Mit gerade einmal 339 zu 336 Stimmen votierte das Abgeordnetenhaus der Europäischen Union (EU) in Brüssel am 22. Mai für neue verbindliche EU-Ausbauziele. Ein Antrag auf die Forderung konkreter Ausbauziele im Bereich von 40 bis 45 Prozent Anteil am Gesamtenergieverbrauch scheiterte jedoch deutlich. Mit 284 zu 365 Stimmen unterlagen die Initiatoren hier – einig zeigte sich das Parlament darüber hinaus nur darin, dass der von der Europäischen Kommission – der EU-Verwaltung – als Arbeitsgrundlage für eine neue Zielsetzung gehandelte Wert von 30 Prozent übertroffen werden sollte. Das Votum für ein 2030-Ziel ist indes lediglich eine Resolution, kein Gesetz.
Die EU hatte 2008 beschlossen, dass die Mitgliedsstaaten bis 2020 verbindliche Klimaschutzziele erreichen müssen. Als Ergebnis dieser Klimaschutzziele muss die EU bis dahin einen Anteil von 20 Prozent grüner Energie am Gesamtenergieverbrauch erreichen. Ziele jetzt bereits für 2030 zu verabschieden, fordert die Erneuerbare-Energien-Branche seit längerem. Sie will damit insbesondere für langwierig zu planende Offshore-Windenergieprojekte aber auch für die Branche insgesamt langfristige Investitionsperspektiven gewähren. Dies soll wiederum dazu beitragen, dass die Unternehmen Effizienzfortschritte sowie Preisreduktionen auch über einen längeren Zeitraum bereits ansteuern und so die Entwicklung der Technologien nicht abgebremst wird.
Der Präsident des Europäischen Rats für Erneuerbare Energien EREC, Rainier Hinrichs-Rahlwes, lobte den EU-Parlamentarierbeschluss, dieser sende eine sehr starke Botschaft an die Europäische Kommission bei deren aktueller Konsultationen über ein neues Rahmenwerk zu Energie und Klima, sowie an die Mitgliedsstaaten.
Verwirrung über EU-Energiegipfel
Derweil haben sich EU-Kommission sowie die Regierungschefs nicht weiter zu konkreten Ausbauzielen der Erneuerbaren geäußert. Auf einem EU-Regierungsgipfel einen Tag nach der Parlamentsabstimmung hatten die Staatsführungen festgehalten, es seien „bedeutende Investitionen in eine neue und intelligente Energieinfrastruktur nötig“. Zudem kamen sie überein, die Energie müsse bezahlbar bleiben und Kostentreiber der Energieversorgung müssten ausfindig gemacht werden. Für den neuen Geschäftsführer der Europäischen Windenergieagentur EWEA ein Hoffnungszeichen: „Endlich sind Europas Führer alarmiert über die gefährliche Abhängigkeit vom Import fossiler Treibstoffe“, sagte Thomas Becker anschließend. Der Bundestagsabgeordnete und Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell sah indes nur „unverbindliche Absichtserklärungen“ als Ergebnis. Dabei sei der EU-Gipfel „dem Phantom hinterher“ gelaufen, „innerhalb des alten fossilen und atomaren Energiesystems, Energiepreissenkungen und Energieversorgungssicherheit erreichen zu können.“
(Tilman Weber)