dem Gesamtsystem zugute kommen. Denn bisher lohnen sich noch nicht einmal die schwachen Preissignale von der Strombörse. Selbst wenn die flexiblen Strompreise in Deutschland Gang und Gäbe wären und die Energieversorger diese auch weitergeben würden, ist der Beschaffungspreis nur ein kleiner Anteil. Die Abgabenlast bleibt bestehen. Deshalb schlagen die Autoren der Studie als Lösung auch die Flexibilisierung der Abgaben wie die EEG-Umlage vor. So könnte bei niedrigeren Börsenpreisen auch die EEG-Umlage sinken und wenn die Börsenstrompreise steigen, steigt auch die EEG-Umlage. Das würde die Nutzung von Flexibilitäten anreizen. Die Haushalte und Unternehmen könnten dann ihre Wärmepumpen anwerfen und den Strom in Form von Wärme speichern. Bisher lohnt sich so etwas erst, wenn die Megawattstunde Strom an der Börse mit etwa 70 Euro im negativen Bereich liegt – auch das haben die Autoren der Studie ausgerechnet.
Kosten verursachergerecht verteilen
Die Autoren der neuen Agora-Studie haben noch mehr Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Alle setzen dort an, wo es am meisten klemmt, an der ungleichen Verteilung der Abgabenlast und des künstlich verteuerten Stroms. Am teuren Ökostrom kann es nicht mehr liegen. Denn die Gestehungspreise für Strom aus Solar- und Windkraftanlagen haben so weit nachgegeben, dass ein Zubau kaum noch Auswirkungen auf die Höhe der viel gescholtenen EEG-Umlage hat. Dort sind aber noch viele Altanlagen mit eingepreist, die in den Zeiten hoher Einspeisevergütungen ans Netz gingen. Auch dafür haben die Autoren der Studie eine Lösung. Ein steuerfinanzierter Fonds soll her, der einen Teil der EEG-Umlage – nämlich denjenigen, der auf die Finanzierung dieser alten Anlagen entfällt – quasi stunden soll. Erst 2025 soll dann der Fonds durch eine längere Zahlung der EEG-Umlage, als bisher notwendig, zurückgezahlt werden. Diese Fondslösung ist nicht neu. Doch bleibt sie widersinnig. Denn immerhin werden die üppigen Subventionen der fossilen Brennstoffe – sowohl auf dem Strom- als auch auf dem Wärmesektor – mit Steuern finanziert und niemand regt sich darüber auf, dass dies zu teuer wäre. Das ist ganz einfach. Es bekommt einfach niemand mit.
Deshalb bleibt die Frage, warum die Förderung der erneuerbaren Energien weiter mit einer Umlage auf den Stromverbrauch finanziert werden sollte. Immerhin schlagen die Autoren der Studie auch die Möglichkeit einer kompletten Finanzierung der Energiewende über Steuermittel vor. Das wäre dann sogar gerechter. Denn dann würden nicht nur die Haushalte sowie die kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Kasse gebeten, sondern die Energiewende würde stärker auf die Schultern der finanzkräftigeren Stromverbraucher verlagert. Bei einer zusätzlich höheren Abgabenlast auf fossile Energieträger, etwa durch einen Handel mit CO2-Zertifikaten, der tatsächlich zum Ziel hat, die Schäden, die Umwelt- und Gesundheitsbelastungen durch den Ausstoß von Treibhausgasen zu bestrafen, würde auch das Verursacherprinzip gewahrt.
Energiewende ist Verbrauch vor Ort
Das Problem dabei ist, dass durch den niedrigeren Strompreis der Eigenverbrauch von Solarstrom weniger lukrativ wäre als wenn dieser selbst genutzte Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage einfach komplett von der EEG-Umlage befreit würde. Dies würde auch das Netz entlasten und es fällt weniger Ausbaubedarf an, wenn der Strom nicht mehr durch die ganze Republik transportiert werden müsste, sondern gleich dort verbraucht wird, wo er anfällt. Dies könnte wiederum mit einer höheren Gewichtung von Grund- und Leistungspreisen gegenüber den Arbeitspreisen beim Strombezug ausgeglichen werden. Denn wenn ein Unternehmen für die Verbrauchsspitzen, die eine Maschine beim Anschalten auslöst, sehr viel mehr bezahlen muss, lohnt es sich, diese Leistungsspitze mit eigenem Strom abzudecken. Dies würde gleichzeitig den Ausbau von Speichern in Gewerbebetrieben forcieren, ein Segment, das bisher noch nicht so richtig vom Fleck kommt, aber absolut notwendig ist, damit das System von volatilen Erzeugern auch getragen werden kann.
Fünf Lösungsansätze präsentiert
Die Autoren der Agora-Studie machen nicht weniger als fünf Lösungsvorschläge. Sie sind nicht die Ersten, die das machen. Schon oft wurde angemahnt, die Sektoren gemeinsam zu betrachten und die Kosten verursachergerecht auch mit Blick auf den Klimawandel zu verteilen. Schon oft wurden Lösungen offeriert, wie die Strompreise sinken und die EEG-Umlage nicht mehr zur schweren Bürde werden könnten. Wenige fanden in den letzten Jahren Gehör bei den politischen Entscheidern. Immer wieder scheitern solche Lösungsansätze am konservativen Kleingeist der großen Koalition in Berlin. Dabei wäre es so einfach. Denn längst ist klar: Die Energiewende – sowohl auf dem Strom- als auch auf dem Wärme- oder Mobilitätssektor – ist kein technologisches Problem mehr, sondern scheitert derzeit allein an der politischen Blockade. Da werden Vorschläge für die Erhöhung der Effizienzstandards von Gebäuden und Heizungen mit dem Argument ausgebremst, dass solche Gebäude vielleicht nicht wirtschaftlich sein könnten. Das würde sich sofort ändern, wenn die Lösungsansätze, die seit Jahren präsentiert werden, endlich ernst genommen würden. Viele Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch. Allein es mangelt an der Umsetzung. (Sven Ullrich)