Nicole Weinhold
Zumindest in Schleswig-Holstein sehen zwei Drittel von 104 Befragten aus der Erneuerbaren-Branche positive Zukunftsaussichten für die erneuerbaren Energien - trotz Corona, trotz weiterhin schleppenden Ausbaus der Windenergie. Die besten Zukunftschancen sehen 54 Prozent der Unternehmen, die an der Umfrage teilnahmen, beim Thema Wasserstoff. In diesen Bereich und in Digitalisierung wollen die meisten der Befragten investieren, 44 Prozent von ihnen sogar über 100.000 Euro. Knapp die Hälfte der Befragten will neue Mitarbeiter*innen einstellen, nur 7 Prozent müssen jemanden entlassen. Die Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH) und der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE SH) hatten die Umfrage in ihrem Firmen-Netzwerk beziehungsweise unter ihren Mitgliedern gestartet, 104 Befragte hatten teilgenommen. Von diesen ist über die Hälfte (56 Prozent) nach eigenen Angaben in der Windenergie tätig, alle anderen in der Bio- und Solarenergie und in den mit der Branche verbundenen Dienstleistungen. Ansatzweise dürften diese Werte auch für andere Bundesländer gelten.
EEG-Umlage in der EEG-Novelle 2020 anpassen
Gleichwohl gibt es nach wie vor zahlreiche Baustellen. Vor allem der Entwurf des neues EEGs wird mit Unruhe von der Branche erwartet, zumal die Politik es bisher versäumt hat, an zahlreichen erforderlichen Stellen nachzubessern. So hat sich B.A.U.M. e.V. zu einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier entschlossen, um insbesondere für die Belange seiner Mitgliedsunternehmen sowie der mittelständischen Wirtschaft insgesamt einzutreten. Man stehe gemeinsam hinter einer nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft und für die Erreichung der Klimaziele, heißt es dort. Auf diesem Weg gebe es allerdings auch Hindernisse beispielsweise in der bestehenden Regelung zur EEG-Umlage - so drohen aufgrund der aktuellen coronabedingten Produktionsrückgänge viele Unternehmen aus der besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) zu fallen. Dadurch seien Steigerungen der Stromkosten zu erwarten, die für viele produzierende Mittelständler an die Substanz gehen - hier sei die Bundesregierung jetzt gefordert, in der laufenden EEG-Novelle 2020 die richtigen rechtlichen Ausnahmeregelungen zu schaffen, um das Überleben der Unternehmen zu sichern. "B.A.U.M. schlägt deshalb gezielte, klar coronabedingte Ausnahmeregelungen vor. Denkbar wäre beispielsweise, die Betrachtung der Stromkostenintensität für vier oder noch besser fünf Jahre, statt bisher drei Jahre, vor dem Jahr der Antragstellung "in den Blick zu nehmen", wie dies auch der Energierechtsexperte Gernot Engel empfiehlt.", heißt es in dem Brief an Altmaier.
Teilerfolg bei Verfassungsbeschwerde gegen Windenergie-auf-See-Gesetz
Auch die Kritik am Windenergie-auf-See-Gesetz nimmt nicht ab. Der Bremer Planer WPD hat jetzt einen Teilerfolg wegen fehlender Ausgleichsregelung für bereits geplante Offshore-Windparks erreicht. Am 20. August 2020 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass das Windenergie-auf-See-Gesetz verfassungswidrig ist, soweit es keinerlei Ausgleich für Planungs- und Untersuchungskosten von Vorhabenträgern vorsieht, deren nach früherem Recht begonnene Projekte infolge des Inkrafttretens des Gesetzes beendet wurden. Ein Ausgleich ist erforderlich, sofern die Unterlagen und Untersuchungsergebnisse für
die nach neuem Recht vom Staat durchzuführenden "Voruntersuchungen"
weiter verwertet werden können.
Am 29. September 2017 hatte Gleiss Lutz für WPD Verfassungsbeschwerde beim
Bundesverfassungsgericht gegen zentrale Vorschriften des
Windenergie-auf-See-Gesetzes erhoben. Das von WPD entwickelte
Projekt Kaikas, ein Offshore-Windpark in der Nordsee, war in besonderer
Weise durch die Neuregelungen des am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen
Windenergie-auf-See-Gesetzes betroffen. Der Windpark wurde bereits 2013
mit 83 Windenenergieanlagen genehmigt, wird jedoch als einziges
genehmigtes Projekt aufgrund des neuen Gesetzes von jeder künftigen
Ausschreibung ausgeschlossen und hat daher keine Aussicht auf
Realisierung mehr. Sämtliche Investitionen wurden damit kompensationslos
entwertet.
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